Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 1009
Die Regeln über Gesellschafterversammlungen und -beschlüsse bei KG und Komplementär-GmbH sollten gleichfalls aufeinander abgestimmt werden. In der Praxis werden die Versammlungen vielfach gleichzeitig erfolgen.
Für die Komplementär-GmbH enthält das Gesetz verschiedene Bestimmungen über Gesellschafterversammlungen und -beschlüsse (§§ 47 ff. GmbHG), von denen im Gesellschaftsvertrag abgewichen werden kann (§ 46 GmbHG). Gesellschafterbeschlüsse können danach grds. mit der einfachen Mehrheit der abgegebenen Stimmen gefasst werden (§ 47 Abs. 1 GmbHG). Für bestimmte Beschlüsse (z.B. Satzungsänderungen) ist jedoch eine Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen erforderlich (§ 53 Abs. 2 GmbHG). Je 1,00 EUR eines Geschäftsanteils gewährt eine Stimme (§ 47 Abs. 2 GmbHG). Fehlerhafte Gesellschafterbeschlüsse sind bei der GmbH i.d.R. nicht nichtig, sondern nur anfechtbar (§§ 241 ff. AktG analog).
Rz. 1010
Mit Einführung des MoPeG enthält das Gesetz nun erstmals Regelungen betreffend das Beschlussverfahren bei den Personenhandelsgesellschaften. Diese Regelungen sind im Zusammenhang mit der Neueinführung des Beschlussmängelrechts nach dem Vorbild des aktienrechtlichen Anfechtungsmodells zu sehen, wonach auch Gesellschafterbeschlüsse von Personenhandelsgesellschaften grds. gem. § 110 Abs. 1 HGB anfechtbar sind, sofern nicht ein Nichtigkeitsgrund gem. § 110 Abs. 2 HGB vorliegt. Mangelhafte Beschlüsse werden also grds. mittels einer gegen die Gesellschaft zu richtenden Anfechtungsklage angegriffen.
Rz. 1011
Mit § 109 Abs. 1 HGB wird das Institut der Gesellschafterversammlung ausdrücklich geregelt und als Regelfall etabliert. Die Norm ist stark an § 48 Abs. 1 Satz 1 GmbHG angelehnt, wenngleich sie – anders als das GmbHG – keinen Zusatz enthält, dass auch Beschlussfassungen außerhalb von Gesellschafterversammlungen möglich sind. Da § 109 Abs. 1 HGB jedoch dispositiv ist, haben die Gesellschafter auch künftig die Möglichkeit, Beschlussfassungen außerhalb von Gesellschafterversammlungen, wie z.B. Umlaufbeschlüsse, gesellschaftsvertraglich zu regeln. Hierauf sollte bei der Neufassung, bzw. Überprüfung bestehender Gesellschaftsverträge geachtet werden.
Rz. 1012
Spätestens seit der Corona-Pandemie haben virtuelle Gesellschafterversammlungen eine große Bedeutung erlangt. Auch nach dem MoPeG werden solche grds. für Personenhandelsgesellschaften möglich sein. Allerdings ist es höchst zweifelhaft, ob sich die Zulässigkeit von virtuellen Gesellschafterversammlungen per se ohne jegliche gesellschaftsvertragliche Regelung hierzu ergibt. Die Gesetzesbegründung scheint hiervon auszugehen, ohne dies weiter zu begründen. Besonders erstaunlich ist in diesem Zusammenhang vor allem, dass der Gesetzestext selbst zu dieser Frage schweigt und keinerlei Mindestanforderungen an die Zulässigkeit von virtuellen Gesellschafterversammlungen stellt. Die Regelungen der §§ 118a ff. AktG zeigen jedoch auf, dass es einen enormen Regelungsbedarf zu diesem Themenkomplex gibt.
Rz. 1013
Wenn also die Gesellschafter die grds. Möglichkeit der rechtssicheren Durchführung von virtuellen Gesellschafterversammlungen haben möchten, sollten sie dies sowohl im Gesellschaftsvertrag der KG als auch im Gesellschaftsvertrag der Komplementär-GmbH ausdrücklich regeln und auch wichtige Detailfragen diesbezüglich festschreiben. Hierzu zählen insbesondere:
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Unter welchen Voraussetzungen soll überhaupt eine virtuelle Gesellschafterversammlung möglich sein? Denkbar ist etwa, dass besonders sensible oder weitreichende Beschlussgegenstände nur in Präsenzversammlungen verhandelt werden können und die Zulässigkeit einer virtuellen Gesellschafterversammlung von gewissen Quoren abhängig gemacht wird. |
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Fragen zu den technischen Mindestanforderungen an eine virtuelle Gesellschafterversammlung. Nicht alle Formen virtueller Versammlungen ermöglichen nämlich eine direkte Rede und Widerrede. Denkbar sind Regelungen, wonach zumindest eine stabile audiovisuelle Zwei-Wege-Kommunikation gewährleistet sein muss. Ferner ist auch hier eine Abstufung der technischen Anforderungen je nach Wichtigkeit der in Rede stehenden Beschlussgegenstände möglich. |
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Fragen im Hinblick auf Vertraulichkeit und Datensicherheit. Denkbar ist z.B., dass eine Teilnahme nur unter Verwendung von Zugangscodes möglich ist. Gerade im Hinblick auf etwaige Zugangsbeschränkungen dürfte es unerlässlich sein, konkrete Regelungen zu treffen. Enthält bspw. ein Altvertrag eine häufig anzutreffende Bestimmung, wonach der Teilnehmerkreis eingeschränkt ist (z.B. nur Angehörige und Rechtsberater), ist höchst zweifelhaft, ob eine virtuelle Gesellschafterversammlung ohne jegliche Regelung im Gesellschaftervertrag möglich ist, da bei virtuellen Gesellschafterversammlungen der Teilnehmerkreis nur schwer kontrollierbar sein dürfte. |
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Details zur adäquaten Vorbereitung auf die virtuelle Gesellschafterversammlung. So könnte bspw. geregelt werden, dass die Tagesordnung vorab zugeleitet werden muss und die Gesellschaft... |