Entscheidungsstichwort (Thema)
Abänderung eines Vergleichs über nachehelichen Unterhalt
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Abänderung eines Prozessvergleichs erfolgt nicht nach Maßgabe des § 323 ZPO, sondern nach den in § 313 BGB niedergelegten Grundsätzen über die Störung der Geschäftsgrundlage.
2. Ist eine so tiefgreifende Änderung der Vergleichsgrundlage eingetreten, dass dem Parteiwillen für die vorzunehmende Änderung kein hinreichender Anhaltspunkt mehr entnommen werden kann, ist eine Abänderung ausnahmsweise ohne fortwirkende Bindung an die Grundlagen des abzuändernden Vergleichs vorzunehmen. Im Fall einer Unterhaltsregelung ist der Unterhalt daher wie bei einer Erstfestsetzung nach den gesetzlichen Vorschriften zu bemessen. Dies gilt insbesondere dann, wenn sich die Berechnung des im Vergleich titulierten Unterhalts unter Zugrundelegung der verschiedenen Faktoren nicht mehr nachvollziehen lässt.
Normenkette
BGB § 313; ZPO § 323 Abs. 1
Verfahrensgang
AG Perleberg (Urteil vom 12.04.2006; Aktenzeichen 19 F 5/06) |
Tenor
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des AG Perleberg vom 12.4.2006 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Wert des Berufungsverfahrens wird auf 1.950 EUR festgesetzt.
Gründe
Die Parteien streiten über die Abänderung von tituliertem nachehelichen Unterhalt ab 1/2006
Die im Oktober 1957 geborene Klägerin und der im Juli 1959 geborene Beklagte waren Eheleute. Ihre Ehe ist rechtskräftig geschieden. In einem vorangegangenen Verfahren (14 F 193/03) schlossen die Parteien vor dem AG Meldorf am 10.6.2004 u.a. über den nachehelichen Unterhalt einen Prozessvergleich mit folgendem Wortlaut:
"III. Die Beklagte verpflichtet sich, an den Kläger einen monatlichen nachehelichen Unterhalt i.H.v. 150 EUR zu zahlen, zahlbar monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines Monats, beginnend ab 1.7.2004.
IV. Grundlage der Unterhaltsvereinbarung ist ein monatliches Einkommen des Klägers aus Krankengeld bzw. Arbeitslosengeld i.H.v. 700 EUR, ein Einkommen der Beklagten i.H.v. 1.500 EUR."
Der Beklagte war bei Vergleichsabschluss und ist bis heute arbeitslos. Die Klägerin arbeitet vollschichtig. Im September 2005 erwarb sie ein Einfamilienhaus in H.., in dem sie heute wohnt.
Die Klägerin hat in erster Instanz im Wege der Abänderungskläger begehrt, den Wegfall ihrer Verpflichtung zur Zahlung von nachehelichem Unterhalt an den Beklagten aus dem Prozessvergleich vom 10.6.2004 ab 1/2006 festzustellen, hilfsweise hat sie Auskunft über die aktuellen Einkommens- und Vermögensverhältnisse des Beklagten verlangt. Auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils wird Bezug genommen.
Das AG hat die Abänderungsklage als unzulässig (mangels Änderung der bei Vergleichsabschluss maßgeblichen Verhältnisse) und den Hilfsantrag der Klägerin als unbegründet (wegen vollständiger Erfüllung ihres Auskunftsbegehrens) abgewiesen.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie insb. geltend macht:
Die Verhältnisse hätten sich vor allem durch den Erwerb ihres Einfamilienhauses so verändert, dass sie auf Grund ihrer Kreditverpflichtungen auch unter Berücksichtigung eines Wohnvorteils nicht mehr leistungsfähig sei. Es sei unzumutbar, zur Sicherung des Unterhaltsanspruchs des Beklagten auf diese Eigentumsbildung zu verzichten, zumal diese ihrer Altersvorsorge diene.
Der Beklagte sei nicht mehr krankheitsbedingt arbeitsunfähig, sodass er sich wegen Verletzung seiner Erwerbsobliegenheit ein fiktives Erwerbseinkommen zurechnen lassen müsse. Ferner sei sein Bedarf wegen des Zusammenlebens mit seiner neuen Lebensgefährtin zu kürzen. Davon abgesehen verfüge der Beklagte tatsächlich über ausreichende Einkünfte in Form von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. In jedem Fall stehe ihr ein Zurückbehaltungsrecht ggü. der Unterhaltsforderung zu, weil der Beklagte nicht dargelegt habe, warum er nicht arbeite und selbst für seinen Unterhalt sorge.
Die Klägerin beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern und den Vergleich des AG Meldorf vom 10.6.2004 - 14 F 193/03 - zu Ziff. III dahingehend abzuändern, dass sie an den Beklagten ab dem 1.1.2006 keinen laufenden nachehelichen Ehegattenunterhalt mehr zu zahlen hat, und den Beklagten zu verurteilen, die vollstreckbare Ausfertigung des Vergleichs an sie herauszugeben.
Der Beklagte beantragt die Zurückweisung der Berufung und hält die von der Klägerin einkommensmindernd geltend gemachten Positionen nicht für abzugsfähig.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen Bezug genommen.
II. Die Klägerin hat in der Berufungsinstanz ihr erstinstanzliches Auskunftsbegehren nicht weiterverfolgt. Außerdem haben beide Parteien insoweit den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Es ist daher im Rahmen der zulässigen Berufung nur noch über die Abänderungsklage der Klägerin zu entscheiden. Diese ist zwar zulässig aber unbegründet, ...