Rz. 152

Die Verpflichtung des Erben, die Bestattungskosten der standesgemäßen Beerdigung zu tragen, geht der Verpflichtung der unterhaltspflichtigen Angehörigen und derjenigen des Ehegatten vor. Ist die Übernahme der Kosten durch die Erben jedoch nicht zu erreichen (z.B. weil die Erben ausgeschlagen haben), so haften subsidiär gegenüber dem Anspruchsberechtigten auf Erstattung der Bestattungskosten:

der überlebende Ehegatte (§§ 1360, 1360a Abs. 3; § 1615 Abs. 2 BGB), auch wenn die Parteien getrennt gelebt haben (§ 1361 Abs. 4 i.V.m. §§ 1360a Abs. 3, 1615 Abs. 2 BGB),
die unterhaltspflichtigen Verwandten (§ 1615 Abs. 2 BGB) oder
der nichteheliche Vater bei Tod der Mutter (§ 1615m BGB).
 

Rz. 153

Diese unterhaltspflichtigen Personen sind zur Kostentragung jedoch lediglich im Umfang des §§ 1610, 1611 BGB verpflichtet. Der zu erstattende Aufwand ist nach der Lebensstellung des Verstorbenen zu bemessen, wobei Schulden des Erblassers keine Rolle spielen. Es sind somit nur die Kosten einer standesgemäßen Bestattung zu bezahlen. Bei grober Unbilligkeit der Inanspruchnahme des Unterhaltsverpflichteten gem. § 1611 BGB kann dessen Verpflichtung zur Kostentragung entfallen. Dies kommt insb. in Betracht, wenn der Verstorbene den Unterhaltspflichtigen tätlich angegriffen oder bedroht bzw. ihn beruflich oder wirtschaftlich schwer geschädigt hat.[211] Ein zerrüttetes Verhältnis zwischen dem Verstorbenen und dessen nahen Angehörigen und in der Folge ein seit Jahrzehnten fehlender Kontakt zwischen ihnen reichen hierfür nicht aus.[212] Die Gerichte berücksichtigen allerdings durchaus besondere Umstände, beschränken allerdings das Entfallen der Kostentragung auf extreme Ausnahmefälle. Ein entsprechender Ausnahmefall wurde von dem Senat des OVG Lüneburg in seiner Rechtsprechung zum Beispiel für Kinder eines Verstorbenen anerkannt, dem das elterliche Sorgerecht gestützt auf §§ 1666, 1666a BGB dauerhaft entzogen worden war.[213] Zusammenfassend wird man sagen können, dass Straftaten und Misshandlungen des Erblassers gegen die Bestattungspflichtigen zu einem Wegfall der Kostentragungspflicht führen können.

 

Rz. 154

Haben die Unterhaltspflichtigen die Kosten der Bestattung bezahlt, erlangen sie einen Ersatzanspruch gegen die Erben. Ist der Nachlass nicht werthaltig, ändert dies nichts an der Verpflichtung der Unterhaltspflichtigen zur Kostentragung. Konnte der Erbe die Bestattungskosten seinerseits nicht aus dem Nachlass begleichen, so kann er sich von ihm aufgewandte Eigenmittel von den unterhaltspflichtigen Personen erstatten lassen.

 

Rz. 155

Haben sich die Angehörigen geweigert, Bestattungsmaßnahmen in die Wege zu leiten, so kann die Behörde im Wege der Ersatzvornahme die Bestattung veranlassen und den Angehörigen die Kosten der Ersatzvornahme in Rechnung stellen. Die Angehörigen können allerdings einwenden, die Übernahme der Bestattungskosten sei unbillig oder die Bestattung sei zu aufwendig gewesen.[214] Der Maßstab, den die unterhaltspflichtigen Tatbestände für die grobe Unbilligkeit und damit einen Wegfall der Unterhaltspflicht zugrunde legen, ist von den Behörden im Rahmen öffentlich-rechtlicher Vorschriften, die ebenfalls das Tatbestandsmerkmal der groben Unbilligkeit beinhalten, zu übernehmen.[215]

[211] Hess VGH 20.10.2011, 5 A 1245/11.
[212] OVG Lüneburg NST-N 2003, 205 = FamRZ 2004, 458; vgl. auch Roth mit Anm. zu VG Neustadt, Urt. v. 4.12.2018, NJW-Spezial 2019, 232.
[213] OVG Lüneburg 19.12.2012 – LA 150/12.
[214] OVG Münster FamRZ 1996, 1472.
[215] OVG Münster FamRZ 1996, 1472.

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