Leitsatz
Der Begriff "unmittelbar mit dem Preis zusammenhängende Subventionen" i.S.v. Artikel 11 Teil A Absatz 1 Buchstabe a der 6. EG-RL – Gemeinsames Mehrwertsteuersystem, einheitliche steuerpflichtige Bemessungsgrundlage – ist dahin auszulegen, dass er nur die Subventionen erfasst, die vollständig oder teilweise die Gegenleistung für die Lieferung von Gegenständen oder von Dienstleistungen sind und dem Verkäufer oder Dienstleistungserbringer von einem Dritten gezahlt worden sind. Es ist Sache des vorlegenden Gerichts, anhand der ihm unterbreiteten Tatsachen festzustellen, ob die Subvention eine solche Gegenleistung darstellt.
Normenkette
Art. 11 Teil A Abs. 1 Buchst. a der 6. EG-RL , § 10 Abs.1 UStG
Sachverhalt
Das OPW war eine private Vereinigung ohne Erwerbszweck, deren Tätigkeit die Werbung für wallonische landwirtschaftliche Produkte und deren Verkauf (insoweit mehrwertsteuerpflichtig) war. Das OPW erhielt aufgrund einer Rahmenvereinbarung einen jährlichen Zuschuss für die Herausgabe eines Verzeichnisses, Herausgabe der Zeitschrift, Betreuung dezentralisierter Nebenstellen und Teilnahme an örtlichen Veranstaltungen.
Die belgische Steuerverwaltung beurteilte den Zuschuss als zusätzliches Entgelt.
Entscheidung
Das nationale Gericht muss prüfen, ob nach der Jahresabrechnung die Zuschüsse den einzelnen Verpflichtungen zugeordnet werden können und ob der Zuschuss gekürzt werden konnte, wenn die Verpflichtung ganz oder teilweise nicht erfüllt wird (z.B. Gegenstand wird nicht hergestellt).
Weiterhin ist der tatsächliche Verkaufspreis mit dem normalen Gestehungspreis zu vergleichen, um festzustellen, woran der Zuschuss orientiert ist.
Hinweis
Art. 11 der 6. RL und § 10 Abs. 1 UStG haben zwar nicht den gleichen Wortlaut, führen aber zum selben Ergebnis. Entscheidend ist (so EuGH und BFH), dass zwischen Leistung und Gegenleistung ein unmittelbarer Zusammenhang besteht, der sich regelmäßig aus dem "Rechtsverhältnis" zwischen Leistendem und Leistungsempfänger ergibt. Das gilt auch für Leistungen Dritter, insbesondere die in Art. 11 der 6. RL ausdrücklich erwähnten Subventionen.
Für die Abgrenzung Zuschuss oder zusätzliches Entgelt gilt: Es handelt sich um Fälle mit jeweils drei Beteiligten:
- dem Subventionsgeber,
- der Einrichtung, die die Subvention erhält, und
- dem Empfänger der von der subventionierten Einrichtung erbrachten Lieferung/Leistung.
Kein unmittelbarer Zusammenhang liegt vor, wenn sich die Subvention – wie praktisch jeder betriebliche Zuschuss – lediglich auf den Selbstkostenpreis der von der subventionierten Einrichtung erbrachten Leistungen auswirkt. Die Subvention an die Einrichtung muss gerade für die Lieferung eines bestimmten Gegenstands oder die Erbringung einer bestimmten Dienstleistung gezahlt werden.
Anhaltspunkte dafür sind:
- der Preis für die betreffende Lieferung oder sonstige Leistung muss in seinen Grundzügen spätestens zum Zeitpunkt der Zahlung bestimmbar gewesen sein;
- der vom Leistungsempfänger zu zahlende Preis muss so festgesetzt sein, dass er sich entsprechend der dem Leistenden gewährten Subvention ermäßigt; d.h. die Subvention muss in die Kalkulation des Preises einfließen;
- dem Leistungsempfänger muss die Subvention zu Gute kommen;
- der Subventionsempfänger hat einen Anspruch auf Auszahlung der Subvention, wenn er den betreffenden Umsatz bewirkt hat;
- die Verknüpfung zwischen Subvention und Leistung muss eindeutig zum Ausdruck kommen (signifikant, aber nicht centgenau).
Link zur Entscheidung
EuGH, Urteil vom 22.11.2001, Rs. C-184/00 EuGH