Detlef Burhoff, Thomas Hillenbrand
Rdn 72
1.a) Das Ablehnungsrecht steht nach § 24 Abs. 3 S. 1 dem Angeklagten, der StA (BGH, Urt. v. 25.10.2023 – 2 StR 195/23, NJW 2024, 846 [BGHSt]) und dem Privatkläger zu.
Rdn 73
b) Ablehnungsberechtigt sind außerdem im Rahmen ihrer Beteiligung:
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der gesetzliche Vertreter oder der Erziehungsberechtigte nach § 67 JGG (Meyer-Goßner/Schmitt, § 24 Rn 20), |
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der Antragsteller im Adhäsionsverfahren (BVerfG NJW 2007, 1670 ff.; → Adhäsionsverfahren, Teil A Rdn 362), |
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der Nebenkläger, |
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der Beschuldigte im Sicherungsverfahren, |
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der Einziehungsbeteiligte, |
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der Beteiligte im Verfahren bei Festsetzung von Geldbußen gegen juristische Personen und |
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Personenvereinigungen sowie |
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ggf. ein "Dritter", der in einem EV, das nicht gegen ihn gerichtet ist, von schwerwiegenden grundrechtsrelevanten Eingriffen betroffen ist (BGH NStZ 2006, 584; OLG Naumburg, Beschl. v. 2.12.2009 – 1 Ws 756/09). |
Rdn 74
2. Kein Ablehnungsrecht haben nach bislang h.M. (Meyer-Goßner/Schmitt, § 24 Rn 20) Zeugen, SV und an der Verhandlung nicht beteiligte Personen, z.B. im Ordnungsmittelverfahren. Ob diese Auffassung im Hinblick auf die Rspr. des BVerfG (BVerfG NJW 2010, 1670 ff.) bzw. des BGH (BGH NStZ 2006, 584) aufrechterhalten werden kann, erscheint fraglich. Denn die Möglichkeit der Ablehnung eines Richters wegen Besorgnis der Befangenheit ist ein auf Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG basierendes "prozessuales Grundrecht" (dazu auch OLG Naumburg, Beschl. v. 2.12.2009 – 1 Ws 756/09). Deshalb wird man bei schwerwiegenden Grundrechtseingriffen davon ausgehen müssen, dass es grds. jedem davon Betroffenen möglich sein muss, die Unparteilichkeit des entscheidenden Richters in einem förmlichen Verfahren überprüfen zu lassen (OLG Naumburg, a.a.O., betreffend die Ablehnungsberechtigung des durch die Anordnung einer akustischen Besuchsüberwachung im Rahmen des § 119 Betroffenen).
Rdn 75
3. Auch der Verteidiger und der Rechtsanwalt als Beistand eines Privatklägers haben kein eigenes Ablehnungsrecht. Wenn der Verteidiger einen Richter ablehnt, ist im Zweifel aber anzunehmen, dass er dies für den Angeklagten tut, auch wenn er sich ausschließlich auf Vorgänge beruft, die das Verhältnis Verteidiger/Richter betreffen (Meyer-Goßner/Schmitt, § 24 Rn 20 m.w.N.; s. aber BGH StV 2010, 304; zur Frage, inwieweit Spannungen zwischen Richter und Verteidiger den Angeklagten zur Ablehnung berechtigen, → Ablehnungsgründe, Befangenheit, persönliche Verhältnisse, Teil A Rdn 87).
Siehe auch: → Ablehnung eines Richters, Allgemeines, Teil A Rdn 8, m.w.N.