Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 72
Selbstverständlich ist es ausreichender Zweck für die Begründung einer GbR, gemeinsamen Grundbesitz zu halten. Solche Gesellschaften treten aus den verschiedensten Gründen auf. Die GbR eignete sich in der Vergangenheit schon aus grunderwerbsteuerlichen Gründen besonders als Träger von Grundvermögen, weil sie als Gesamthandsgemeinschaft besonderen Privilegierungen unterlag, §§ 5, 6, 7 GrEStG. Da der Wortlaut der Begünstigungsklauseln jedoch nicht von "Personengesellschaften" spricht, sondern ausdrücklich auf die "Gesamthand" abstellt und das MoPeG mit der Streichung der §§ 718, 719 BGB a.F. sowie Einfügung des § 713 BGB n.F. die Gesamthand als Ebene der Vermögenszuordnung abgeschafft hat (s.o. Rdn 48), ist zwischenzeitlich eine Diskussion darüber entbrannt, ob die Befreiungsmöglichkeiten der §§ 5, 6, 7 GrEStG mit Inkrafttreten des MoPeG zum 1.1.2024 ins Leere laufen würden. Überzeugen vermochten die gegen eine Fortgeltung der Begünstigungsklauseln vorgebrachten Bedenken hingegen nicht. Richtigerweise ist nämlich von einer steuerrechtsautonomen Auslegung der Begünstigungsklauseln und des dort zugrunde gelegten Begriffs der "Gesamthand" auszugehen. Für ein vom Zivilrecht losgelöstes Verständnis der Gesamthand spricht zunächst das systematische Argument, dass auch in anderen Steuernormen (z.B. § 39 Abs. 2 Nr. 2 AO) an einem autonomen Gesamthandverständnis festgehalten wird. Das BVerfG hat in seinem Beschluss v. 29.3.2017 zur Vereinbarkeit des Verlustabzugs bei Kapitalgesellschaften mit dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz vor allem das Kriterium der Haftungsverfassung herangezogen. Bei einer Kapitalgesellschaft findet eine vollständige Haftungsabschirmung der Gesellschafter statt. Für eine Personengesellschaft ist dagegen kennzeichnend, dass mindestens ein Gesellschafter unbeschränkt für die Verbindlichkeiten der Gesellschaft haftet. Das Prinzip der Gesamthand wird im Übrigen z.B. durch Regelungen zur An- und Abwachsung (§§ 712, 712a BGB n.F.) und durch die Grundsätze, dass eine Personengesellschaft anders als eine Kapitalgesellschaft keine eigenen Anteile halten kann (§ 711 Abs. 1 Satz 2 BGB n.F.) fortgeführt. Weiterhin wird die Personengesellschaft zumindest im Ausgangspunkt weiterhin als schuldrechtlicher Vertrag eingeordnet (§ 705 Abs. 1 BGB n.F.). Nachdem der RegE zum Wachstumschancengesetz zunächst keine Klarheit in dieser Frage brachte, hat – nach dessen (vorläufigem) Scheitern – der Gesetzgeber Ende 2023 reagiert und in das Kreditzweitmarktförderungsgesetz Regelungen aufgenommen, die eine einstweilige Fortgeltung der §§ 5, 6, 7 GrEStG vorsehen. So gelten nach dem mit Wirkung zum 1.1.2024 neu eingefügten § 24 GrEStG n.F. rechtsfähige Personengesellschaften (§ 14a Abs. 2 Nr. 2 AO n.F.) für Zwecke der Grunderwerbsteuer als Gesamthand und deren Vermögen als Gesamthandsvermögen. Diese Fortgeltungsregelung wird allerdings nach Art. 30 i.V.m. Art. 36 Abs. 5 Kreditzweitmarktförderungsgesetz mit Wirkung zum 1.1.2027 aufgehoben.
Rz. 73
Die Spannweite von Grundbesitzgesellschaften ist weit. Zu ihnen zählen Familiengesellschaften und solche zwischen Partnern nichtehelicher Lebensgemeinschaften, die das gemeinsame Halten von Grundbesitz erleichtern sollen bzw. die Generationenfolge sichern, ferner echte Verwaltungsgesellschaften für Grundbesitz, mit denen größere Immobilienvermögen gehalten und verwaltet werden sollen, Besitzgesellschaften, die haftungs- und steuerrechtlich motiviert im Rahmen von Betriebsaufspaltungen entstehen, ferner Bauherrengemeinschaften, denen es primär um die Umgestaltung des Grundbesitzes geht, und schließlich auch geschlossene Immobilienfonds, die reinen Anlageninteressen der Gesellschafter dienen. Die unterschiedlichen Ziele dieser Gesellschaften sind natürlich im Gesellschaftsvertrag zu berücksichtigen. Einer notariellen Beurkundung des Vertrages bedarf es dabei allerdings nur in den Fällen, in denen mit dem Gesellschaftsvertrag auch die Verpflichtung zumindest einzelner Gesellschafter verbunden ist, Grundbesitz zu erwerben oder zu veräußern. Soweit nur allgemein der Erwerb von Grundbesitz als Gesellschaftszweck ins Auge gefasst wird, besteht kein Beurkundungserfordernis. Besonderes Augenmerk war in der Vergangenheit bei allen Grundbesitzgesellschaften etwa zu erteilenden Vollmachten – gleich ob im Gesellschaftsvertrag oder neben diesem – zu widmen, da im Bereich des Grundbuchverfahrens nur öffentliche und öffentlich beglaubigte Urkunden als Vertretungsnachweis ausreichten. Daran hatte sich auch durch die zwischenzeitliche Einfügung der § 47 Abs. 2 GBO a.F. und § 899a BGB a.F. nichts geändert.
Hinweis
Zu den Auswirkungen der Einführung des Gesellschaftsregisters durch das MoPeG und die damit verbundene Aufhebung des § 899a BGB a.F. sowie die Änderung des § 47 Abs. 2 GBO a.F. auf Grundbesitzgesellschaften s.o. Rdn 41 f. Scheidet ein Gesellschafter aus der Gesellschaft aus, bleiben Vollmachten, welche die Gesellschaft erteilt hat oder die einer Gesellschaft erteilt wurden...