Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 778
Das Vorkaufsrecht ist die Befugnis, einen Gegenstand zu erwerben, wenn der Vorkaufsverpflichtete einen Gegenstand an einen Dritten verkauft hat. Mit der Ausübung des Vorkaufsrechts kommt dann der Kaufvertrag zwischen dem Vorkaufsberechtigten und dem Vorkaufsverpflichteten (Verkäufer) mit dem gleichen Inhalt zustande, wie der Kaufvertrag zwischen dem Verkäufer und dem Dritten. Das Vorkaufsrecht ist in den Vorschriften der §§ 463 ff. BGB geregelt. Bei der gesellschafsvertraglichen Regelung zum Vorkaufsrecht ist im Einzelfall jede Bestimmung in den §§ 463 ff. BGB daraufhin zu überprüfen, ob sie anwendbar sein bzw. ob und ggf. wie sie modifiziert werden soll. Bei Gesellschaftsanteilen wird i.d.R. die Wochenfrist des § 469 Abs. 2 Satz 1 BGB verlängert. Das gesellschaftsvertraglich vereinbarte Vorkaufsrecht umfasst selbstredend nur Rechtsgeschäfte über den Gesellschaftsanteil, nicht dagegen solche über das Sonderbetriebsvermögen. Soll dieses in das Vorkaufsrecht einbezogen werden, müssen gesonderte dingliche oder schuldrechtliche Vorkaufsrechte bzgl. der einzelnen Vermögensgegenstände des Sonderbetriebsvermögens begründet werden, was – wenn es sich bei dem Sonderbetriebsvermögen um Immobilien oder Anteile an einer Komplementär-GmbH handelt – zur Beurkundungspflicht der Vereinbarungen führt.
Rz. 779
Muster in Ihr Textverarbeitungsprogramm übernehmen
Muster 9.40: Vorkaufsrecht
1. Für den Fall des Verkaufs eines Gesellschaftsanteils oder eines Teils eines Gesellschaftsanteils durch einen Gesellschafter sind die übrigen Gesellschafter zum Vorkauf berechtigt. Handelt es sich bei dem Käufer um einen Gesellschafter, gilt der Käufer für den Fall der Ausübung des Vorkaufsrechts durch einen anderen Gesellschafter seinerseits auch als Vorkaufsberechtigter, der sein Vorkaufsrecht nach Maßgabe dieser Bestimmungen ausgeübt hat.
2. Das Vorkaufsrecht steht bei mehreren Vorkaufsberechtigten diesen in dem Verhältnis zu, in welchem die Beträge ihrer festen Kapitalkonten zueinander stehen. Soweit ein Vorkaufsberechtigter von seinem Vorkaufsrecht nicht oder nicht fristgerecht Gebrauch macht, wächst dieses den übrigen Vorkaufsberechtigten in dem Verhältnis zu, in welchem die Beträge ihrer festen Kapitalkonten zueinander stehen. Ein Vorkaufsberechtigter kann sein Vorkaufsrecht nur hinsichtlich des gesamten ihm gemäß Absatz 2 Satz 1 von vorneherein zustehenden und ihm nach Absatz 2 Satz 2 zuwachsenden Anteils ausüben.
3. Der Verkäufer hat den Inhalt des mit dem Käufer geschlossenen Vertrages unverzüglich sämtlichen Vorkaufsberechtigten schriftlich mitzuteilen. Das Vorkaufsrecht kann nur bis zum Ablauf von 6 Wochen seit Empfang dieser Mitteilung und nur durch schriftliche Erklärung gegenüber dem Verkäufer ausgeübt werden. Für die Einhaltung der Frist ist maßgeblich die nachgewiesene Absendung der Erklärung.
Rz. 780
Die Aufnahme eines Vorkaufsrechtes in den Gesellschaftsvertrag hat an sich noch keinen Einfluss auf die Frage, unter welchen Umständen die Anteilsveräußerung ggf. zusätzlich einer Zustimmung der Mitgesellschafter bedarf. Typischerweise wird jedoch erwartet, dass die Gesellschafter, wenn sie das Vorkaufsrecht nicht ausüben, einer Veräußerung an einen anderen auch nicht entgegenstehen. Hierzu könnte folgende Formulierung in den Gesellschaftsvertrag aufgenommen werden.
Rz. 781
Muster in Ihr Textverarbeitungsprogramm übernehmen
Muster 9.41: Vorkaufsrecht und Zustimmung
1. Falls der zur Veräußerung stehende Gesellschaftsanteil aufgrund des Vorkaufsrechtes an einen Vorkaufsberechtigten veräußert wird, sind die Gesellschafter verpflichtet, gemäß § _________________________ die für die Abtretung erforderliche Zustimmung zu erteilen.
2. Falls das Vorkaufsrecht nicht oder nicht fristgerecht ausgeübt wird, sind die Gesellschafter verpflichtet, die gemäß § _________________________ erforderliche Zustimmung zur Abtretung an den Käufer zu erteilen, es sei denn, dass wichtige, in der Person des Käufers liegende Gründe entgegenstehen.
Rz. 782
Bei einer Familien-KG besteht häufig eine Beschränkung für die Übertragbarkeit der Gesellschaftsanteile auf familienfremde Dritte. In diesem Fall sind Vorkaufsrechte sinnvoll, bei denen auf erster Stufe die Gesellschafter desselben Familienstammes und auf zweiter Stufe möglicherweise auch die übrigen Gesellschafter vorkaufsberechtigt sind.
Rz. 783
Die Regelung des Vorkaufsrechts im Gesellschaftsvertrag der KG steht in enger Verbindung mit den Regelungen über die Verfügung über Gesellschaftsanteile und über die Kündigung der Gesellschaft. Diese Vertragsklauseln sollten daher unbedingt aufeinander abgestimmt werden.
Rz. 784
Das Vorkaufsrecht hat den Vorteil, dass es den festen gesetzlichen Regelungen der §§ 463 ff. BGB unterliegt. Von Nachteil ist jedoch, dass das Vorkaufsrecht nur bei Anteilsverkauf eingreift und nicht bei anderen Kausalgeschäften (z.B. Schenkung, Tausch, Einbringung) und dass der Kaufvertrag mit dem Dritten bereits abgeschlossen sein muss. Eine Ausdehnung des Vorkaufsrechtes auf sonsti...