Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 868
Eine Buchwertklausel beschränkt die Abfindung des ausscheidenden Gesellschafters auf den Buchwert seines Anteils. Buchwertklauseln führen typischerweise zu einer Beschränkung der Abfindung ggü. dem anteiligen Ertragswert, da der Buchwert aufgrund der bilanzrechtlichen Grundsätze und des Vorsichtsprinzips niedriger, aber nicht höher als der Verkehrswert sein kann. Ein etwaiger Liquidationswert kann niedriger sein als der Buchwert, da im Fall der Liquidation Belastungen zutage treten, für die im laufenden Geschäft üblicherweise keine Rückstellung gebildet wird (z.B. Sozialplankosten, Abstandszahlungen für die Auflösung von Dauerschuldverhältnissen etc.).
Rz. 869
Mit der Beschränkung auf den Buchwert sind dem ausscheidenden Gesellschafter sein Anteil an den stillen Reserven und einem Geschäfts- und Firmenwert nicht zu vergüten. Buchwertklauseln sind regelmäßig dahin gehend auszulegen, dass dem ausgeschiedenen Gesellschafter folgende Vermögenspositionen auszuzahlen sind:
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Guthaben auf Einlagekonten (insbesondere Festkapitalkonto); |
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einbehaltene Gewinne sowie |
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sonstige anteilige Rücklagen und Rückstellungen mit Eigenkapitalcharakter nach Maßgabe der letzten, auf den Stichtag der Abfindung fortzuschreibenden Handelsbilanz. |
Um Unklarheiten darüber zu vermeiden, wie mit Verrechnungs- und anderen Forderungskonten (z.B. Darlehenskonten) der ausscheidenden Gesellschafter umzugehen ist, sollte in dem Gesellschaftsvertrag auch hierzu eine Regelung getroffen werden. Hier bestehen grds. zwei Möglichkeiten: Die Forderungskonten werden dem Saldo der Kapitalkonten hinzugerechnet und ergeben insgesamt das Abfindungsguthaben, das gem. den Bestimmungen des Gesellschaftsvertrages (i.d.R. ratenweise) gezahlt wird. Alternativ trifft der Gesellschaftsvertrag für die Forderungskonten abweichende Auszahlungsregelungen. Enthält der Gesellschaftsvertrag keine gesonderten Regeln für die Auszahlung der Forderungen des Gesellschafters gegen die Gesellschaft und werden diese Forderungen nicht in die Regeln über die Auszahlung der Abfindung einbezogen, sind die Beträge auf den Forderungskonten unmittelbar mit Ausscheiden aus der KG fällig. Dies kann zu einer unerwünschten Liquiditätsbelastung der Gesellschaft führen und sollte vermieden werden.
Hinweis
Soll der "Buchwert" alle Konten des Gesellschafters umfassen, also auch Forderungskonten, stellt sich die Frage, wie mit dem Kapitalverlustkonto umgegangen werden soll. Wird ein solches Konto in den Buchwert einbezogen und ist das Kapitalverlustkonto höher als die übrigen Kapitalkonten, führt dies zu einer "Nachschusspflicht" des ausgeschiedenen Gesellschafters jedenfalls dann, wenn das Kapitalverlustkonto zu einer Verringerung seines Verrechnungs- oder Darlehenskontos führt.
Rz. 870
Buchwertklauseln wurden von der Rspr. zunächst grds. für zulässig gehalten. Inzwischen differenziert die Rspr.: Jedenfalls bei erheblicher Abweichung zwischen Buch- und Verkehrswert kann eine für den Kündigungsfall vorgesehene Buchwertklausel wegen unzumutbarer Erschwerung der Kündigung nach 725 Abs. 6 bzw. 731 Abs. 2 BGB nichtig sein. Hingegen sind Buchwertklauseln bei erheblichem Missverhältnis zwischen Buchwert und Verkehrswert regelmäßig nicht bereits nach § 138 BGB nichtig.
Rz. 871
Sittenwidrig und damit nach § 138 BGB nichtig kann eine Buchwertklausel jedoch sein, wenn sie Dritte beeinträchtigt. Dies ist z.B. bei Buchwertklauseln der Fall, die nur für den Fall einer Insolvenz des Gesellschafters oder den Fall des Zugriffs von Privatgläubigern eines Gesellschafters gelten sollen.