Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 1447
Die Fähigkeit der Vereinigung zur Anpassung an die wirtschaftlichen Bedingungen ist dadurch zu gewährleisten, dass ihren Mitgliedern weitgehende Freiheit bei der Gestaltung ihrer vertraglichen Beziehungen sowie der inneren Verfassung der Vereinigung gelassen wird (aus den Erwägungsgründen). Auch nach dem auf den Gründungsvertrag subsidiär anwendbaren nationalen Recht, also im Fall einer EWIV mit Sitz in Deutschland nach den für den Gesellschaftsvertrag einer OHG geltenden Vorschriften der §§ 105 ff. HGB, 705 ff. BGB, besitzen die Gründer bzw. Gesellschafter eine weitgehende Gestaltungsfreiheit. Die EWIV-VO selbst erlaubt an einigen Stellen ausdrücklich abweichende Bestimmungen durch den Gründungsvertrag für bestimmte Regelungsmaterien. Bei solchen Regelungsmaterien handelt es sich um:
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die Organe der EWIV und deren Befugnisse (Art. 16 Abs. 1 Satz 2 EWIV-VO), |
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die Vertretungsbefugnis der Geschäftsführer (Art. 20 Abs. 2 EWIV-VO), |
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Mehrstimmrechte der Mitglieder (Art. 17 Abs. 1 Satz 2 EWIV-VO), |
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die Beschlussfähigkeit und Mehrheitserfordernisse ("quoren") für bestimmte Beschlüsse (Art. 17 Abs. 3 Satz 1 EWIV-VO), |
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Zulassung eines Mehrheitsbeschlusses der Mitglieder für die freiwillige Auflösung der Vereinigung (Art. 31 Abs. 1 Satz 2 EWIV-VO), |
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Zustimmungserfordernisse der Mitglieder zur ordentlichen Kündigung eines Mitgliedes (Art. 27 Abs. 1 Satz 1 EWIV-VO), |
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Zustimmungserfordernisse der Mitglieder zur Bestellung von Sicherheiten an der Beteiligung eines Mitgliedes an der Vereinigung (Art. 22 Abs. 2 Satz 1 Halbs. 2 EWIV-VO), |
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die Gewinnverteilung (Art. 21 Abs. 1 EWIV-VO), |
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das Verhältnis, in dem die Mitglieder untereinander zum Verlustausgleich verpflichtet sind (Art. 21 Abs. 2 EWIV-VO), |
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Befreiung der Mitglieder von der Haftung für die vor ihrem Beitritt entstandenen Verbindlichkeiten der Vereinigung (Art. 26 Abs. 2 Satz 2 EWIV-VO), |
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Regelungen über das "Ob" und "Wie" des Fortbestehens der Vereinigung für den Fall des Ausscheidens eines Mitgliedes infolge der Abtretung einer Beteiligung an der Vereinigung oder einer Nachfolge in die Vereinigung von Todes wegen (Art. 30 EWIV-VO) sowie |
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Nachfolgeregelungen für den Fall des Todes einer natürlichen Person, die Mitglied der Vereinigung ist (Art. 28 Abs. 2 EWIV-VO). |
Bei der Gestaltung des Gesellschaftsvertrages kann also von den vorgenannten Regelungsermächtigungen Gebrauch gemacht werden.
Rz. 1448
Eine wichtige Angelegenheit, die im Gesellschaftsvertrag geregelt werden sollte, sind die Beitragspflichten der Mitglieder, weil die EWIV kein eigenes Kapital hat und die EWIV-VO keine Beitragspflichten der Mitglieder regelt. Die Mitglieder können Änderungen des Beitrags jedes Mitgliedes oder bestimmter Mitglieder zur Finanzierung der Vereinigung immer nur einstimmig beschließen (Art. 17 Abs. 2 Buchst. f) EWIV-VO). Sich an die Beitragspflichten der Mitglieder unmittelbar anschließende wichtige Regelungsmaterien sind die Gewinn- und Verlustverteilung einschließlich der Verteilung der Liquidationsgewinne und -verluste sowie eventuelle Vor- und Nachschusspflichten. Der Bestand etwaiger Pflichtmitgliedschaften in den Industrie- und Handelskammern und entsprechender Pflichtbeiträge sollten überprüft werden.
An den Regelungen über die Besetzung der Organe und die Organstruktur insgesamt entscheidet sich die Leitung und Kontrolle der Vereinigung ("Corporate Governance"), über die sich die Gründer bzw. späteren Mitglieder einig sein sollten. Hierzu gehört auch die Entscheidung, ob die EWIV unternehmerisch mitbestimmt werden soll. In allen Fällen, in denen die Verordnung nicht vorsieht, dass die Beschlüsse einstimmig gefasst werden müssen, sollte der Gründungsvertrag die Bedingungen für die Beschlussfähigkeit und die Mehrheit, die für die Beschlüsse oder bestimmte Beschlüsse gelten sollen, festlegen (vgl. Art. 17 Abs. 3 Satz 1 EWIV-VO). Enthält der Vertrag keine Bestimmungen, so sind die Beschlüsse einstimmig zu fassen (vgl. Art. 17 Abs. 3 Satz 2 EWIV-VO). Bei hoher Mitgliederzahl könnte dann die Handlungsfähigkeit der Vereinigung beeinträchtigt sein. Weiterhin könnte der bzw. könnten die Geschäftsführer der EWIV bestimmten Zustimmungsvorbehalten der Mitgliederversammlung oder anderer Organe unterworfen werden, häufig bei außergewöhnlichen Geschäftsführungsmaßnahmen.
Beispiel
Bestimmte Grenzen für Transaktionsvolumina.
Solche Zustimmungsvorbehalte entfalten freilich nur im Innenverhältnis rechtliche Wirkung. Außerdem könnte der Gesellschaftsvertrag aus Gründen der Rechtssicherheit fehlerhafte Beschlüsse regeln und insb. Fristen für die gerichtliche oder außergerichtliche Geltendmachung der Fehlerhaftigkeit von Beschlüssen vorsehen.
Rz. 1449
Regelungen über den Mitgliederbestand bzw. -wechsel sind insb. ratsam, wenn die Verfolgung des Zwecks der EWIV von dem Bestand und von der Zusammensetzung ihrer Mitglieder, möglicherweise insb. auch von bestimmten einzelnen ihrer Mitglieder abhängt. Der Gründungsvertrag kann für solche Fälle Eintritts- oder Nachfolgeklauseln, Andi...