Rz. 87
Die Umbettung der Leiche gehört zur Befugnis des Totenfürsorgeberechtigten. Die Rechtsprechung hat allerdings seit langem den Grundsatz entwickelt, dass bei einem Streit darüber, ob der Verstorbene umgebettet werden soll, weil der Bestattungsort nicht richtig oder nicht von der zur Entscheidung berufenen Person bestimmt worden ist, "Pietät und Achtung vor der Totenruhe des betroffenen Verstorbenen einem Verlangen nach Umbettung entgegenstehen können". Der von der Umbettung betroffene Tote hat Anspruch auf "Pietät und Wahrung seiner Totenruhe", unabhängig davon, ob sich das Umbettungsbegehren auf Aschenreste oder einen in der Erde bestatteten Leichnam bezieht. Der mutmaßliche Wille eines Verstorbenen liegt zunächst einmal darin, dass seine Totenruhe nicht gestört wird. Mit Rücksicht auf die Achtung der Totenruhe kann daher ein Umbettungsverlagen durch die Rechtsordnung nur dann anerkannt werden, wenn es von ganz besonders "dringlichen, sittlich gerechtfertigten Gründen" getragen wird, etwa weil der Verstorbene selbst den Wunsch hatte, an einem anderen als dem derzeitigen Bestattungsort beerdigt zu werden.
Rz. 88
Dies ist allerdings nicht der einzige gewichtige Grund, aus welchem heraus eine Umbettung begehrt werden kann. Auch solche Erwägungen, die nicht allein in der Person des Verstorbenen liegen, kommen in Betracht, sofern der Umbettungswunsch Ausdruck einer über den Tod hinausgehenden Verbundenheit mit dem Verstorbenen ist. Dies ist z.B. dann der Fall, wenn der überlebende Ehegatte später neben dem Verstorbenen beigesetzt werden möchte. Auch die familiäre Verbundenheit über den Tod hinaus kann ein Umbettungsbegehren rechtfertigen, nicht jedoch der Wegzug der Angehörigen und die damit verbundenen Schwierigkeiten der Grabpflege. Ein Umzug aufgrund veränderter Lebensumstände wie altersbedingter Gesundheitsverschlechterungen oder des Wunsches, den Lebensabend bei den Kindern zu verbringen, stellt für sich genommen regelmäßig keinen wichtigen Grund für eine Umbettung des verstorbenen Ehepartners dar. Die Achtung der Totenruhe kann dem Umbettungsverlangen entgegenstehen, dies gilt aber grundsätzlich dann nicht, wenn der Verstorbene selbst den Ort seiner letzten Ruhe bestimmt hat. Besteht einer der nächsten Angehörigen darauf, dass diesem Wunsch Rechnung getragen wird, so muss diesem Begehren stattgegeben werden. Denn die mit der Umbettung eines Verstorbenen verbundene Störung der Totenruhe ist gerechtfertigt, wenn es dem mutmaßlichen Willen des Verstorbenen mit hinreichender Sicherheit entspricht und der Menschenwürde des Verstorbenen durch die gemeinsame Bestattung mit dem nachverstorbenen Ehepartner nur auf diese Weise Geltung verschafft werden kann. Der Inhaber des Totenfürsorgerechts kann dann auch die Rückbettung des ohne seine Zustimmung umgebetteten Verstorbenen verlangen. Umgekehrt kann der Totenfürsorgeberechtigte weder eine Rückbettung noch eine Umbettung verlangen, wenn er ihr zuvor in Kenntnis des entgegenstehenden Willen des Erblassers zugestimmt hat. Auch ein unangemessen langes Warten (hier: drei Jahre) des Totenfürsorgeberechtigten mit dem Umbettungsverlangen stehen diesem entgegen. Aus Achtung vor dem Letzten Willen des Verstorbenen sind auch Umstände zu berücksichtigen, die erst nach der Bestattung auftauchen und die Frage einer Umbettung hervorrufen.
Rz. 89
Soll die Umbettung gerichtlich durchgesetzt werden, so geht der Klageantrag auf Feststellung, zur Umbettung der Leiche berechtigt zu sein, bzw. auf Zustimmung zur Umbettung. Anspruchsgrundlage ist § 1004 BGB analog, daneben auch §§ 823 Abs. 1, 249 BGB.
Rz. 90
Um die Umbettung vornehmen zu lassen, benötigt der Totenfürsorgeberechtigte noch die Genehmigung des Friedhofsträgers. Mit seinem Antrag muss der Totenfürsorgeberechtigte auch den "wichtigen Grund" darlegen, weshalb eine Umbettung vorgenommen werden soll. Wird die Genehmigung versagt, so ist der Verwaltungsrechtsweg eröffnet, notfalls muss im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes vorgegangen werden.
Rz. 91
Doch auch der umgekehrte Fall ist denkbar, nämlich der Wille des Friedhofsträgers, eine Umbettung vorzunehmen, und die Weigerung der Angehörigen, dieser Umbettung zuzustimmen. Ein wichtiger Grund für ein derartiges Umbettungsbegehren der Friedhofsverwaltung liegt z.B. dann vor, wenn ein Friedhofsteil aus dringenden Gründen für andere öffentliche Zwecke benötigt wird, bevor die Ruhezeit der sich dort befindlichen Gräber abgelaufen ist. Hingegen soll kein wichtiger Grund für eine Umbettung gegeben sein, wenn in der Grabstätte eines Nutzungsberechtigten aufgrund eines rechtswidrigen Verhaltens der Friedhofsverwaltung eine fremde Leiche beigesetzt worden ist. Dies gilt zumindest für den Fall, dass der Ehepartner des Verstorbenen der Umbettung nicht zugestimmt hat, denn die Rücksichtnahme auf die Gefühle der Hinterbliebenen verbietet es i.d.R., gegen den Willen des Ehegatten oder eines anderen nahen Verwandten des Verstorbenen der...