Dr. Peter Stelmaszczyk, Stefan Wegerhoff
Rz. 694
Wie auch bei anderen Personengesellschaften wird bei der KG zwischen der Vertretung der Gesellschaft nach außen ggü. Dritten und der Geschäftsführung im Verhältnis der Gesellschafter untereinander unterschieden. Die Kommanditisten einer KG sind nach §§ 164, 170 HGB sowohl von der Befugnis zur Geschäftsführung als auch von der Vertretung ausgeschlossen.
1. Umfang der Geschäftsführung
Rz. 695
Zur Geschäftsführung gehören alle Tätigkeiten i.R.d. Geschäftsbetriebes der KG, unabhängig davon, ob es sich um Maßnahmen handelt, die der gewöhnliche Betrieb des Handelsgewerbes der Gesellschaft mit sich bringt, oder ob es sich um ungewöhnliche Geschäfte handelt. Abzugrenzen ist die Geschäftsführung von sog. Grundlagengeschäften, die das Gesellschaftsverhältnis und seine Gestaltung selbst betreffen und nicht mehr vom Gesellschaftszweck gedeckt sind. Zu diesen Grundlagengeschäften gehören z.B. Erhöhung oder Herabsetzung der Beiträge, Änderungen im Gesellschafterbestand (Aufnahme oder Ausschließung von Gesellschaftern), Abschluss von Unternehmensverträgen und die Auflösung der Gesellschaft. Alle Maßnahmen, die ein solches Grundlagengeschäft darstellen, bedürfen eines einstimmigen Beschlusses sämtlicher Gesellschafter, soweit nicht der Gesellschaftsvertrag andere Mehrheitserfordernisse aufstellt.
Rz. 696
Die Ausführung von Gesellschafterbeschlüssen ist hingegen Teil der Geschäftsführung Das vormals in § 164 HGB vorgesehene Widerspruchsrecht wurde mit dem MoPeG gestrichen, was jedoch inhaltlich zu keiner Änderung führt. Schon im alten Recht hatten die Kommanditisten kein "Widerspruchsrecht", denn ein solches ist nur im Verhältnis geschäftsführender Gesellschafter untereinander relevant (nunmehr § 116 Abs. 3 Satz 3 HGB). Die Abgrenzung der Kompetenzen zwischen geschäftsführungsberechtigten und nicht geschäftsführenden Gesellschaftern erfolgt richtigerweise nicht über ein Widerspruchsrecht, sondern über ein Zustimmungserfordernis. Ein solches ist nunmehr in § 116 Abs. 2 Satz 1 2. Halbs.HGB geregelt; dieser verlangt bei außergewöhnlichen Geschäften einen "Beschluss aller Gesellschafter", worunter (andres als in § 116 Abs. 1 HGB) auch die Kommanditisten zu verstehen sind. Das Mehrheitserfordernis ist eine Frage der gesellschaftsvertraglichen Regelung, anderenfalls gilt § 109 Abs. 3 HGB.
2. Gesetzliche und gesellschaftsvertragliche Geschäftsführungsbefugnisse
Rz. 697
Hat die KG mehrere persönlich haftende Gesellschafter, ist grds. jeder Komplementär allein zur Geschäftsführung befugt. Den anderen geschäftsführenden Gesellschaftern steht jedoch ein Widerspruchsrecht zu (§§ 161 Abs. 2, 116 Abs. 1 und 3 HGB). Abweichend von der gesetzlichen Regelung kann der Gesellschaftsvertrag vorsehen, dass, wenn mehrere persönlich haftende Gesellschafter vorhanden sind, die Geschäftsführung ihnen als Gesamtgeschäftsführer (§ 116 Abs. 4 HGB) zusteht. Die Rechte der Komplementäre in Bezug auf die Geschäftsführungsbefugnis können weitgehend abweichend vom gesetzlichen Leitbild festgelegt, also eingeschränkt oder erweitert, werden. Sind mehrere geschäftsführende Gesellschafter vorhanden, kann der Gesellschaftsvertrag von dem Einstimmigkeitserfordernis des § 116 Abs. 4 HGB abweichen und Zuständigkeits- und Verfahrensregeln für die Geschäftsführung aufstellen, ähnlich wie bei einer Geschäftsordnung für die Geschäftsführer einer GmbH.
Rz. 698
Auch die Rechte der Kommanditisten in Bezug auf die Geschäftsführung können eingeschränkt oder erweitert werden. Der Zustimmungsvorbehalt für außergewöhnliche Geschäfte gem. § 116 Abs. 2 Satz 1 HGB kann im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen werden. In diesem Fall kann der Komplementär auch außergewöhnliche Geschäfte ohne Zustimmungsbeschluss unter Beteiligung der anderen Gesellschafter vornehmen. Aus steuerrechtlicher Sicht ist zu beachten, dass ein Ausschluss Zustimmungsvorbehaltes eine Beschneidung der "Mitunternehmerinitiative" bedeutet und im Einzelfall (Gesamtbetrachtung) die Versagung der steuerlichen "Mitunternehmerstellung" zur Folge haben kann. Dem Kommanditisten kann der Gesellschaftsvertrag auch die Befugnis zur Geschäftsführung, allein oder zusammen mit einem Komplementär, einräumen. In einer GmbH & Co. KG kann die Vereinbarung der Geschäftsführung durch einen Kommanditisten bewusst zur Vermeidung oder Beendigung der "gewerblichen Prägung" gem. § 15 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 EStG eingesetzt werden (sog. Entprägung).
Rz. 699
Zur klaren Abgrenzung der Rechte der Kommanditisten hinsichtlich der Geschäftsführung führt die Festlegung bestimmter Maßnahmen, die der Zustimmung der Gesellschafterversammlung bedürfen. Ein solcher Katalog zustimmungsbedürftiger Geschäfte ist üblicherweise in Gesellschaftsverträgen enthalten. Die Verteilung der Geschäftsführungsbefugnisse im Innenverhältnis kann maßgeblich sein für die sozialversicherungsrechtliche Einstufung einer Tätigkeitsvergütung, die ein Gesellschafter (insbesondere Kommanditist) für seine Tätigkeit bei der Gesellschaft erhält. Aufgrund der unterschiedlichen gesetzlichen Anknüpfungspunkte kann es durchaus s...