Rz. 101

& 1.

Die mündliche Verhandlung von Verwaltungsgerichten gestaltet sich meistens etwas zeitaufwendiger als im Zivilprozess, da oft noch ausführlich der Tatbestand vorgetragen wird. Das Gericht muss nach § 102 Abs. 2 VwGO darauf hinweisen, dass auch bei Ausbleiben eines der Beteiligten verhandelt und entschieden wird, dies geschieht schon in der Ladung. Es gibt im Verwaltungsprozess kein Versäumnisurteil. Die Gerichte neigen dazu, nach § 87b Abs. 3 VwGO den Parteien eine Frist zur weiteren Begründung und Nennung von Tatsachen und Beweismitteln zu setzen. Sollte das Gericht der Auffassung sein, dass erst in der mündlichen Verhandlung vorgetragene neue Tatsachen oder Erklärungen dazu geeignet sind, den Rechtsstreit zu verzögern, und die Verspätung nicht genügend entschuldigt ist, kann allein deswegen der Rechtsstreit verlorengehen. Die Frist ist daher unbedingt zu beachten.

 

Rz. 102

& 2.

Üblicherweise sind zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung die Tatfragen im verwaltungsgerichtlichen Verfahren bereits aufgeklärt. Das Gericht muss gemäß § 86 Abs. 1 VwGO von sich aus alle ungeklärten oder streitigen entscheidungserheblichen Tatfragen durch eine entsprechende Beweiserhebung ermitteln. Allerdings kann es durchaus zu der Situation kommen, dass man auch im Termin noch einen Beweisantrag stellen muss. Zu unterscheiden ist zwischen Beweisantrag und Beweisanregung. Beweisanregungen sind Beweisanträge in den vorbereiteten Schriftsätzen, über die das Gericht hinweggehen kann, wenn es eine Entscheidung hierüber nicht für erforderlich hält. Es kann aber erforderlich sein, einen förmlichen Beweisantrag zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Ein förmlicher Beweisantrag, der zu Protokoll in der mündlichen Verhandlung gestellt wurde, kann nur durch einen begründeten Beschluss abgelehnt werden, § 86 Abs. 2 VwGO. Dadurch soll das Gericht gezwungen werden, sorgfältig zu prüfen, ob die Ablehnung trotz der Pflicht zur umfassenden Aufklärung des Sachverhalts gerechtfertigt ist. Sollte sich während der mündlichen Planung herausstellen, dass das Gericht eine Beweiserhebung, die man selbst für notwendig erachtet, nicht nachkommen will, bietet es sich an, einen förmlichen Beweisantrag noch in der mündlichen Verhandlung zu stellen. Sollte ein solcher Beweisantrag nicht gestellt werden, ist die Rüge der fehlerhaften Sachverhaltsaufklärung in einem möglichen Berufungsverfahren schwierig zu begründen.

 

Rz. 103

& 3.

Der Kern der mündlichen Verhandlung ist die rechtliche und tatsächliche Erörterung der Streitsache, das Rechtsgespräch nach § 104 Abs. 1 VwGO. Hier ist darauf zu achten, dass das Gericht sämtliche rechtlichen Gesichtspunkte und Fakten würdigt. Diese Gelegenheit kann von dem Mandanten auch genutzt werden, um auf Umstände hinzuweisen, die ihm wichtig sind und die das Gericht ebenfalls berücksichtigen soll. Dies bietet sich an, um den Horizont des Gerichts zu erweitern und darauf hinzuweisen, dass neben der hier rein juristischen Ebene oftmals auch andere Ebenen eine Rolle spielen und für die Entscheidungsfindung oder einen Vergleich nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben können.

Das Gericht wird in der mündlichen Verhandlung eine Einschätzung dahingehend abgeben, wie es gedenkt, in dem Rechtsstreit zu entscheiden, oder einen Vergleichsvorschlag unterbreiten. Das Gericht wird Hinweise geben, ob noch sachlicher oder rechtlicher Aufklärungsbedarf besteht.

Dies sollte dann in Ruhe mit dem Mandanten besprochen werden. Hierauf sollte der Mandant vorbereitet werden. Gegebenenfalls schlägt das Gericht auch eine Rücknahme der Klage vor. Über die entsprechenden Risiken ist der Mandant daher aufzuklären. Insofern muss der Mandant in der Verhandlungspause auf mögliche Konsequenzen auch hinsichtlich der Kosten hingewiesen werden.

Es ist sinnvoll, dies dem Mandanten, der meistens nicht gerichtserfahren ist, bereits mitzuteilen und darauf hinzuweisen, dass eine Verhandlungspause beantragt werden kann, damit die Ausführungen des Gerichts und daraus resultierende Folgen besprochen werden können.

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