Rz. 1

D&O steht für "Directors and Officers Liability Insurance". Es handelt sich um die Vermögensschadenhaftpflichtversicherung für aufsichtsführende und geschäftsführende Organe. In dieser Haftpflichtversicherung für Aufsichtsräte, Vorstände und Geschäftsführer werden in der Praxis auch häufig leitende Angestellte, d.h. Manager unterhalb der Organebene mitversichert. Hierbei hat sich die Abkürzung "D&O" für die "Directors and Officers Liability Insurance", also das Versicherungsprodukt durchgesetzt. Auch die Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) fügen seit 2020 den Begriff der D&O an.

 

Rz. 2

Die hier kommentierten Bedingungen heißen "Allgemeine Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB D&O)". Sie werden mit AVB D&O abgekürzt. AVG steht für Aufsichtsräte, Vorstände und Geschäftsführer und AVB für Allgemeine Versicherungsbedingungen.

 

Rz. 3

In Deutschland wurde die D&O-Versicherung 1986 von zwei Versicherern aus den USA über ihre Tochtergesellschaften eingeführt.[1] D&O-Versicherungen werden – nachdem auch deutsche Versicherer in das Geschäft eingestiegen sind - seit Mitte der 90er Jahre verstärkt angeboten. Sie haben mittlerweile in Deutschland eine starke Verbreitung gefunden, weil auch kleinere und mittelständische Unternehmen, ja selbst gemeinnützige Vereine, ihre Organpersonen versichern wollen. Vielfach sind Manager in der Praxis nicht mehr bereit, ohne eine D&O-Versicherung das Amt zu übernehmen.

 

Rz. 4

Dieses Werk erläutert den Umfang des Versicherungsschutzes, aber auch die Haftungsgrundlagen, die Gegenstand des Versicherungsschutzes sein können. Es ist daher ein Kommentar, der sowohl für die Haftungs- als auch für die Deckungsfragen zu Rate gezogen werden kann. Die Haftungstatbestände werden hierbei auch im Hinblick auf eine etwaige bestehende Deckung aus der D&O-Versicherung betrachtet. Bei der Erläuterung der haftungsrechtlichen Voraussetzungen erfolgen daher Hinweise zur versicherungsrechtlichen Deckung. Dem Anspruch eines Praxiskommentars wird durch zahlreiche Beispiele Rechnung getragen. Als Vorbild dienen hierbei u.a. Entscheidungen aus der Rechtsprechung, aber auch Fälle aus der Beratungspraxis.

 

Rz. 5

Die AVB D&O sind Musterbedingungen des Gesamtverbandes der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Der Verband hat im Jahre 1997 erstmals Musterbedingungen veröffentlicht, die sog. Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Vermögensschaden-Haftpflichtversicherung von Aufsichtsräten, Vorständen und Geschäftsführern (AVB-AVG), die mehrmals zuletzt im Mai 2020 aktualisiert wurden. Diese dienen der Bedingungspraxis der Versicherer als Grundlage.[2] Hierbei hat kein Versicherer das GDV-Modell komplett übernommen. Die AVB D&O enthalten zahlreiche Einschränkungen und Ausschlüsse. Sie wären ohne Anpassungen nicht wettbewerbsfähig.

 

Rz. 6

Daher werden hier nicht nur die AVB D&O, sondern ergänzend die in der Praxis verbreiteten Klauseln berücksichtigt und diese innerhalb der Kommentierung der AVB D&O an den entsprechend systematisch passenden Stellen erläutert.

 

Rz. 7

Die am Markt verwendeten Versicherungsbedingungen nehmen häufig viele Klauseln des GDV-Modells auf. Sie enthalten aber vor allem deutlich weniger Ausschlüsse. Das GDV-Modell bietet im Verhältnis zu denen in der Praxis verwendeten Deckungskonzepten einen nur eingeschränkten Versicherungsschutz. Damit dieser Kommentar praxistauglich ist, werden daher neben dem GDV-Modell auch die in der Praxis verbreiteten Klauseln erörtert. Der Teil der Bedingungen, der die Versicherung der Organhaftung mit einem eigenen Direktanspruch der Versicherten auf Gewährung von Versicherungsschutz regelt, wird Side A-Deckung genannt. Oft wird dieser Teil durch die sog. Side B-Deckung ergänzt. Diese erfasst Fälle, in denen die Gesellschaft ihr Organmitglied von der Haftung freistellt. Durch die Side B-Deckung wird der Gesellschaft ein eigener vertraglicher Anspruch gegen den D&O-Versicherer auf Versicherungsschutz eingeräumt, der darauf abzielt, der Gesellschaft den Betrag zu erstatten, den diese im Rahmen der Freistellung aufgewandt hat (siehe dazu die Kommentierung bei A-3 AVB D&O).

 

Rz. 8

Schließlich werden die wichtigsten Anspruchsgrundlagen der Manager- und Aufsichtsratshaftung erläutert, da eine Beurteilung der versicherungsrechtlichen Deckung ohne Kenntnisse der wichtigsten Haftungsnormen nicht vorgenommen werden kann.

 

Rz. 9

Da Versicherungsnehmer meist Aktiengesellschaften oder Gesellschaften mit beschränkter Haftung sind, wird im Folgenden von der "Versicherungsnehmerin" gesprochen. Damit ist die AG oder die GmbH, aber auch die Genossenschaft, die Kommanditgesellschaft auf Aktien (KGaA) oder die GmbH & Co. KG gemeint. Auch Vereine können für ihre Organmitglieder D&O-Versicherungsschutz beziehen. "Der" Verein wird durch die Bezeichnung als "die Versicherungsnehmerin" hier ebenfalls erfasst. Ebenso soll, wenn im Folgenden allgemein vom "G...

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