Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 219
Spätestens seit Anerkennung der Rechtsfähigkeit der Außen-GbR durch den BGH ist es auch für diese Gesellschaftsform erforderlich, zwischen Geschäftsführung und Vertretung zu unterscheiden. Bei der Frage nach der Geschäftsführung geht es darum, inwieweit im Innenverhältnis der Gesellschafter untereinander eine Maßnahme vorgenommen werden darf und wie es zur entsprechenden Willensbildung kommt. Die Vertretung betrifft dagegen das Außenverhältnis und damit die Frage, inwieweit die Gesellschaft wirksam Dritten ggü. verpflichtet wird. Diese Trennung wurde im Gesetz auch schon vor Inkrafttreten des MoPeG in §§ 709 ff. und 714 BGB a.F. nachvollzogen. So bestimmte § 714 BGB a.F. ausdrücklich, dass ein Gesellschafter, dem die Geschäftsführungsbefugnis eingeräumt ist, im Zweifel auch über die Vertretungsmacht im Außenverhältnis verfügt. Es konnte also eine Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis geben, ohne dass damit gleichzeitig auch die Rechtsmacht verbunden wäre, die Gesellschaft nach außen zu vertreten. Das MoPeG bekräftigt die Unterscheidung zwischen der Geschäftsführungsbefugnis im Innenverhältnis und der Vertretungsmacht im Außenverhältnis, indem § 720 Abs. 3 BGB n.F. den Umfang der Vertretungsmacht von der Geschäftsführungsbefugnis ausdrücklich entkoppelt.
Rz. 220
Die Begriffe der Geschäftsführung und der Vertretungsmacht sind deshalb leicht misszuverstehen, da auch die Vertretung der Gesellschaft Dritten ggü. eine Form der Geschäftsführung ist. Die Vertretungsmacht ist damit ein Teilaspekt der Geschäftsführung. Zwar kann es geschäftsführungsberechtigte Gesellschafter geben, die keine Vertretungsmacht haben. Bei rechtsfähigen Gesellschaften ist aber der Fall ausgeschlossen, dass es eine Geschäftsführung überhaupt ohne Vertretungsmacht gibt.
Weiter abzugrenzen ist auch zwischen dem Begriff der Geschäftsführung und dem der Geschäftsführungsbefugnis. Während es beim ersten Begriff um einen tatsächlichen Vorgang der Wahrnehmung der Gesellschaftsinteressen geht, ist die Frage der Befugnis eine solche des rechtlichen Dürfens der Wahrnehmung dieser Interessen. Nimmt ein Gesellschafter damit eine Geschäftsführungsmaßnahme wahr, obwohl er dazu vertraglich nicht berechtigt ist, liegt gleichwohl eine – wenn auch unberechtigte – Geschäftsführungsmaßnahme vor. Um eine solche unberechtigte Maßnahme handelte es sich bspw. auch dann, wenn im Außenverhältnis wirksam ein Geschäft abgeschlossen würde, zu dessen Vornahme der Geschäftsführer im Innenverhältnis aufgrund der gesellschaftsvertraglichen Regelungen nicht befugt ist. Auch insoweit liegt dann keine Überschreitung der Vertretungsmacht, sondern nur der Geschäftsführungsbefugnis vor.
Rz. 221
Den Begriff der Geschäftsführung einzugrenzen, ist schwierig. Grds. zählt dazu jede Maßnahme, die im Interesse und zur Förderung des Gesellschaftszwecks vorgenommen wird. Wichtig ist es vor allem, die Geschäftsführung von den Grundlagengeschäften abzugrenzen. Unter Grundlagengeschäften versteht man solche, die den Zweck, die Organisation und die Zusammensetzung der Gesellschaft betreffen. Betrifft ein Geschäft die Gesellschafter in ihrer Gesellschafterstellung, handelt es sich grds. um ein Grundlagengeschäft. So ist die Bestimmung des Umfangs und der Art der Geschäftsführung Grundlagengeschäft, während das daraufhin erfolgende Handeln Geschäftsführungsmaßnahme ist. Selbst dann, wenn den Geschäftsführern im Einzelfall die Entscheidung über Grundlagengeschäfte übertragen ist, bspw. die Aufnahme neuer Gesellschafter in Publikumsgesellschaften, handelt es sich gleichwohl um Grundlagengeschäfte und nicht um Maßnahmen der Geschäftsführung. Strukturell handelt es sich dabei um die Vorabübertragung einer Entscheidungskompetenz.
a) Grundlagen
aa) Prinzip der Selbstorganschaft
Rz. 222
Im Recht der Personengesellschaften gilt das Prinzip der Selbstorganschaft, wonach nur Gesellschafter Geschäftsführer der Gesellschaft sein können und folgerichtig auch nur Gesellschafter zur gesetzlichen Vertretung ermächtigt sind. Einem Dritten können zwar rechtsgeschäftlich Vertretungsmacht- und Geschäftsführungsbefugnis übertragen werden, gleichwohl bleibt die organschaftliche Geschäftsführungsbefugnis und Vertretungsmacht auf die Gesellschafter beschränkt. Das MoPeG hält am Grundsatz der Selbstorganschaft für das gesamte Personengesellschaftsrecht fest.
Insoweit unterscheiden sich die Personenges...