Leitsatz

Kein Stimmrecht des Verwalters bei Beschlussfassung über seine Entlastung (auch nicht in Vollmacht für andere Eigentümer); weisungsfreie Unterbevollmächtigung möglich

 

Normenkette

(§§ 25 Abs. 5, 26 Abs. 1, 44 WEG; § 12 FGG)

 

Kommentar

  1. Der Verwalter kann nicht wirksam als Vertreter stimmberechtigter Wohnungseigentümer über seine eigene Entlastung abstimmen (h.R.M.). Mangels anderer Vereinbarung in der Gemeinschaftsordnung kann er aber im Rahmen der ihm erteilten Vollmacht unter der Voraussetzung Untervollmacht erteilen, dass diese nicht mit der Umgehung seines Stimmrechts dienenden Weisungen verbunden ist.
  2. Die durch einen nicht wirksam Bevollmächtigten erfolgte Stimmabgabe ist unabhängig davon unwirksam, ob sie für einen Nichtstimmberechtigten oder für einen Stimmberechtigten erfolgt.
  3. Die für (mangels wirksamer Untervollmacht nicht ordnungsgemäß) vertretene Eigentümer abgegebenen Stimmen sind nicht nur bei der rechnerischen Bestimmung des Abstimmungsergebnisses, sondern auch bei der Ermittlung der Anzahl der für einen Mehrheitsbeschluss erforderlichen Stimmen nicht zu berücksichtigen.
  4. Die Beschlussfähigkeit ist nicht für die Versammlung insgesamt, sondern für jede einzelne Beschlussfassung getrennt zur beurteilen (h.R.M.).
  5. Die das Gericht im WEG-Verfahren treffende Amtsermittlungspflicht ist nicht schrankenlos, sondern besteht nur im Rahmen des von den Beteiligten dargelegten Streitstoffs.
 

Link zur Entscheidung

(OLG Karlsruhe, Beschluss vom 27.05.2002, 14 Wx 91/01, ZMR 4/2003, 289)

Anmerkung

Ist ein bevollmächtigter Beteiligter vom Stimmrecht nach § 25 Abs. 5 WEG ausgeschlossen, kann er nach h.R.M. auch keine Vollmachtsstimmen in diesem Fall wahrnehmen. Er kann jedoch grundsätzlich solche Vollmachtsstimmen auf andere, stimmberechtigte Beteiligte weisungsfrei übertragen (so auch bisherige Rechtsprechung des KG). Eine solche Übertragung (Unterbevollmächtigung) wäre nach ausdrücklicher oder entsprechend auszulegender Regelung im Innenverhältnis (Auftrag/Gefälligkeit) zwischen Vollmachtgeber und Vollmachtnehmer nur dann ausgeschlossen, wenn dies dem Willen des Vollmachtgebers entsprechen sollte, die Vollmacht also höchstpersönlich nur an einen bestimmten Beteiligten ohne Übertragungsberechtigung erteilt sein sollte (wohl selten der Fall). Das Innenverhältnis spielt im Verhältnis zur Gemeinschaft bei Abstimmungsvorgängen insoweit keine Rolle.

Dass erkennbar ungültige Stimmen bei einer Beschlussergebnisverkündung durch einen Versammlungsleiter nicht zu berücksichtigen sind, entspricht auch neuerlicher BGH-Rechtsprechung.

Dass eine Beschlussfähigkeit grundsätzlich zu jedem Beschlusspunkt gegeben sein muss, ist ebenfalls seit langem unbestritten. Gleiches gilt für die Einschränkung richterlicher Amtsermittlungspflicht und für das Gebot der Stoffbeibringungspflicht durch die Verfahrensbeteiligten. Diese könnten m.E. sogar einen gerichtlichen Streitstoff ausdrücklich begrenzen (im Einzelfall sicher strittig).

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