Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 448
Die gesetzlichen Grundregeln für das Liquidationsverfahren finden sich in den §§ 736d–738 BGB n.F. Danach umfasst das Liquidationsverfahren grds. die folgenden Schritte:
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Aussonderung des gesellschaftsfremden Vermögens, |
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vollständige Umsetzung des Gesellschaftsvermögens in Geld, |
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Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger, |
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Rückerstattung der Beiträge an die Gesellschafter und |
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Schlussabrechnung. |
aa) Aussonderung des gesellschaftsfremden Vermögens
Rz. 449
Zunächst sind Gegenstände, die nicht zum Gesellschaftsvermögen gehören und damit nicht Bestandteil der Liquidationsmasse sind, auszusondern. Dies ist zwar im Gesetz nicht ausdrücklich geregelt, aber gleichwohl erforderlich. Zu den herauszugebenden Gegenständen zählen auch solche, die ein Gesellschafter der Gesellschaft im Rahmen seiner Beitragspflicht nur zur Nutzung überlassen, nicht aber übereignet hat. Werden die Gegenstände nicht zur Durchführung der Liquidation gebraucht, ist die Rückgabeverpflichtung im Zweifel sofort mit Auflösung zu erfüllen. Anderes gilt nur, wenn die Gegenstände der Gesellschaft aufgrund nicht im Gesellschaftsvertrag bestehender schuldrechtlicher Vereinbarungen überlassen sind. Ist der Gesellschafter wahrscheinlich nachschusspflichtig, kann ein Zurückbehaltungsrecht in Betracht kommen.
bb) Vollständige Umsetzung des Gesellschaftsvermögens in Geld
Rz. 450
Bestehen noch nicht erfüllte laufende Geschäfte, sind diese von der Abwicklungsgesellschaft noch zu beenden; Forderungen der Gesellschaft sind einzuziehen (§ 736d Abs. 2 Satz 1 BGB n.F.). Zur Beendigung der laufenden Geschäfte kommt auch der Abschluss von Neuverträgen in Betracht, wenn dies der Liquidation dient (§ 736d Abs. 2 Satz 2 BGB n.F.). Das übrige Gesellschaftsvermögen ist gem. § 736 Abs. 2 Satz 1 BGB n.F. vollständig in Geld umzusetzen, d.h. nicht mehr nur insoweit, als dies für die Berichtigung der Gesellschaftsverbindlichkeiten und für die Rückerstattung der Beiträge erforderlich ist. Der Überschuss ist gem. § 736d Abs. 6 BGB n.F. unter den Gesellschaftern nach dem Verhältnis ihrer Anteile am Gewinn und Verlust zu verteilen und nicht mehr in Natur zu teilen (§ 731 Satz 2 BGB a.F. i.V.m. §§ 752, 754 BGB).
cc) Befriedigung der Gesellschaftsgläubiger
Rz. 451
Nach § 736d Abs. 4 Satz 1 BGB n.F. sind aus dem Vermögen der Gesellschaft zunächst die Gläubiger der Gesellschaft zu befriedigen, bevor die geleisteten Beiträge nach § 736d Abs. 5 BGB n.F. an die Gesellschafter zurückerstattet werden und etwaige Überschüsse gem. § 736d Abs. 6 BGB n.F. an sie verteilt werden. Dies gebietet bereits die persönliche Haftung der Gesellschafter für die Gesellschaftsschulden. Nach zutreffender Auffassung gehören zu den zu berichtigenden Verbindlichkeiten auch die Drittgläubigerforderungen eines Gesellschafters. Erachtet man die in § 736d Abs. 4–6 BGB n.F. vorgegebene Reihenfolge als grds. zwingend an, steht sie im Einklang mit der vom BGH entwickelten Durchsetzungssperre (s.o. Rdn 446).
dd) Rückerstattung der Beiträge
Rz. 452
§ 736d Abs. 5 Satz 1 BGB n.F. bestimmt, dass aus dem nach Berichtigung der Verbindlichkeiten der Gesellschaft verbleibenden Gesellschaftsvermögen die geleisteten Beiträge an die Gesellschafter zurückzuerstatten sind. Für Beiträge, die nicht in Geld bestanden haben (insb. Sacheinlagen), ist gem. § 736d Abs. 5 Satz 2 BGB n.F. Wertersatz zu leisten, wobei es auf den Wert zum Zeitpunkt der Einbringung ankommt. Für Beiträge, die in der Leistung von Diensten oder in der Überlassung der Benutzung eines Gegenstands bestanden haben, kann gem. § 736d Abs. 5 Satz 3 BGB n.F. im Zweifel kein Ersatz verlangt werden. Abweichende vertragliche Regelungen sind zulässig.
ee) Überschussverteilung
Rz. 453
Ist nach Durchführung der vorstehend genannten Maßnahmen noch Vermögen der Gesellschaft vorhanden, so ist dieses als Überschuss zu verteilen. Nach der gesetzlichen Grundregel des § 736d Abs. 6 BGB n.F. erfolgt die Verteilung nach dem Anteilsverhältnis der Gesellschafter am Gewinn und Verlust, welches sich nach der Neuregelung in § 709 Abs. 3 BGB n.F. vorrangig nach den vereinbarten Beteiligungsverhältnissen, hilfsweise nach dem Verhältnis der vereinbarten Werte der Beiträge und nur äußerst hilfsweise (entsprechend der Vorgängerregelung des § 722 BGB a.F.) nach Köpfen richtet. Gesellschaftsvertragliche Vereinbarungen sind mithin sinnvoll.
ff) Abweichende Gestaltungen
Rz. 454
Den Gesellschaftern bleibt es grds. unbenommen, die Liquidation in anderer Form als gesetzlich geregelt zu betreiben (zur Einschränkung der Vertragsautonomie durch die Durchsetzungssperre s.o. Rdn 446). So kommt insb. die Veräußerung eines von der Gesellschaft betriebenen Unternehmens oder sonstigen Vermögenseinheit im Ganzen...