Rz. 80

Da in der Regel davon auszugehen ist, dass der Erblasser die Nachkommen eines von ihm bedachten Abkömmlings nicht zugunsten Dritter von der Erbschaft ausschließen will, ist anzunehmen, dass die Nacherbeneinsetzung des Dritten im Zweifel nur für den Fall gilt, dass der Vorerbe ohne Abkömmlinge stirbt (§ 2107 BGB). Setzt der Erblasser also einen tatsächlich oder aus seiner Sicht kinderlosen Vorerben ein, ist im Zweifel anzunehmen, dass mit dem Tod des Vorerben der Nacherbe auflösend bedingt[147] mit dem Vorhandensein oder Gezeugtsein (§ 1923 BGB) eines Abkömmlings des Vorerben eingesetzt ist. Hinterlässt der Vorerbe bei seinem Tod Abkömmlinge, wozu auch Adoptivkinder (§§ 1754, 1767 Abs. 2, 1770 BGB) zählen,[148] so entfällt die Nacherbfolge und der Vorerbe wird rückwirkend als Vollerbe angesehen.

 

Praxishinweis

Ändert der Erblasser seine Verfügung nicht, obwohl er von Abkömmlingen erfahren hat, kann dies ein Indiz dafür sein, dass die Nacherbfolge bestehen bleibt (§ 2107 BGB).[149] Umfasst sind auch Adoptivkinder, da diese die rechtliche Stellung eines ehelichen Kindes bzw. eines Kindes des Annehmenden haben (§§ 1754, 1767 Abs. 2 BGB).

[147] BayObLG FamRZ 1981, 403; Burandt/Rojahn/Lang, § 2107 Rn 5.
[148] Damrau/Tanck/Bothe, § 2107 Rn 2; Palandt/Weidlich,§ 2107 Rn 1 m.w.N.
[149] Palandt/Weidlich, § 2107 Rn 3 m.w.N.

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