Leitsatz
Geschiedene Eheleute stritten über die Abänderung titulierten nachehelichen Unterhalts ab Januar 2006.
Im Jahre 1994 hatten die Parteien in einem Verfahren über den nachehelichen Unterhalt einen Prozessvergleich geschlossen, in dem die Ehefrau sich verpflichtete, an ihren geschiedenen Ehemann monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 150,00 EUR beginnend ab 1.7.2004 zu zahlen. Als Grundlage dieser Vereinbarung wurde ein monatliches Einkommen des Ehemannes aus Kranken- bzw. Arbeitslosengeld i.H.v. von 700,00 EUR, ein Einkommen der Ehefrau i.H.v. 1.500,00 EUR zugrunde gelegt. Der Ehemann war zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses und auch weiterhin arbeitslos. Die Ehefrau arbeitete vollschichtig. Sie erwarb im September 2005 ein Einfamilienhaus, in dem sie seither wohnte.
Die geschiedene Ehefrau begehrte im Wege der Abänderungsklage Feststellung des Wegfalls ihrer Unterhaltsverpflichtung gegenüber dem geschiedenen Ehemann aus dem Prozessvergleich vom 10.6.2004, hilfsweise verlangte sie Auskunft über seine aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse. Erstinstanzlich wurde die Abänderungsklage als unzulässig und der Hilfsantrag der Klägerin als unbegründet abgewiesen.
Gegen die erstinstanzliche Entscheidung legte die Klägerin Berufung ein. Ihr erstinstanzliches Auskunftsbegehren verfolgte sie nicht weiter. Außerdem erklärten beide Parteien insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Im Rahmen der Berufung war daher nur noch über die Abänderungsklage zu entscheiden. Das Rechtsmittel der Klägerin insoweit blieb ohne Erfolg.
Sachverhalt
siehe Kurzzusammenfassung
Entscheidung
Entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts hielt das OLG die Abänderungsklage für zulässig. Der dem Abänderungsverlangen zugrunde liegende Lebenssachverhalt, auf den die Klägerin ihren Anspruch stütze, sei die seit Abschluss des Unterhaltsvergleichs wesentlich veränderte Einkommenssituation der Parteien. Dies reiche für die Zulässigkeit der Abänderungsklage aus. Ob die hierzu schlüssig vorgetragenen Tatsachen den Abänderungsantrag rechtfertigten, sei eine Frage der Begründetheit.
Im Übrigen vertrat das OLG die Auffassung, im Rahmen der zulässigen Klage auf Abänderung des zwischen den Parteien geschlossenen Prozessvergleichs sei keine Anpassung, sondern eine Neuberechnung des Unterhalts vorzunehmen.
Bei einem Prozessvergleich erfolge eine Abänderung nicht nach Maßgabe des § 323 ZPO, sondern nach den in den § 313 BGB niedergelegten Grundsätzen über die Veränderung oder den Wegfall der Geschäftsgrundlage. Ob eine solche Änderung eingetreten sei, richte sich nach dem Parteiwillen als dem Geltungsgrund des Vergleichs. Sei in den danach maßgeblichen Verhältnissen seit Abschluss des Vergleichs eine Änderung eingetreten, so müsse die gebotene Anpassung der getroffenen Regelung an die veränderten Verhältnisse nach Möglichkeit unter Wahrung des Parteiwillens und der ihm entsprechenden Grundlagen erfolgen. Hätten sich diese Grundlagen allerdings so tiefgreifend geändert, dass dem Parteiwillen für die vorzunehmende Änderung kein hinreichender Anhaltspunkt mehr zu entnehmen sei, könne in Betracht kommen, die Abänderung ausnahmsweise ohne fortwirkende Bindung an die - unbrauchbar gewordenen - Grundlagen des abzuändernden Vergleichs vorzunehmen und den Unterhalt wie bei einer Erstfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften zu bemessen (vgl. hierzu BGH v. 3.5.2001 - XII ZR 62/99, MDR 2001, 993 = BGHReport 2001, 695 = FamRZ 2001, 1140 [1142]).
Entsprechendes gelte, wenn sich dem Vergleich nicht verlässlich entnehmen lasse, auf welcher Geschäftsgrundlage er abgeschlossen worden sei. Dies gelte namentlich dann, wenn sich die Berechnung des im Vergleich titulierten Unterhalts unter Zugrundlegung der verschiedenen Faktoren nicht mehr nachvollziehen lasse. In einem solchen Fall bleibe nur die Möglichkeit, den nunmehr geschuldeten Unterhalt wie bei einer Erstfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften neu zu bemessen. Eine Bindung durch oder an den Prozessvergleich komme dann nicht in Betracht (vgl. hierzu BGH v. 3.5.2001 - XII ZR 62/99, MDR 2001, 993 = BGHReport 2001, 695 = FamRZ 2001, 1143).
Nach Auffassung des OLG waren im vorliegenden Fall eben diese Voraussetzungen gegeben, so dass eine völlige Neuberechnung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs des Beklagten nach materiellem Unterhaltsrecht zu erfolgen hatte.
Nach der insoweit vom OLG vorgenommenen Berechnung konnte die Klägerin mit ihrem Abänderungsbegehren nicht durchdringen.
Link zur Entscheidung
Brandenburgisches OLG, Urteil vom 12.09.2006, 10 UF 96/06