Leitsatz

Das OLG Nürnberg hat sich in dieser Entscheidung mit der Frage auseinandergesetzt, ob und unter welchen Voraussetzungen die Abänderung eines Unterhaltstitels für eine mehr als ein Jahr vor Rechtshängigkeit des Herabsetzungsantrages liegende Zeit möglich ist.

Der Antragsteller war Vater von zwei minderjährigen Kindern aus seiner ersten Ehe, die ihn auf Unterhalt in Anspruch nahmen. Das AG hatte am 27.7.2011 im vereinfachten Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger einen Beschluss über laufenden Kindesunterhalt ab 1.1.2011 und rückständigen Unterhalt für den Zeitraum vom 1.10.2007 bis zum 31.12.2010 erlassen. Der Beschluss wurde dem Antragsteller am 3.8.2011 zugestellt. Mit Schriftsatz vom 4.10.2011 begehrte er durch seine Verfahrensbevollmächtigte Verfahrenskostenhilfe für ein Abänderungsverfahren nach § 240 FamFG mit dem Ziel, geringeren Rückstand sowie ab dem 1.9.2011 keinen Unterhalt mehr zahlen zu müssen.

Das AG hat Verfahrenskostenhilfe nur für eine Abänderung des Unterhaltsfestsetzungsbeschlusses hinsichtlich der innerhalb eines Jahres vor Rechtshängigkeit des Antrags fälligen Unterhaltsansprüche in bestimmter Höhe gewährt und Verfahrenskostenhilfe im Übrigen versagt.

Hiergegen wandte sich der Antragsgegner mit seiner Beschwerde.

 

Sachverhalt

Siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG hielt die Beschwerde für begründet. Mit dem angefochtenen Beschluss sei zunächst davon auszugehen, dass der Antragsteller seinen Abänderungsantrag innerhalb der in § 240 Abs. 2 S. 1 FamFG angesprochenen Monatsfrist gestellt habe. Der - nicht von der Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe abhängig gemachte - Abänderungsantrag sei am 4.10.2010 und damit innerhalb eines Monats nach der nicht vor dem 5.9.2011 eingetretenen Rechtskraft des Beschlusses vom 27.7.2011 beim AG eingegangen.

In der Literatur sei zwar streitig, ob ein solcher Abänderungsantrag i.S.d. § 240 Abs. 1 S. 1 FamFG mit Eingang bei Gericht oder erst mit der - im vorliegenden Fall noch nicht erfolgten - Zustellung an den Gegner "gestellt" sei. Die Vertreter der - wohl überwiegenden - Auffassung, die auf die Zustellung abstellen wollten, befürworteten dann allerdings die Möglichkeit einer Rückwirkung der Zustellung auf den Zeitpunkt des Eingangs des Antrages nach § 167 ZPO.

Bei dieser Sachlage sei im Rahmen dieser Entscheidung von einer Einhaltung der Monatsfrist des § 240 Abs. 2 S. 1 FamFG auszugehen.

Nach dem derzeitigen Sachstand könne eine hinreichende Erfolgsaussicht für das Herabsetzungsverlangens des Antragstellers für die Zeit ab Oktober 2007 nicht versagt werden. Das OLG hat die erstinstanzliche Entscheidung daher abgeändert und dem Antragsteller Verfahrenskostenhilfe für seinen Antrag vom 4.10.2011 ohne Einschränkung bewilligt.

 

Hinweis

In der Praxis ist unbedingt darauf zu achten, dass ein Herabsetzungsantrag gegen einen im vereinfachten Verfahren ergangenen Titel im Wege eines Abänderungsverfahrens nach § 240 FamFG innerhalb der Monatsfrist des § 240 Abs. 2 S. 2 FamFG gestellt wird.

Nur dann hat der Unterhaltspflichtige Aussichten darauf, den Festsetzungsbeschluss im Abänderungsverfahren auch hinsichtlich der vor der Jahresfrist des § 238 Abs. 3 S. 4 FamFG liegenden Zeiträume angreifen zu können.

 

Link zur Entscheidung

OLG Nürnberg, Beschluss vom 06.02.2012, 7 WF 17/12

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