Rz. 85
Der Erblasser kann für die Wahrung der Nacherbenrechte für den Vorerben bis zum Nacherbfall (§§ 2106, 2139 BGB) und für den Nacherben ab dem Nacherbfall oder umfassend für die gesamte Vor- und Nacherbschaft eine Testamentsvollstreckung anordnen.
Rz. 86
Der Erblasser kann sowohl ab dem Erbfall für die Dauer der Vorerbschaft nur für den (befreiten) Vorerben als auch nur für den Nacherben ab dem Nacherbfall (§§ 2106, 2139 BGB) oder auch für beide eine Testamentsvollstreckung anordnen. Ist für Vor- und Nacherbschaft eine umfassende Testamentsvollstreckung angeordnet, unterliegt der Testamentsvollstrecker den sich aus § 2205 S. 3 BGB ergebenden Beschränkungen, nicht aber denen aus §§ 2113 ff. BGB. Ohne sich aus der letztwilligen Verfügung ergebende konkrete Anhaltspunkte für einen dahingehenden Erblasserwillen, ist nicht davon auszugehen, dass dem Testamentsvollstrecker auch die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nacherben bis zum Eintritt des Nacherbfalls übertragen wurden.
Inwieweit der Testamentsvollstrecker bei einer solchen umfassenden Testamentsvollstreckung zur Herausgabe von Nachlassvermögen an den Vorerben verpflichtet ist, wird überwiegend dahin gehend beantwortet, dass der Testamentsvollstrecker auf jeden Fall dem Vorerben aus den erzielten Erträgen so viel herauszugeben hat, wie dieser für seinen angemessenen Unterhalt und die Erfüllung seiner gesetzlichen Unterhaltspflichten benötigt. Gleiches gilt für die Zahlungen, die der Erbe für die Begleichung der Erbschaftsteuer benötigt. Soweit bei der befreiten Vorerbschaft der Erbe die Nachlasssubstanz für sich verwenden darf (§§ 2134, 2136 BGB), muss der Testamentsvollstrecker dann, wenn die Nachlasserträge für den angemessenen Unterhalt nicht ausreichen, auch auf die Nachlasssubstanz zugreifen.
Rz. 87
Ist ein Vorerbentestamentsvollstrecker eingesetzt, ist dem (befreiten) Vorerben das Verwaltungs- und Verfügungsrecht entzogen (§ 2211 Abs. 1 BGB), sofern nicht § 2208 BGB einschlägig ist. Gegenüber dem Vorerben ist der Testamentsvollstrecker zur Unterstützung bei der Verwaltung (§§ 2120, 2123 BGB) verpflichtet. Für den Vorerbentestamentsvollstrecker gelten nach vorzugswürdiger Ansicht dieselben Verfügungsbeschränkungen (§§ 2113 ff. BGB) wie für den Vorerben. Kannte der (gutgläubige) Dritte das Bestehen einer Testamentsvollstreckung bei Rechtsgeschäften mit dem Vorerben nicht oder hat er gutgläubig angenommen, dass der Gegenstand nicht der Verwaltung des Testamentsvollstreckers unterliegt, so wird der gutgläubige Dritte geschützt (§ 2211 Abs. 2 BGB). Die Kundmachung erfolgt im Erbschein (§ 352b Abs. 2 FamFG, § 2366 BGB) und bei Grundstücken im Grundbuch (§ 52 GBO).
Rz. 88
Der Erblasser kann einen Testamentsvollstrecker auch zu dem Zweck ernennen, dass dieser bis zu dem Eintritt des Nacherbfalls die Rechte und Pflichten des Nacherben aus und aufgrund der Anwartschaft erfüllt (Nacherbentestamentsvollstrecker, § 2222 BGB). Sinnvoll ist die Nacherbentestamentsvollstreckung, wenn der Nacherbe noch gar nicht vorhanden oder unbekannt ist oder zu erwarten ist, dass der Nacherbe nicht in der Lage ist, seine Rechte selbstständig wahrzunehmen. Soweit die Rechtsstellung des Testamentsvollstreckers reicht, kann der Nacherbe seine Rechte (§§ 2116–2119, 2121–2123, 2127, 2128, 2115 BGB i.V.m. § 773 ZPO) nicht ausüben. Die Rechte und Pflichten des Nacherbentestamentsvollstreckers ergeben sich aus §§ 2116 ff. BGB. Der Nacherbentestamentsvollstrecker haftet nach §§ 2216 Abs. 1, 2219 BGB. Das Amt endet mit Entfallen der Überwachungsrechte, spätestens mit dem Eintritt der Nacherbfolge (§ 2139 BGB).
Rz. 89
Nach h.M. können mehrere Mitvorerben als Mittestamentsvollstrecker für den Nacherben ernannt werden aufgrund der gegenseitigen Kontrollmöglichkeit. Dahingegen kann der alleinige Vorerbe für die Wahrnehmung der Rechte und Pflichten des Nacherben nur in Ausnahmefällen zum Testamentsvollstrecker bestellt werden.