Leitsatz

Verwalter muss nach Auffassung des OLG Köln alle Abrechnungsunterlagen (auch Einzelabrechnungen) in der Eigentümerversammlung bereithalten und vor Beschlussfassung auf deren Vorhandensein und Einsichtsmöglichkeit hinweisen!

 

Normenkette

§ 28 Abs. 3 und Abs. 1 WEG, § 259 BGB, § 269 BGB

 

Kommentar

1. Ein Abrechnungsgenehmigungsbeschluss bezieht sich nicht nur auf die Jahresgesamtabrechnung, sondern auch auf alle Einzelabrechnungen (h.R.M.).

Eine Beschlussfassung ohne Möglichkeit der sachgerechten Vorprüfung aller Gegenstände des Beschlusses ist keinem Eigentümer zumutbar; jeder Eigentümer muss die Chance haben, zu kontrollieren, ob in den Einzelabrechnungen der anderen Miteigentümer zu hohe Guthaben oder zu niedrige Nachzahlungen zulasten der Gemeinschaft und damit mittelbar zum eigenen Nachteil eingesetzt sind. Da entsprechende Fehler nach Eintritt der Bestandskraft eines Abrechnungsgenehmigungsbeschlusses nicht mehr zu beheben sind, ist Eigentümern zeitlich vor einer Beschlussfassung in zumutbarer Weise die Möglichkeit zu geben, den Beschlussgegenstand zu prüfen. Aus diesem Grund hat der Verwalter das Recht eines jeden Eigentümers auf Einsicht in die Abrechnungen der anderen Miteigentümer in effektiver und sinnvoller Weise sicherzustellen. Mit dem Auskunftsanspruch der Eigentümer korrespondiert die Auskunftspflicht des Verwalters analog § 259 BGB. Hinsichtlich seiner Informationspflicht hat er jedoch einen gewissen Ermessensspielraum. Bei kleineren Gemeinschaften bietet es sich an, die Gesamtabrechnung inkl. aller Einzelabrechnungen jedem einzelnen Eigentümer vorab zukommen zu lassen. Mindestanforderung für eine ordnungsgemäße Information ist jedoch, dass vor (und auch während) der Eigentümerversammlung Eigentümern uneingeschränkt und in zumutbarer Weise Gelegenheit gegeben wird, in die Einzelabrechnungen sämtlicher Miteigentümer einzusehen (insoweit ebenfalls h.R.M.). Die Offenlegung der Unterlagen hat dabei zeitlich so zu erfolgen, dass vor der Versammlung für den einzelnen Eigentümer ausreichend Zeit bleibt, die Einzelabrechnungen aller Miteigentümer zu prüfen.

Durch Bereitstellung der Unterlagen in seinem Büro kann der Verwalter seinen Auskunftspflichten nicht genügen. Entsprechend § 269 Abs. 1 BGB ist vielmehr aus der Natur des Schuldverhältnisses zu fordern, dass die Auskünfte dort gegeben werden, wo sie benötigt werden (so schon OLG Karlsruhe, NJW 69, 1969, 1969), also am Ort der Eigentümerversammlung. Die in der Literatur (Merle in Bärmann/Pick/Merle, Kommentar WEG, § 28 Rn. 84) und vor allem von Seiten der Verwalter vertretenen Ansicht, es genüge, dass jedem Eigentümer das Recht zugebilligt werde, im Verwalterbüro die Unterlagen einzusehen, ist mit dieser gesetzlichen Regelung des Leistungsortes ( § 269 Abs. 1 BGB) nicht vereinbar. Sie führt darüber hinaus zu einer unbilligen Benachteiligung der interessierten Eigentümer, die zur Verwirklichung des Auskunftsanspruches je nach Lage des Verwalterbüros erhebliche Wege auf sich zu nehmen hätten. Berechtigte Belange der Verwalter und Kostengesichtspunkte stehen demgegenüber einem Bereithalten der Unterlagen am Ort der Eigentümerversammlung auch bei großen Wohnungseigentumsanlagen nicht entgegen.

2. Im vorliegenden Fall sei der Verwalter seinen Pflichten nicht in hinreichender Weise nachgekommen; es genüge nämlich nicht, dass der Verwalter die entsprechenden Unterlagen bei der Eigentümerversammlung mitgeführt habe, ohne auf deren Vorhandensein und die Einsichtsmöglichkeit auch schon vorab hinzuweisen. Für die Eigentümer habe damit keine erkennbare Möglichkeit bestanden, vor der Beschlussfassung die hier zugrunde liegenden Abrechnungen zu überprüfen. Es sei darüber hinaus nicht ersichtlich gewesen, dass vor der Versammlung am Versammlungsort die Chance zur durchgreifenden und sinnvollen Wahrnehmung des Auskunftsrechts eingeräumt worden sei.

3. Wert des Beschwerdegegenstandes: DM 75.000,-.

 

Link zur Entscheidung

( OLG Köln, Beschluss vom 04.06.1997, 16 Wx 87/97= WM 1/98, 50)

zu Gruppe 4: Wohnungseigentumsverwaltung

Anmerkung:

Auch dieses neuerliche Entscheidungsergebnis des OLG Köln erscheint mir aus Sicht der Verwalter "zu streng" und auch für Eigentümer unnötig (i.Ü. auch praxisunüblich). Unbestritten war und ist es bisher h.R.M., dass interessierte Eigentümer vor, bei oder nach einer Eigentümerversammlung auch zu anderen Miteigentümereinzelabrechnungen Fragen an einen Verwalter stellen und auch Einsicht in diese Verwaltungsunterlagen nehmen können. Liegt ein Verwalterbüro vom Wohnsitz eines interessierten Eigentümers weit entfernt, können auch Kopien dieser Unterlagen auf dem Postweg angefordert werden (gegen Kopie- und Portokostenerstattungszusage). Damit dürfte den Informationsinteressen der Eigentümer im Rahmen der Richtigkeitskontrolle anderer Einzelabrechnungen ausreichend Genüge geleistet sein, ebenso den gesetzlichen Regelungen.

Das Gebot des OLG Köln, von einem Verwalter fordern zu können, dass er - auch in größeren Gemeinschaften - stets zum Versamm...

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