Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Keine Bindung eines Sonderrechtsnachfolgers an Vereinbarungen zwischen den ursprünglichen Eigentümern, wenn eine Grundbucheintragung unterblieben ist
Normenkette
§ 10 Abs. 2, 5 WEG, § 23 WEG; § 985 BGB, § 242 BGB, § 892 BGB; § 265 ZPO
Kommentar
1. Auch nach Veräußerung seines Wohnungseigentums bleibt der vormalige Eigentümer (Kläger) weiterhin klagebefugt ( § 265 ZPO); im vorliegenden Fall musste er lediglich seinen Herausgabeantrag (hinsichtlich einer Garage) auf Leistung an den Rechtsnachfolger (Erwerber) umstellen.
2. Ein Sonderrechtsnachfolger ist auch - abweichend von § 892 BGB - bei positiver Kenntnis von getroffenen Vereinbarungen zwischen den ursprünglichen Eigentümern nicht an diese gebunden, wenn eine Grundbucheintragung unterblieben ist. Gegen Sonderrechtsnachfolger entfalten Vereinbarungen ohne Grundbucheintragung also selbst dann keine Bindungswirkung, wenn Erwerber positive Kenntnis von solchen Vereinbarungen besitzen (Röll, Münchener Kommentar WEG § 10 Rn. 7; a.A. Ertl, DNotZ 1979, 283).
3. Ob Absprachen zwischen Eigentümern als Beschlüsse oder Vereinbarungen zu werten sind, richtet sich nach deren Inhalt. Auch Rechtsnachfolger bindende Beschlüsse ( § 10 Abs. 3 WEG) liegen nur dann vor, wenn inhaltlich Regelungen des Gemeinschaftslebens getroffen werden (vgl. auch OLG Karlsruhe, MDR 1983, 672); diese sind dann auch einer Mehrheitsentscheidung zugänglich (Weitnauer, 8. Auflage, § 10 Rn. 28). Ob eine unter Mitwirkung aller Eigentümer im schriftlichen Verfahren getroffene Regelung als Eigentümerbeschluss auszulegen ist oder als Vereinbarung, beurteilt sich also entscheidend nach deren Inhalt; eine Vereinbarung ist regelmäßig dann anzunehmen, wenn ein Mehrheitsbeschluss nicht möglich wäre. Die Begründung eines Nutzungsrechts eines Eigentümers kann nicht durch Mehrheitsbeschluss begründet werden; hierzu bedarf es vielmehr einer Vereinbarung.
Link zur Entscheidung
( OLG Hamburg, Urteil vom 26.08.1999, 10 U 41/98 = WE 11/2000, 246)
zu Gruppe 3: Begründung, Erwerb und Veräußerung; Umwandlung
Anmerkung:
Diese Auffassung des Hamburger Rechtsbeschwerdesenats entspricht auch der bekannten Meinung von Wenzel (Festschrift für Hagen 1999, Seite 233) und gilt zwischenzeitlich auch als höchstrichterlich entschieden (vgl. BGH vom 20.9.2000). Vgl. zur Abgrenzung Beschluss/Vereinbarung auch OLG Zweibrücken, DWE 1998, 36ff. Auch die ausdrückliche Bezeichnung einer Regelung als Beschluss soll einer Auslegung als (schuldrechtliche) Vereinbarung nicht entgegenstehen.
In dieser schwierigen Grenzfrage (sicher nicht zur Begründung von auf Dauer ohne Gegenleistung angelegten Sondernutzungsrechten) allein im Sinne der wohl derzeit h.R.M. auf den Regelungs-Gegenstand und -Inhalt in streitiger Auslegung abzustellen, erscheint mir nach wie vor nicht ausreichend und auch nicht stets problemlösend; m.E. sollten in solchen Grenzfragen auch der Wille der Eigentümer Berücksichtigung finden, ebenso Äußerlichkeiten der Regelungsform. Muss nach h.R.M. bei allstimmiger Zustimmung allein nach dem Inhalt des Entscheidungsthemas von einer (schuldrechtlichen) Vereinbarung gesprochen werden, könnte dies m.E. - bei gewollter Beschlussregelung und Bindungswirkung auch gegenüber Rechtsnachfolgern - mit einer "erbetenen" Gegenstimme "unterlaufen" werden, um dann von einem einfachen Mehrheitsbeschluss, dann auch mit Bindungswirkung und gegen Rechtsnachfolger, sprechen zu können (im Sinne des § 10 Abs. 3 WEG); eine solche Vorgehensweise und Rechtsfolge dürfte sicher von der h.R.M. nicht gewollt sein, will und muss man nicht generell - zu SNR- Begründungen - bereits eine Beschlusskompetenz im Sinne der neuen BGH-Entscheidung vom 20.9.2000 verneinen (mit Beschluss-Nichtigkeitsfolge).