1. Internationale Zuständigkeit: Grundsatz
Rz. 84
Aus § 105 FamFG ergibt sich der Grundsatz, dass die internationale Zuständigkeit aus der örtlichen Zuständigkeit abgeleitet wird.
Anders entschied nun aber der EuGH:
EuGH, Urt. v. 21.6.2018 – C-20/17, NJW 2018, 2309 = ZEV 2018, 465
Zitat
Art. 4 EuErbVO ist dahin auszulegen, dass er einer Rechtsvorschrift eines Mitgliedstaats wie der im Ausgangsverfahren entgegensteht, die vorsieht, dass, auch wenn der Erblasser zum Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt nicht in diesem Mitgliedstaat hatte, dessen Gerichte ihre Zuständigkeit für die Ausstellung der nationalen Nachlasszeugnisse im Zusammenhang mit einem Erbfall mit grenzüberschreitendem Bezug behalten, wenn Nachlassvermögen auf dem Hoheitsgebiet dieses Mitgliedstaats belegen ist oder der Erblasser dessen Staatsangehörigkeit besaß.
OLG Hamm, Beschl. v. 2.1.2018 – 10 W 35/17, ZEV 2018, 343
Zitat
Der für die internationale Zuständigkeit nach der EuErbVO maßgebliche gewöhnliche Aufenthalt des Erblassers ergibt sich aus einer Gesamtberücksichtigung der Lebensumstände unter Einschluss des Aufenthalts- und Bleibewillens.
Beispiel
Ein Italiener mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in München stirbt 2022 in München und hinterlässt unbewegliches Vermögen in Deutschland und in Italien.
Der Erblasser wird nach italienischem Recht beerbt, falls er eine entsprechende Rechtswahl erklärt hat, Art. 22 EuErbVO. Ansonsten ist deutsches Erbrecht gemäß Art. 21 EuErbVO (letzter gewöhnlicher Aufenthalt des Erblassers) maßgeblich. Deutsche Nachlassgerichte wären für beide Varianten nach Art. 4 EuErbVO international zuständig.
2. Deutsche mit gewöhnlichem Aufenthalt im Ausland
Rz. 85
Hatte der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes keinen gewöhnlichen Aufenthalt im Inland, ist das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Erblasser seinen letzten gewöhnlichen Aufenthalt im Inland hatte, § 343 Abs. 2 FamFG.
3. Möglichkeit der gegenständlichen Beschränkung
Rz. 86
Auch im Verfahren auf Erteilung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses besteht die Möglichkeit, den Antrag auf die im Inland befindlichen Gegenstände zu beschränken, § 2368 S. 2 BGB, § 352c FamFG.
Die Beschränkung des Antrags ist auch bei "Eigenrechtstestamentsvollstreckerzeugnissen“ möglich. Hinterlässt z.B. ein Deutscher Erblasser Nachlassgegenstände im Ausland, kann der Antrag vor dem deutschen Nachlassgericht auf die im Inland befindlichen Gegenstände beschränkt werden, § 352c FamFG"
Eine Beschränkung sollte vor allem dann beantragt werden, wenn abzusehen ist, dass das Ausland das deutsche Zeugnis als Nachweis nicht akzeptiert. Wird die Beschränkung vorgenommen, kann dies zwei Vorteile nach sich ziehen: Zum einen wird die Gerichtsgebühr nur aus dem im Inland belegenen Nachlass berechnet, § 40 Abs. 3 GNotKG. Zum anderen werden möglicherweise für den im Ausland belegenen Nachlass erforderliche teure Rechtsgutachten gespart. Diese Kosten gehören zu den Auslagen, die der Antragsteller tragen müsste, KV 31005 GNotKG.
Rz. 87
Beispiel
Der Erblasser ist deutscher Staatsangehöriger. Er hinterlässt ein Grundstück in Deutschland, eine Ferienwohnung in Italien und ein Bankkonto in Österreich. Kann ein Testamentsvollstreckerzeugnis nur bezüglich des in Deutschland belegenen Nachlasses beantragt werden?
§ 352cFamFG setzt für ein gegenständlich beschränktes Testamentsvollstreckerzeugnis nicht die Anwendung ausländischen Erbrechts voraus. Insoweit kann auch bei einem Testamentsvollstreckerzeugnis nach einem deutschen Erblasser ein Antrag dahin gehend gestellt werden, dass eine Beschränkung auf die im Inland befindlichen Gegenstände erfolgt. Im vorliegenden Fall würde sich ein entsprechendes Zeugnis dann nicht auf die Nachlassgegenstände in Österreich und Italien beziehen. Nicht möglich ist es aber, die Geltung des Zeugnisses auf bestimmte Gegenstände im Ausland oder nur bestimmte Länder zu erstrecken. Dem steht der eindeutige Wortlaut des § 352c FamFG entgegen. Entsprechendes gilt auch für ein Zeugnis, das ausschließlich für im Ausland befindliches Vermögen erteilt werden sollte.
Rz. 88
Bestimmt sich die Erbfolge nach fremdem Recht und ist die internationale Zuständigkeit der deutschen Nachlassgerichte gegeben, kann auch ein auf den inländischen Nachlass beschränktes Testamentsvollstreckerzeugnis erteilt werden, § 2368 S. 2BGB, § 352c FamFG. Wird ein Erblasser nach ausländischem Recht beerbt, so richten sich auch Inhalt und Rechtswirkungen einer Testamentsvollstreckung nach dem Erbstatut. Ein Testamentsvollstreckerzeugnis wird nur dann erteilt, wenn die Testamentsvollstreckung nach dem ausländischen Recht der Testamentsvollstreckung deutschen Rechts vergleichbar ist. Für die Willensvollstreckung nach schweizerischem Recht wurde dies bejaht. Verneint wird die Vergleichbarkeit hingegen bei einem Administrator, da dessen Verfügungsbefugnis nicht vom Willen des Erblassers abgeleitet wird.