Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
aa) Gesetzliches Regelungsmodell
Rz. 1157
Gem. § 122 HGB hat jeder Gesellschafter aufgrund des festgestellten Jahresabschlusses Anspruch auf Auszahlung seines ermittelten Gewinnanteils (Prinzip der Vollausschüttung). Der Anspruch kann nicht geltend gemacht werden, soweit die Auszahlung zum offenbaren Schaden der Gesellschaft gereicht oder der Gesellschafter seinen vereinbarten Beitrag trotz Fälligkeit nicht geleistet hat. Mit der Liquiditäts- und Investitionsplanung der Gesellschaft wird dies allerdings kaum zu vereinbaren sein.
Der Kommanditist kann die Auszahlung des Gewinns gem. § 169 Abs. 1 HGB nicht fordern, soweit sein Kapitalanteil durch den ihm zugewiesenen Verlust unter den auf die vereinbarte Einlage geleisteten Betrag herabgemindert ist oder durch die Auszahlung des Gewinns unter diesen Betrag herabgemindert werden würde. Ein Steuerentnahmerecht kennt das Gesetz nicht.
bb) Vertragliche Regelungsmöglichkeiten
Rz. 1158
Die gesetzlichen Gewinnverteilungsregelungen sind dispositiv, sodass sie an die individuellen Bedürfnisse anpasst werden können. Bei der Ausgestaltung der Entnahmeregelung sind insb. folgende Umstände zu berücksichtigen:
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Gewinn der Gesellschaft, |
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Liquiditätssituation der Gesellschaft, |
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Finanzierung der Gesellschaft, |
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Mitarbeit der Gesellschafter, |
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Deckung des Lebensbedarfs der Gesellschafter, |
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Zeitpunkt und Höhe der Entnahme. |
Rz. 1159
Für die Steuern, die mit der Beteiligung an der Gesellschaft zusammenhängen, wird vielfach ein spezielles Steuerentnahmerecht sinnvoll sein. Denn der Gesellschafter muss den auf ihn entfallenden Jahresüberschuss unabhängig davon versteuern, ob und in welchem Umfang er an ihn ausgeschüttet wird. Darüber hinaus können sich Liquiditätsprobleme ergeben, da Ausschüttung und Steuerzahlung zeitlich meist auseinanderfallen werden.
Für Erben und Vermächtnisnehmer kann darüber hinaus ein Entnahmerecht in Bezug auf die Erbschaftsteuer vorgesehen werden. Das Entnahmerecht sollte allerdings auf den Teil der Erbschaftsteuer beschränkt werden, der auf die Gesellschaftsbeteiligung entfällt. Zudem gilt es eine Überentnahme zu vermeiden, da auch die Entnahme zur Bezahlung der Erbschaftsteuer als nachsteuerschädlich gilt (§ 13a Abs. 5 Nr. 3 ErbStG). In diesem Fall kann anstelle einer Entnahme die Gewährung eines fremdüblichen Darlehens i.H.d. Erbschaftsteuer in Betracht kommen. Bei einem vertraglichen Entnahmerecht auch für die Erbschaftsteuer kann der Vorab-Abschlag von bis zu 30 % (nach § 13a Abs. 9 Satz 1 Nr. 1 ErbStG) allerdings nicht genutzt werden.
Rz. 1160
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Muster 9.95: Entnahmerecht – Gesellschaftsvertrag GmbH & Co. KG
(1) Die Kommanditisten sind berechtigt, zulasten ihres Verrechnungskontos folgende Beträge zu entnehmen:
(a) |
Die auf den Gesellschaftsanteil sowie etwaige Tätigkeitsvergütungen, Zinsen, Miet- und Pachteinnahmen entfallenden persönlichen Steuern (Einkommensteuer einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt. Maßgebend für die Höhe des Entnahmerechts ist der jeweilige steuerliche Höchstsatz unabhängig von der tatsächlichen Besteuerung des Gesellschafters. |
(b) |
Die auf den Geschäftsanteil an der Gesellschaft und der Komplementär-GmbH entfallende Erbschaftsteuer zum jeweiligen Fälligkeitszeitpunkt. Die Höhe der Steuer ist der Gesellschaft durch geeignete Unterlagen des Finanzamts oder eines Steuerberaters nachzuweisen. |
(2) Die Kommanditisten sind darüber hinaus berechtigt, etwaige Guthaben von ihrem Verrechnungskonto jederzeit zu entnehmen, soweit dieses dadurch nicht negativ wird.
(3) Über weiter gehende Entnahmen oder Einschränkungen des Entnahmerechts entscheidet die Gesellschafterversammlung.