Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 21 WEG, § 28 WEG, § 259 BGB
Kommentar
1. Eine Gemeinschaft hatte mehrheitlich folgenden Beschluss gefasst:
Aus Kostengründen wünschen die Eigentümer nicht den Versand von Listen, die den Abrechnungssaldenstand jedes einzelnen Eigentümers beinhalten. Diese Saldenlisten liegen zur Einsicht bereit:
a) bei den Eigentümerversammlungen
b) ständig im Verwalterbüro.
Diese Einsichtsmöglichkeit ersetzt den Versand durch den Verwalter und ist damit Inhalt der Abrechnung sowie Bestandteil des Beschlusses über die Abrechnung. Diese Regelung soll für alle zurückliegenden Abrechnungen ab 1988 und für alle zukünftigen Abrechnungen (einschl. des Jahres 1992) gelten.
Alle drei Kölner Instanzen haben auf fristgerechte Anfechtung hin diesen Beschluss für ungültig erklärt.
2. a) Das Oberlandesgericht Köln führte u. a. aus, dass zwar der seinerzeitige Anfechtungsantrag gegen den Verwalter und nicht ausdrücklich gegen die restlichen Miteigentümer gerichtet worden sei (Klarstellung sei erst nach Ablauf der einmonatigen Anfechtungsfrist erfolgt), dass sich allerdings aus gebotener Auslegung der Antragsschrift auch der Wille des Antragstellers unzweifelhaft ergeben habe, dass sich sein Antrag gegen die übrigen Eigentümer im Sinne des § 43 Abs. 1 Nr. 1 und 4 WEG gerichtet habe (was sich auch der Antragsbegründung entnehmen lasse).
b) Dahinstehen könne auch, ob ein beachtlicher Verfahrensfehler bei der seinerzeitigen Beschlussfassung schon darin liege, dass der bevollmächtigte Rechtsanwalt der Antragstellerseite in der Versammlung wegen der von ihm vorgetragenen Einwendungen zum Verlassen des Raumes aufgefordert worden sei. Im Kern gehe es den Parteien um die Klärung des Beschlussinhaltes selbst, also insbesondere darum, in welcher Form eine Verwaltung die nach § 28 Abs. 3 WEG zu erstellenden Jahresabrechnungen den einzelnen Miteigentümern zur Kenntnis bringen müsse.
c) Welche Kostenarten in einer Abrechnung eingestellt werden könnten, sei vorliegend in der Teilungserklärung geregelt. Zur hier maßgebenden Frage, wie eine Abrechnung inhaltlich ausgestaltet werden müsse, schweige allerdings die Teilungserklärung ebenso wie das WEG, so dass insoweit auf § 259 BGB zurückgegriffen werden könne. Danach gehöre zu jeder Gesamtabrechnung zunächst eine geordnete Zusammenstellung der Einnahmen und Ausgaben (vgl. auch BayObLG, NJW-RR 90, 1107, 1108); weiterhin müsse die Gesamtjahresabrechnung die Aufteilung des Ergebnisses auf die einzelnen Eigentümer enthalten. Durch den die Abrechnung billigenden Eigentümerbeschluss werde nicht nur die Jahresabrechnung, sondern es würden auch die in ihr festgesetzten Zahlungspflichten oder Rückerstattungsansprüche der einzelnen Eigentümer verbindlich (vgl. ebenfalls BayObLGZ 1977, 89/91, NJW-RR 89, 1163).
Soweit die in Antragsgegnerschaft stehenden Miteigentümer meinten, es genüge, wenn sie die Einzelabrechnungen zur Einsicht bereit hielten, könne dem nicht gefolgt werden. Der Verwalter müsse dem Wohnungseigentümer alles zusenden, was zur Abrechnung gehöre, also auch die Aufteilung der Saldenergebnisse der restlichen Eigentümer. Mit der streitbefangenen Beschlussfassung. die darauf abziele, die Aufteilung des Ergebnisses auf die einzelnen Eigentümer nicht mehr zu versenden, sei dieser Forderung und der Vereinbarung in der Teilungserklärung, die Abrechnung den Wohnungseigentümern schriftlich mitzuteilen, nicht mehr Genüge geleistet; die Teilungserklärungsregelung könne nicht durch Mehrheitsbeschluss abgeändert werden.
Der Beschluss entspreche auch nicht Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung ( § 21 WEG), da die insoweit vorgenommene Beschränkung der Einsichtnahme in Einzelabrechnungen nicht durch Mehrheitsbeschluss abdingbar sei, zumal elementare Rechte der Wohnungseigentümer insoweit berührt seien. Nur wenn jeder Miteigentümer die in den Saldenlisten enthaltenen Einzelabrechnungen nach Fertigstellung der Abrechnungen in Händen halten könne, werde der einzelne Eigentümer wirksam kontrollieren und beurteilen können, ob der Verwalter seinen Verpflichtungen aus dem Verwaltervertrag nachgekommen und ob das von jedem der übrigen Eigentümer zu zahlende Wohngeld richtig berechnet
worden sei; diese Einschätzung sei unverzichtbar, um jedem Miteigentümer eine zutreffende Grundlage für die spätere Beschlussfassung über die Gesamt- wie auch die Einzelabrechnung an die Hand zu geben. Eigentümern könne nicht auferlegt werden, die Abrechnung ohne die Chance einer sachgerechten Vorprüfung zu genehmigen. Mit gleichlautender Begründung sei in der Rechtsprechung deshalb jede Einschränkung in die Einsichtnahme in die Abrechnungsunterlagen abgelehnt worden (vgl. BayObLGZ 72, 161/166; 1978, 231; OLG Karlsruhe, NJW 69, 1968; MDR 76, 758).
Das von den Antragsgegnern beschlossene Verfahren erscheine auch nicht praktikabel und berge in sich die Gefahr neuer Streitigkeiten. Könnten Eigentümer erst in der Versammlung Einsicht in Abrechnungsunterlagen nehmen und dabei die Notwendigkeit feststellen, vor einer Billigung der Einzelabrechnung ...