Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 899
Die Wirksamkeit von nachvertraglichen Wettbewerbsverboten, die den Gesellschafter auch nach seinem Ausscheiden binden, ist insb. an § 1 GWB und § 138 BGB zu messen. Danach ist es jedenfalls dringend empfehlenswert, ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot in sachlicher, räumlicher und zeitlicher Hinsicht zu begrenzen. Die Dauer sollte zwei Jahre nach Ausscheiden aus der Gesellschaft nicht überschreiten.
Rz. 900
Ist ein nachvertragliches Wettbewerbsverbot nach § 1 GWB oder § 138 BGB unwirksam, kommt eine geltungserhaltende Reduktion nur in Betracht, wenn das Verbot ausschließlich wegen der Überschreitung der zeitlich angemessenen Grenze unwirksam ist.
a) Kontrolle nach § 1 Abs. 1 GWB
Rz. 901
Nach § 1 Abs. 1 GWB sind wettbewerbsbeschränkende Vereinbarungen grds. unwirksam. Die Regelung greift jedoch nur bei einer spürbaren Beeinträchtigung des Wettbewerbs ein. Der spürbare Einfluss ist allerdings nur auf dem konkreten Markt erforderlich. Dies ist bei kleinen Personengesellschaften nicht unbedingt der Fall. Von § 1 GWB ausgenommen sind solche Wettbewerbsverbote, die zum Schutz des Bestands und zur Erhaltung des Gesellschaftsunternehmens notwendig sind. Ob und in welchem Umfang danach ein (nachvertragliches) Wettbewerbsverbot zulässig ist, richtet sich nach dem Einzelfall. Beurteilungskriterien hierfür sind u.a. die Kenntnis des betreffenden Gesellschafters über Kundenkreis und Wettbewerbsstruktur, Vertriebssysteme, Produktionsverfahren etc. sowie die Möglichkeit, derartige Kenntnis zu eigenen Zwecken zu missbrauchen. Bei Kommanditisten ist insb. zu beachten, ob sie geschäftsführungsberechtigt sind und ob sie über erweiterte Kontroll- und Informationsrechte verfügen. Von Bedeutung ist stets, ob ein Gesellschafter maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftsführung der Gesellschaft hat.
b) Sittenwidrigkeit nach § 138 BGB
Rz. 902
Nach dem Kontrollmaßstab des § 138 BGB (der durch das grundgesetzliche Gebot der Berufsfreiheit nach Art. 12 GG geprägt ist) sind Wettbewerbsverbote nur wirksam, wenn sie für ein schutzwürdiges Interesse des Berechtigten erforderlich und in ihrem zeitlichen, örtlichen und sachlichen Umfang angemessen sind. Wettbewerbsverbote sind also im Rahmen von § 138 BGB nur gerechtfertigt, soweit und solange sie erforderlich sind, um die Gesellschaft vor einer illoyalen Verwertung der gemeinsamen Arbeit der verbleibenden und des ausscheidenden Gesellschafters oder vor einem Missbrauch der Ausübung der Berufsfreiheit zu schützen. In zeitlicher Hinsicht gilt auch hier, wie i.R.d. § 1 GWB, eine Obergrenze von zwei Jahren. Im Einzelfall kann jedoch auch ein über ein halbes Jahr hinausgehendes Wettbewerbsverbot sittenwidrig sein, z.B. wenn ein Gesellschafter bereits nach fünfeinhalb Monaten aus der Gesellschaft ausscheidet.
Ebenso wie bei der kartellrechtlichen Beurteilung sind die Maßstäbe des § 138 BGB jeweils auf den konkreten Einzelfall anzuwenden. Z.B. können insb. sog. Branchenschutzklauseln, die ein Tätigkeitsverbot in der gesamten Branche der Gesellschaft verbieten, im Einzelfall einem Berufsverbot gleichkommen und sittenwidrig sein. Hingegen sind Klauseln, die es einem ausgeschiedenen Gesellschafter verbieten, die Erfolge seiner Tätigkeit illoyal zu verwerten, regelmäßig zulässig, z.B. sog. Kundenschutzklauseln. Es kommt allerdings nur auf den jeweiligen Einzelfall an.
Für die Beurteilung der Wirksamkeit eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes kann es bedeutsam sein, ob der Betroffene hierfür eine Karenzentschädigung (vgl. §§ 74 ff. HGB) erhält. Bei einer reinen Kundenschutzklausel sollte dies typischerweise nicht erforderlich sein, wenn nicht im Einzelfall die Kundenschutzklausel faktisch einer Branchenschutzklausel gleichkommt; insbesondere sind die §§ 74 ff. HGB nicht analog auf Mitgesellschafter oder Organmitglieder anzuwenden.