Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 74
Innengesellschaften (d.h. nicht rechtsfähige Gesellschaften i.S.d. § 705 Abs. 2 Alt. 2 BGB n.F.) können in den verschiedensten Formen auftreten. So ist die Innengesellschaft nicht, was auf den ersten Blick vielleicht naheliegend erscheinen mag, auf die Gelegenheitsgesellschaften beschränkt. Im Gegenteil können Innengesellschaften durchaus sehr lange Zeiträume umspannen. Dass sie in dieser Form gänzlich anders strukturiert sein müssen als Gelegenheitsgesellschaften, versteht sich von selbst.
aa) Fahrgemeinschaften, Wohngemeinschaften, Spielgemeinschaften
Rz. 75
BGB-Gesellschaften, mit denen der Kautelarjurist praktisch nicht, der forensisch tätige Rechtsanwalt dann zu tun bekommt, wenn das Verhältnis zwischen den Gesellschaftern zerrüttet ist, sind die Gesellschaften in Form von Fahrgemeinschaften, Wohngemeinschaften und Spielgemeinschaften sowie ähnlichen Gesellschaftsverhältnissen. Schon dann, wenn sich mehrere Personen zusammentun, um regelmäßig gemeinsam zur Arbeit zu fahren (Dauergesellschaft) oder gemeinsam eine längere Reise anzutreten (Gelegenheitsgesellschaft), kann zwischen ihnen ein Gesellschaftsverhältnis entstehen. Dabei spielt es keine Rolle, ob es immer der gleiche Gesellschafter ist, der das Auto stellt, und ein anderer, der für die Spritkosten aufkommt. Entscheidend ist die gemeinsame Zweckverfolgung und die Abgrenzung zu entgeltlichen Verhältnissen, die wohl immer dann gegeben sind, wenn gewerblich eine Beförderungsdienstleistung angeboten wird. Ein großer Vorteil der Wahl der Gesellschaftskonstruktion, nämlich die Beschränkung der Haftung auf eigenübliche Sorgfalt gem. § 708 BGB a.F., war Fahrgemeinschaften allerdings wegen der besonderen Rechtsverhältnisse des Straßenverkehrs verwehrt. Nach dem MoPeG ist die Beschränkung der Haftung auf eigenübliche Sorgfalt mit der Aufhebung des § 708 BGB a.F. generell abgeschafft.
Rz. 76
Ebenfalls von der Konstruktion des Innenverhältnisses hängt es ab, ob eine Wohngemeinschaft mehrerer Personen als GbR, als Einzelmietverhältnis oder als entgeltlicher Mietvertrag zwischen den Bewohnern ausgestaltet ist. Vermietet ein Vermieter Zimmer einzeln, liegt ebenso wenig ein Fall der Gesellschaft vor wie dann, wenn ein Eigentümer/Hauptmieter einzelne Zimmer der von ihm selbst genutzten Wohnung (unter-)vermietet. Kommen jedoch mehrere Personen überein, gemeinsam eine Wohnung anzumieten, entsteht zwischen ihnen ein Gesellschaftsverhältnis, ganz gleich, ob damit eine bloße Kostenteilung oder mehr verbunden ist.
Rz. 77
Geradezu der Lehrbuchfall der Innengesellschaft ist die Lotto-Tippgemeinschaft. Abzugrenzen sind diese Gemeinschaften von den heute kommerziell angebotenen Diensten, bei denen von einem Dritten Tippgemeinschaften zusammengeführt werden, wobei jedoch keine Rechtsbeziehungen zwischen den Mitgliedern der Tippgemeinschaft bestehen, sondern nur ggü. dem gewerblichen Anbieter. Interessant sind die echten Lotto-Gemeinschaften v.a. aus haftungsrechtlicher Sicht, insb. dann, wenn der mit der Abgabe der Lottoscheine beauftragte Gesellschafter diese Verpflichtung verletzt und den Schein nicht abgibt. Die Beschränkung der Haftung auf eigenübliche Sorgfalt ist allerdings mit der Aufhebung des § 708 BGB a.F. durch das MoPeG generell entfallen.
bb) Bestellgemeinschaften, Einkaufsgemeinschaften
Rz. 78
Schließen sich mehrere Personen zusammen, um durch den gemeinsamen Bezug von Waren oder Dienstleistungen Mengenvorteile zu erzielen, spricht man von Bestell- oder Einkaufsgemeinschaften. Diese können in verschiedenen Formen auftreten: zum einen organisiert als Gesellschaft, und zwar sowohl in der Form der Innen- als auch der Außengesellschaft, zum anderen aber auch dergestalt, dass ein Einzelner eine Koordinierungsfunktion übernimmt, im Innenverhältnis zwischen den Beteiligten aber kein Gesellschaftsverhältnis entsteht, sondern diese vielmehr nur als jeweils Einzelne im Außenverhältnis verpflichtet werden. Richtig ist wohl, danach zu unterscheiden, wie tatsächlich im Außenverhältnis die Rechnungen gestellt werden. Wird die Rechnung an die Gesellschaft gestellt, liegt erkennbar eine Außengesellschaft vor, wird sie nur an einen einzelnen Gesellschafter gestellt, der die anteiligen Kosten dann von den anderen einfordert, liegt eine Innengesellschaft vor, und werden Teilrechnungen an jeden der Beteiligten gestellt, erscheint eine Teilverpflichtung eines jeden naheliegend. Letztere dürfte vor allem beim gemeinsamen Bezug von besonders teuren Produkten vorliegen, bei denen keiner der Beteiligten auch nur im Ansatz daran denkt, die Haftung für die Verbindlichkeiten der jeweils anderen zu übernehmen. Handelt es sich allerdings um Einkaufsgemeinschaften im gewerblichen Bereich, liegt der Gedanke an die Gesellschaft schon näher.
cc) Ehegatten-Innengesellschaften, nichteheliche Lebensgemeinschaften
Rz. 79
Eine im Familienrecht anzutreffende Gesellschaftsf...