Das Wichtigste in Kürze:

1. Der grds. unbefristete Antrag auf gerichtliche Entscheidung zum AG richtet sich gegen belastende Maßnahmen der Verwaltungsbehörde, die nicht zur Vorbereitung des Bußgeldbescheids oder der Verfahrenseinstellung dienen; § 62 schließt insoweit zugleich den Verwaltungsrechtsweg aus.
2. In einer Reihe von Fällen bestimmt das Gesetz daneben ausdrücklich die – dann ausnahmslos befristete – Statthaftigkeit des Antragsverfahrens.
3. Der im Gesetz verwandte Oberbegriff der Maßnahme entspricht dem aus dem Verwaltungsrecht geläufigen Begriff des Verwaltungsakts.
4. Das Verfahren richtet sich weitgehend nach dem strafprozessualen Beschwerdeverfahren. In allen Fällen hat die Verwaltungsbehörde die Möglichkeit der Abhilfe zu prüfen.
5. Die gerichtliche Entscheidung ergeht ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss, der zu begründen ist, wenn die Entscheidung ausnahmsweise der Anfechtung unterliegt oder der Antrag auf gerichtliche Entscheidung abgelehnt wird.
6. Der zulässige und begründete Antrag führt zu einer umfassenden gerichtlichen Überprüfung der angegriffenen Maßnahme in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht; das Gericht trifft in diesem Fall regelmäßig eine eigene Sachentscheidung.
7. Die Kosten- und Auslagenentscheidung folgt aus der sinngemäßen Anwendung der strafprozessualen Kostenvorschriften des Beschwerdeverfahrens.
8. Die gerichtliche Entscheidung ist – mit Ausnahme der gesetzlich ausdrücklich vorbehaltenen Fälle – unanfechtbar.
 

Rdn 342

 

Literaturhinweise:

Bode, Gerichtlicher Rechtsschutz gegen die Verwarnung ohne Verwarnungsgeld?, DAR 1987, 369

Bölck, Anm. zu LG Ellwangen, Beschl. v. 14.12.2009 – 1 Qs 166/09, DAR 2011, 418

Burhoff, Dauerbrenner: (Akten-)Einsicht in Messunterlagen im OWi-Verfahren, VRR 2011, 250

ders., A never ending story? (Akten-)Einsicht in Messunterlagen im OWi-Verfahren, VRR 2012, 130

ders., Abrechnung im Bußgeldverfahren: Verfahren wegen Akteneinsicht und eines damit verbundenen Rechtsmittels, VRR 2013, 213

ders, Die Abrechnung (förmlicher/formloser) Rechtsbehelfe im Straf- und Bußgeldverfahren, AGS 2023, 487

Cierniak, Prozessuale Anforderungen an den Nachweis von Verkehrsverstößen, zfs 2012, 664

Cierniak/Niehaus, Akteneinsichts- und Offenlegungsrechte im Bußgeldverfahren, DAR 2014, 2

Hansmann, Das Gefecht um das Akteneinsichtsrecht – eine aktuelle Rechtsprechungsübersicht, DAR 2012, 609

Krumm, Akteneinsicht in OWi-Sachen: Rechtsmittel und Rechtsbehelfe, NJW 2017, 607;Lampe, Beiziehung der Bedienungsanleitung bei standardisierten Messverfahren – Anm. zu OLG Celle, Beschl. v. 26.3.2013 – 322 SsBs 377/12, jurisPR-StrafR 18/2013

Merz, Der Grundsatz des fairen Verfahrens und der daraus resultierende Informationsanspruch des Betroffenen im Bußgeldverfahren, NZV 2021, 281

Offermanns, Wer entscheidet über die Zulässigkeit des Rechtsbehelfs auf gerichtliche Entscheidung gem. § 62 OWiG?, MDR 1989, 35

Oswald, Rechtsweg für Anfechtung einer Verwarnung, DAR 1972, 919

Peglau, Recht der Verteidigung auf Akteneinsicht bezüglich Bedienungsanleitung eines Geschwindigkeitsmessgerätes – Anm. zu OLG Naumburg, Beschl. v. 5.11.2012 – 2 Ss 100/12, jurisPR-StrafR 6/2013

Pohl-Sichtermann/Demuth, Rechtsschutz gegen verwaltungsbehördliche Verwarnungen, MDR 1971, 345

Ropertz, Aktuelle Entwicklungen zum Anspruch auf Einsicht in Messunterlagen im Bußgeldverfahren, NZV 2021, 500

Rosenbaum, Akteneinsichtsrecht in Bedienungsanleitung für Geschwindigkeitsmessgeräte – gibt es eine Kollision mit dem Urheberrecht?, VRR 2013, 414

Sandherr, Einwendungen des Halters gegen den Kostenbescheid nach § 25a StVG, NZV 2007, 433

Staub, Auswirkungen des "Rohmessdatenbeschlusses" des BVerfG auf die Praxis aus Sicht der Verteidigung, DAR 2022, 379

 

Rdn 343

1. Gegen selbstständige und rechtlich relevante Maßnahmen der Verwaltungsbehörde stellt § 62 Abs. 1 einen umfassenden und grds. unbefristeten Rechtsbehelf zur Verfügung. Dies gilt auch, wenn die StA agiert, jedoch nur in ihrer Rolle als Verfolgungsbehörde i.S.d. §§ 35, 36 Abs. 1 Nr. 2a, Abs. 2, 69 Abs. 4 S. 1 und nicht als Strafverfolgungsbehörde (KK/Kurz, § 62 Rn 3; Krenberger/Krumm, § 62 Rn 7). Wichtige Einschränkung hinsichtlich des Handelns der Bußgeldbehörde ist dabei, dass die Maßnahme im Rahmen des Bußgeldverfahrens "nicht nur zur Vorbereitung der Entscheidung, ob ein Bußgeldbescheid erlassen oder das Verfahren eingestellt wird" getroffen wurde. Der Rechtsbehelf nach § 62 Abs. 1 gilt für den Betroffenen und andere Personen, gegen die sich die Maßnahme richtet. Der Rechtsbehelf ist dem strafprozessualen Beschwerdeverfahren nachgebildeten und verweist weitgehend auf die dortigen Vorschriften. Es handelt sich um den Antrag auf gerichtliche Entscheidung an das nach § 68 zuständige AG (BGHR OWiG § 68 Abs. 3 Entscheidung 2). Der allgemeine Verwaltungsrechtsweg nach § 40 Abs. 1 S. 1 VwGO ist durch die abdrängende Sonderzuweisung an das AG ausgeschlossen, sofern im Rechtsmittelverfahren nicht ausnahmsweise eine Bindung nach § 17a Abs. 5 GVG eingetreten ist (OVG Berlin-Brandenb...

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