Rz. 34
Für die Dauer der Vorerbschaft steht allein dem Vorerben die Verwaltung des Nachlasses zu. Eine Pflicht zur Verwaltung trifft den Vorerben nur insoweit, als dass der Vorerbe den Nachlass bei Eintritt des Nacherbfalls (§§ 2106, 2139 BGB) in dem Zustand an den Nacherben herausgeben muss, der sich bei einer bis zur Herausgabe fortgesetzten ordnungsgemäßen Verwaltung ergibt (§ 2130 Abs. 1 S. 1 BGB).
Rz. 35
Der Sicherung des Nacherbenrechts für die Dauer der Vorerbschaft gegenüber dem nicht befreiten Vorerben (§§ 2136, 2137 BGB) dienen zum einen schuldrechtliche Mitverwaltungsrechte bei Grundpfandrechten (§ 2114 BGB), bestimmten Wertpapieren und Buchforderungen (§§ 2116–2118 BGB) sowie Kontroll- und Sicherungsrechte (§§ 2121–2123, 2127–2129 BGB) als auch Verfügungsbeschränkungen bei unentgeltlichen Verfügungen (§ 2113 Abs. 2 BGB) und solchen über Grundstücke und Grundstücksrechte (§ 2113 Abs. 1 BGB).
Zur Wahrnehmung der Nacherbenrechte kann ein (Nacherben-)Testamentsvollstrecker (§ 2222 BGB) bestellt werden (siehe unten Rdn 113).
Rz. 36
Da der Nacherbe erst zum Zeitpunkt des Nacherbfalls (§ 2139 BGB) Herausgabe des Nachlasses (§ 2130 BGB) verlangen kann und der Vorerbe erst mit Eintritt des Nacherbfalls Rechenschaft schuldet (§ 2130 Abs. 2 BGB), hat der Nacherbe bereits zum Zeitpunkt des Vorerbfalls ein Auskunfts- und Sicherungsinteresse zwecks Erleichterung seines künftigen Herausgabeanspruchs. Die §§ 2121–2123, 2127–2129 BGB tragen dem Sicherungsinteresse des Nacherben Rechnung und bezwecken zugleich den Schutz des Vorerben vor Ersatzansprüchen. Der Nacherbe kann aufgrund von § 2121 BGB ein Verzeichnis der Erbschaftsgegenstände verlangen, nach § 2122 BGB die Feststellung des Zustandes der zur Erbschaft gehörenden Sachen sowie nach § 2123 BGB die Erstellung eines Wirtschaftsplans für Wald- und Bergwerksnutzung. Nach §§ 2127, 2128 BGB kann der Nacherbe Auskunft über den Bestand der Erbschaft und bei Besorgnis einer erheblichen Verletzung seiner Rechte Sicherheitsleistung verlangen.
1. Bestandsverzeichnis (§ 2121 BGB)
Rz. 37
Der Nacherbe hat einen Anspruch auf ein (Bestands-)Verzeichnis der zur Erbschaft gehörenden Gegenstände (§ 2121 Abs. 1 S. 1 BGB), der während der gesamten Dauer der Vorerbschaft gegenüber dem verpflichteten Vorerben zum Zwecke der Beweiserleichterung zum Zeitpunkt der Herausgabe geltend gemacht werden kann. Der Anspruch erlischt mit dem Eintritt des Nacherbfalls (§ 2139 BGB). Inwieweit der Anspruch der Verjährung unterliegt, ist noch nicht abschließend geklärt. In der 1. Auflage dieses Handbuchs wurde noch die Auffassung vertreten, der Anspruch verjähre gem. § 199 Abs. 3a BGB 30 Jahre von seiner Entstehung an. Überzeugender erscheint es dagegen, den Anspruch als verhaltenen Anspruch zu werten, der erst mit seiner Geltendmachung entsteht. Das Bestandsverzeichnis gibt den zur Zeit seiner Aufnahme vorhandenen Bestand des Aktivnachlasses wieder, ohne dass – im Unterschied zum Inventar (§ 2009 BGB) – eine Vollständigkeitsvermutung begründet wird. Wertangaben sind nicht zwingend erforderlich, da diese für den Herausgabeanspruch des Nacherben (§ 2130 BGB) irrelevant sind. Angaben zu den Nachlassverbindlichkeiten sind ebenso wenig erforderlich. Der Vorerbe hat die Pflicht nur einmal zu erfüllen, so dass Ergänzungen oder Nachbesserungen nicht mehr verlangt werden können. Im Falle mehrerer Nacherben kann jeder Nacherbe das Bestandsverzeichnis auch gegen den Willen der übrigen Nacherben verlangen. Ebenso wie die Hinzuziehung und Aufnahme durch die Behörde oder den Notar, kann der Nacherbe die öffentliche Beglaubigung verlangen (§ 2121 Abs. 1 S. 2, Hs. 2, Abs. 2, Abs. 3 BGB). Die Kosten der Aufnahme des Verzeichnisses sind Nachlassverbindlichkeiten (§ 1967 BGB).
2. Feststellung des Nachlasszustands (§ 2122 S. 2 BGB)
Rz. 38
Neben dem Bestandsverzeichnis (§ 2121 BGB) können sowohl der Vorerbe als auch der Nacherbe auf eigene Kosten den tatsächlichen Zustand (wertbildende Faktoren) der zur Erbschaft gehörenden Sachen, auch nur einzelner Sachen und der Surrogate (§ 2111 BGB), durch Sachverständige feststellen lassen (§ 2122 BGB) und sich hierzu die einzelnen Sachen vorlegen lassen (§ 809 BGB).
3. Auskunftsverlangen (§§ 2127, 260 BGB)
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