Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 90
Nachfolgend soll der Blick auf solche Gesellschaftsformen der GbR gerichtet werden, die einer bewussten Wahlentscheidung entspringen. Viele BGB-Gesellschaften des Alltags – man denke nur an die Fahrgemeinschaften, Sportgemeinschaften und sonstige Gelegenheitsgesellschaften – werden gegründet, um einen gemeinsamen Zweck zu verfolgen. Oftmals werden auch Regelungen zu Beiträgen, ggf. sogar zur gemeinsamen Willensbildung, getroffen. Überlegungen, diese gemeinsamen Bestrebungen in einer bestimmten Rechtsform zu verwirklichen, bestehen aber grds. nicht. Wo Überlegungen zur Rechtsformwahl angestellt werden, ist regelmäßig ein rechtlicher und/oder steuerlicher Berater eingeschaltet, der bei der Wahlentscheidung hilft. In der Praxis handelt es sich damit in der Regel um Gesellschaften, die zumindest eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung haben.
a) Gesellschaftsrechtliche Kriterien
Rz. 91
Bei der Bewertung, welche Gesellschaftsform sich für die von den Gesellschaftern verfolgten Zwecke am besten eignet, konkurriert die GbR nicht nur mit den anderen Personengesellschaften. Sie steht gleichzeitig auch im Wettbewerb zu den verschiedenen Formen der Kapitalgesellschaften, wobei spätestens seit der Entscheidung "Inspire Art" des EuGH neben den deutschen Gesellschaftsformen auch verstärkt ausländische Rechtsformen ins Auge gefasst werden. Die nachfolgende Betrachtung soll sich allerdings auf das deutsche Gesellschaftsrecht und die von ihm zur Verfügung gestellten Gesellschaftsformen beschränken.
aa) Gründungsphase
Rz. 92
Die Formalerfordernisse der Gründung können für oder gegen die Wahl einer bestimmten Rechtsform sprechen. Schon aufgrund ihrer gesetzlichen Konzeption stellt die GbR den Gründern insoweit die geringsten Hürden in den Weg. Es reicht aus, sich zur Verfolgung eines Zwecks zusammenzutun und vertraglich binden zu wollen. Anders als bei den Kapitalgesellschaften ist kein notarielles Beurkundungsverfahren für die Gesellschaftsverträge und abweichend von den anderen Personengesellschaften grds. keine Eintragung in einem Register erforderlich (zur neuen Registrierungsobliegenheit nach dem MoPeG, wenn eine GbR Inhaberin registrierter oder registrierungsfähiger Rechte ist oder werden will s.o. Rdn 32 ff.).
bb) Handelsregistereintragung
Rz. 93
Kapitalgesellschaften bedürfen zu ihrer Entstehung der Eintragung im Handelsregister. Gleiches gilt für die Partnerschaftsgesellschaft. Für die Personengesellschaften des Handelsrechts besteht zwar eine gesetzliche Verpflichtung zur Eintragung der Firma im Handelsregister, diese ist jedoch nur deklaratorisch. Die GbR kann nicht in das Handelsregister eingetragen werden, wohl aber in das zum 1.1.2024 durch das MoPeG neu eingeführte Gesellschaftsregister; die GbR muss in das Gesellschaftsregister eingetragen werden, wenn sie Inhaberin registrierter oder registrierungsfähiger Rechte ist oder werden will (s.o. Rdn 32 ff.). Die Eintragung in einem öffentlichen Register kann dabei sowohl Vor- als auch Nachteil sein. Zum einen bleibt die Gesellschaft damit von gesetzlichen Formalerfordernissen befreit und kann so die Publizität vermeiden. Zum anderen hat eine Registereintragung dann Vorteile, wenn es um den Nachweis bestimmter Tatsachen, angefangen von der Existenz der Gesellschaft über die Vertretungsbefugnisse bis hin zur Identität der Gesellschafter, geht. Während für den Nachweis der Vertretungsmacht bei einer OHG und einer eingetragenen GbR der Blick ins Register reicht, besteht für die nicht eingetragene GbR die Notwendigkeit zum aufwendigen Nachweis mittels Vollmachten.
Hinweis
Mit dem MoPeG wurde für die GbR ein Gesellschaftsregister eingerichtet. Die Eintragung ist grds. fakultativ. Wenn eine GbR Inhaberin registrierter oder registrierungsfähiger Rechte ist oder werden will, ist die Eintragung der GbR im Gesellschaftsregister jew. verfahrensrechtliche Voraussetzung für die Anmeldung oder den Eintragungsantrag des registrierungsfähigen Rechts in den betreffenden Objektregistern, namentlich das Grundbuch und das Handelsregister (s. ausf. unter Rdn 32 ff.)
cc) Kapitalaufbringung
Rz. 94
Ggü. den Kapitalgesellschaften teilt die GbR mit den übrigen Personengesellschaften den Vorteil, keine Mindestkapitalausstattung zu kennen. Die Gesellschafter sind nicht gezwungen, der Gesellschaft bei Gründung ein bestimmtes Kapital zur Verfügung zu stellen. Besitzt die Gesellschaft Gesellschaftskapital, kann dieses unbeschränkt jederzeit entzogen werden. Kapitalgesellschaften dagegen kennen ein stark ausdifferenziertes Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsrecht. Beiträge der Personengesellschafter sind ferner frei vereinbar, ggf. können sie auch ohne jeden (zumindest monetären) Beitrag gegründet werden.
dd) Haftung der Gesellschafter
Rz. 95
Für das deutsche Gesellschaftsrecht kennzeichnend ist die Verbindung von Beschränkungen der Gesellschafterhaftung im Außenverhältnis mit zwingenden gesetzlichen Kapitalaufbringungs- und -erhaltungsr...