Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 269
Zwar sieht das Gesetz in einigen Paragrafen ausdrücklich die Fassung von Gesellschafterbeschlüssen vor (s. dazu v.a.§§ 714, 715 Abs. 2 Satz 2, Abs. 5 Satz 1 BGB n.F.). Regelungen für die Form der Beschlussfassung, v.a. also wie Gesellschafterversammlungen abzuhalten sind, gibt es jedoch nicht. Auch das MoPeG enthält sich weiterer Regelungen. Folgerichtig können Gesellschafterversammlungen auch völlig formfrei abgehalten werden. Eine Beschlussfassung ist sogar durch schlichtes übereinstimmendes Verhalten der Gesellschafter möglich. Das Fehlen solcher Regeln ist, solange kein Streit herrscht, kein Nachteil für die Funktionsfähigkeit der Gesellschaft. Kommt es allerdings zu Streitigkeiten im Gesellschafterkreis, kann sich das Fehlen von entsprechenden Regeln als nachteilig erweisen. Es empfiehlt sich daher, im Gesellschaftsvertrag auch Regelungen zur Abhaltung von Gesellschafterversammlungen vorzusehen. Die Gesellschaft riskiert es ansonsten, durch die mangelnde Kooperation auch nur eines Gesellschafters einen völligen Beschlussstillstand zu erreichen. Wo ohnehin für alle Beschlüsse die Einstimmigkeit i.S.d. gesetzlichen Modells der §§ 714, 715 Abs. 3 Satz 1 BGB n.F. erforderlich ist, spielt dies selbstverständlich keine Rolle; wo dies jedoch nicht der Fall ist, sind Regeln dringend nötig.
Ein Gesellschaftsvertrag sollte demnach die Möglichkeit des Zustandekommens förmlicher Gesellschafterbeschlüsse in Gesellschafterversammlungen vorsehen, wozu insb. Einladungsfristen, Anwesenheitsrechte, Vertretungsregelungen, Beschlussquoren, Protokollierungsfragen, Bekanntgabefragen und Anfechtungsmöglichkeiten zu behandeln sind. Daneben sollte aus Flexibilitätsgesichtspunkten allerdings auch eine vertragliche Regelung dazu vorgesehen werden, dass Beschlüsse außerhalb von Gesellschafterversammlungen bei Übereinstimmung aller Gesellschafter auch in jeder anderen denkbaren Form gefasst werden können. Die COVID-19-Pandemie hat den Mehrwert solcher vertraglichen Regelungen nachdrücklich vor Augen geführt. Geht man allerdings soweit, dass auch Mehrheitsbeschlüsse mehr oder minder formfrei möglich sein sollen, riskiert man, Minderheitenrechte, wie insb. das Recht, vor Beschlussfassung angehört zu werden, sehr stark auszuhöhlen.
aa) Einberufung von Gesellschafterversammlungen
Rz. 270
Ist im Gesellschaftsvertrag keine Regelung getroffen, steht das Einberufungsrecht grds. jedem Gesellschafter zu. Es empfiehlt sich allerdings, auch dazu Regelungen im Gesellschaftsvertrag aufzunehmen, wobei insb. die Konzentration auf die geschäftsführenden Gesellschafter kombiniert mit einem Einberufungsanspruch einer qualifizierten Minderheit oftmals sinnvoll ist. Obgleich das Gesetz, das auch bei Mehrheitsbeschlüssen grds. nicht die Einberufung von Gesellschafterversammlungen fordert, keine Regelungen zu Formen und Fristen der Einberufung vorsieht, empfiehlt es sich, an das Recht der GmbH angelehnte Regelungen vorzusehen, wonach insb. bestimmte Einladungsfristen zu wahren sind, die Einladung in einer bestimmten Form, etwa dem eingeschriebenen Brief, erfolgen muss, und die Gegenstände/Tagesordnung der Versammlung mitgeteilt werden.
bb) Durchführung
Rz. 271
Für die Frage der Durchführung einer Gesellschafterversammlung ist es besonders wichtig, die Frage der Teilnahmeberechtigung und der Konsequenzen des Nichterscheinens eines oder mehrerer Gesellschafter zu regeln. Teilnahmeberechtigt an Gesellschafterversammlungen sind grds. nur die Gesellschafter. Das Recht zur Teilnahme an Gesellschafterversammlungen ist ebenso wie die Mitgliedschaft in der GbR höchstpersönlicher Natur. Es steht den Gesellschaftern also durchaus zu, einen vom Gesellschafter bestimmten Bevollmächtigten abzulehnen. In Ausnahmefällen ist allerdings die Zulassung von fachkundigen Beratern denkbar. Der Ausschluss vom Stimmrecht wegen Interessenkollision, Konflikten mit § 181 BGB oder ähnlichen Hinderungen führt nicht zum Ausschluss des Teilnahme-, sondern nur des Stimmrechts. Der gesetzliche Vertreter eines Gesellschafters übt dessen Teilnahme- und Stimmrecht in vollem Umfang aus.
Rz. 272
Ist ein Gesellschafter nicht bzw. nicht wirksam in der Gesellschafterversammlung vertreten, stellt sich die Frage, inwieweit Beschlüsse wirksam gefasst werden können. So kann die Beschlussfähigkeit einer Gesellschafterversammlung an das Erreichen eines bestimmten Quorums angeknüpft werden. Sieht der Gesellschaftsvertrag nichts vor, müssen die Mehrheitserfordernisse stets anhand der Zahl aller Gesellschafter berechnet werden. Hat eine Gesellschaft zehn Gesellschafter, von denen vier regelmäßig nicht zu den Gesellschafterversammlungen erschein...