Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 460
Das Insolvenzverfahren kann nur dann eröffnet werden, wenn einer der gesetzlich normierten Insolvenzgründe eingreift.
aa) Zahlungsunfähigkeit
Rz. 461
Nach § 17 Abs. 1 InsO ist Grund für die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens die Zahlungsunfähigkeit der Gesellschaft. Zahlungsunfähigkeit liegt vor, wenn der Schuldner nicht in der Lage ist, seine fälligen Zahlungsverpflichtungen zu erfüllen (§ 17 Abs. 2 Satz 1 InsO). Dies ist anzunehmen, wenn der Schuldner seine Zahlungen eingestellt hat (§ 17 Abs. 2 Satz 2 InsO). Eine einmal nach außen in Erscheinung getretene Zahlungseinstellung kann nur dadurch wieder beseitigt werden, dass die Zahlungen durch den Schuldner im Allgemeinen wieder aufgenommen werden, d.h. alle Zahlungen – bis auf unwesentliche Ausnahmen – wieder geleistet werden. Schwierigkeiten kann die Abgrenzung zur bloßen Zahlungsstockung bereiten, also derjenigen Situation, die nur zu einer vorübergehenden Unfähigkeit zur Begleichung der Verbindlichkeiten führt, in überschaubarer Zeit aber aufgelöst werden kann. Der BGH hat entschieden, dass in zeitlicher Hinsicht eine bloße Zahlungsstockung nur dann vorliegt, wenn sie binnen eines Zeitraums von zwei bis drei Wochen beseitigt werden kann. Dies sei der Zeitraum, den eine kreditwürdige Person benötigt, um sich die fehlenden Mittel zu beschaffen. Im Hinblick auf den Umfang der fälligen Verbindlichkeiten, die nicht bedient werden können, ist nach dem BGH eine bloße Zahlungsstockung noch anzunehmen, wenn die innerhalb von drei Wochen nicht zu beseitigende Liquiditätslücke des Schuldners weniger als 10 % seiner fälligen Gesamtverbindlichkeiten ausmacht.
bb) Drohende Zahlungsunfähigkeit
Rz. 462
Mit dem Insolvenzgrund der drohenden Zahlungsunfähigkeit nach § 18 InsO sollte die Möglichkeit geschaffen werden, bereits in einem früheren Stadium der Vermögensbeeinträchtigung ein Insolvenzverfahren einsetzen zu lassen, um so zu einer geordneten Vermögensverteilung und auch höheren Quoten zugunsten der Gläubiger zu kommen. Die Antragsberechtigung liegt allerdings allein beim Schuldner. Voraussetzung ist, dass der Schuldner voraussichtlich seinen bestehenden Zahlungspflichten im Zeitpunkt der Fälligkeit nicht nachkommen können wird. Allgemein wird angenommen, dass die Zahlungsunfähigkeit dann droht, wenn die Eintrittswahrscheinlichkeit größer als 50 % anzusetzen ist. Die Norm, die gewissermaßen an das gute Gewissen des Schuldners appelliert, hat praktisch nur geringe Bedeutung erlangt.
cc) Überschuldung
Rz. 463
Die Überschuldung, die nach § 19 Abs. 1 InsO Eröffnungsgrund für die juristischen Personen ist, kann nach § 19 Abs. 3 InsO bei der GbR dann eine Rolle spielen, wenn alle Gesellschafter selbst wiederum juristische Personen sind. Nach § 19 Abs. 2 InsO liegt eine Überschuldung vor, wenn das Vermögen des Schuldners die bestehenden Verbindlichkeiten nicht mehr deckt. Eine Ausnahme besteht jedoch dann, wenn die Fortführung des Unternehmens nach den Umständen überwiegend wahrscheinlich ist (positive Fortführungsprognose). Eine positive Fortführungsprognose kann – für sich allein betrachtet – eine insolvenzrechtliche Überschuldung ausschließen. Falls eine positive Fortführungsprognose nicht (mehr) gegeben ist, muss die rechnerische Überschuldung durch die Aufstellung einer Vermögensbilanz ermittelt werden (Überschuldungsbilanz). Hierbei ist nicht von Fortführungswerten, sondern vielmehr von Liquidationswerten auszugehen. Von einer positiven Fortführungsprognose ist grds. auszugehen, wenn erstens ein schlüssiges und realisierbares Unternehmenskonzept und zweitens eine darauf aufbauende Finanzplanung vorliegen, denen zufolge die Finanzkraft des Unternehmens zur Fortführung mittelfristig ausreicht.