Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 227
Die Dispositionsfreiheit der Gesellschafter erlaubt es auch im Recht der GbR, eine Einzelgeschäftsführungsbefugnis der Gesellschafter im Gesellschaftsvertrag vorzusehen. Damit ist die Möglichkeit eröffnet, die Geschäftsführung identisch zur gesetzlichen Regelung der OHG zu gestalten. Es kommt sowohl die Einzelgeschäftsführung aller, einiger oder auch nur eines einzelnen Gesellschafters in Betracht. Steht die Einzelgeschäftsführungsbefugnis mehr als einem Gesellschafter zu, so sieht § 715 Abs. 4 Satz 1 BGB n.F. (vormals: § 711 Satz1 BGB a.F.) vor, dass die Mitgeschäftsführer der Vornahme eines Rechtsgeschäfts widersprechen können. Erfolgt ein solcher Widerspruch, hat die Maßnahme gem. § 715 Abs. 4 Satz 2 BGB n.F. (vormals: § 711 Satz 2 BGB a.F.) zu unterbleiben. Die nicht zur Geschäftsführung berufenen Gesellschafter besitzen das Widerspruchsrecht nicht. Das Widerspruchsrecht kann nur konkret ausgeübt werden, nicht jedoch pauschal für eine unbestimmte Zahl möglicher Maßnahmen. Stehen einzelne Maßnahmen allerdings in einem Zusammenhang zueinander, so ist ein genereller Widerspruch gegen die Gesamtangelegenheit möglich.
Beim Widerspruch handelt es sich selbst wiederum um eine Geschäftsführungsmaßnahme, sodass hinsichtlich der Zulässigkeit des Widerspruchs die gleichen Erwägungen gelten wie bei der Vornahme einer Geschäftsführungshandlung selbst. Ist damit ein Widerspruch offenbar treuwidrig, ist er als unbeachtlich zu behandeln. Der Beurteilungsspielraum des geschäftsführenden Gesellschafters ist damit i.R.d. Gesellschaftszwecks denkbar weit.
Erfolgen kann der Widerspruch nur vor Ausführung der Geschäftsführungsmaßnahme. Erfolgt er später, geht das Verbot ins Leere. Daraus ergibt sich allerdings umgekehrt, dass eine Verpflichtung des handelnden Gesellschafters besteht, seine Mitgeschäftsführer zu unterrichten. Jedenfalls bei solchen Geschäften, bei denen eine Unterrichtung zu erwarten ist, muss diese auch erfolgen. Wird diese Unterrichtungspflicht verletzt, entsteht auch ein nachträgliches Widerspruchsrecht, das bei Ausübung der vorgenommenen Geschäftsführungsmaßnahme die Rechtfertigung nimmt. Wird eine Maßnahme trotz Widerspruchs durchgeführt, stellt dies eine Pflichtverletzung ggü. der Gesellschaft dar, die ggf. zu Schadensersatzansprüchen führt. Eine Beschränkung der Vertretungsmacht im Außenverhältnis zieht dies allerdings nicht nach sich.
Rz. 228
Ebenso wie die Übertragung der Geschäftsführungsbefugnis auf einzelne Gesellschafter grds. der Dispositionsfreiheit der Gesellschafter unterliegt, kann auch das Widerspruchsrecht im Einzelnen im Gesellschaftsvertrag geregelt und abbedungen werden. So besteht die Möglichkeit, das Widerspruchsrecht gänzlich auszuschließen, es einzuschränken oder es nur einzelnen Gesellschaftern zuzubilligen. Insb. dann, wenn die Geschäftsführer ihre Tätigkeit auf bestimmte Ressorts bzw. Tätigkeitsbereiche der Gesellschaft beschränken, kann es sich empfehlen, Widerspruchsbefugnisse nur für solche Geschäftsführer vorzusehen, die im selben Ressort tätig sind, ggf. kombiniert mit der Widerspruchsbefugnis für besonders bedeutende Geschäfte.
Ebenso ist es möglich, als Rechtsfolge des Widerspruchs nicht nur die Verpflichtung vorzusehen, eine Mehrheitsentscheidung der Mitgeschäftsführer herbeizuführen oder für diesen Fall eine Entscheidung aller Gesellschafter, auch der nicht Geschäftsführungsbefugten, einzurichten.
Denkbar ist es ferner, Widerspruchsrechte auch den nicht geschäftsführungsbefugten Gesellschaftern einzuräumen. Der Rechtsgestalter sollte sich allerdings darüber im Klaren sein, dass eine extensive Ausweitung der Widerspruchsrechte eine Gesellschaft blockieren kann. Es bietet sich deshalb an, Widerspruchsrechte eher einzuschränken als auszuweiten. Dabei besteht insb. die Möglichkeit, bestimmte Kataloge von Geschäften vorzusehen, die dem Widerspruchsrecht der Mitgeschäftsführer unterliegen. Entsprechend den üblichen Regelungen zur Beschränkung der Befugnisse von Geschäftsführern einer GmbH im Verhältnis zur Gesellschafterversammlung kann auch bei der GbR dem einzelnen geschäftsführenden Gesellschafter die Einholung der Zustimmung der Mitgeschäftsführer auferlegt werden.