FinMin Thüringen, Erlass vom 1.4.2021, S 3730 - 13 - 22.19
1. Allgemeines und Anwendung
Durch Artikel 34 des Jahressteuergesetzes (JStG) 2020 vom 21.12.2020 wird das ErbStG für Besteuerungszeitpunkte nach dem 28.12.2020 (§ 37 Abs. 18 ErbStG) insbesondere hinsichtlich der §§
- 3 Abs. 2 Nr. 5;
- 5 Abs. 1 S. 6;
- 10 Abs. 1, 6 und 8;
- 13 Abs. 1 Nr. 9a;
- 13a Abs. 9a;
- 13b Abs. 10 S. 1;
- 14 Abs. 2;
- 30 Abs. 5;
- 31 Abs. 1 S. 3 und 4 sowie
- 35 Abs. 4
geändert, vgl. BGBl 2020 I S. 3096 vom 28.12.2020 (Anlagen 1 und 2 [hier nicht enthalten]), Veröffentlichung auch im BStBl I 2021 S 6.
Ich weise darauf hin, dass die Gesetzesänderungen im amtlichen ErbSt-Handbuch 2020 noch nicht enthalten und daher ggf. handschriftliche Anmerkungen sinnvoll sind.
2. § 3 Abs. 2 Nr. 5 ErbStG – Abfindung für ein angenommenes Vermächtnis
Nach dem für das Erbschaftsteuerrecht maßgeblichen Zivilrecht existiert für ein Vermächtnis keine Ausschlagungsfrist. Mit der Änderung wird klargestellt, dass die Abfindung gewährt wird für ein angenommenes Vermächtnis, das wegen der Annahme nicht mehr ausgeschlagen werden kann.
3. § 5 Abs. 1 ErbStG – Ausschluss einer Doppelbegünstigung bei der Ermittlung des nicht steuerbaren Zugewinns
§ 5 Abs. 1 ErbStG gewährt im Falle des Todes eines Ehegatten oder Lebenspartners dem überlebenden Ehegatten oder Lebenspartner eine Steuerbefreiung in Höhe der Ausgleichsforderung, die er als Zugewinnausgleich nach § 1371 Abs. 2 BGB hätte geltend machen können, wenn er nicht Erbe geworden wäre und ihm auch kein Vermächtnis zustünde.
Um eine Doppelbegünstigung auszuschließen, wenn zum Nachlass des Erblassers (teilweise) steuerbefreites Vermögen gehört (z. B. Familienheim), ist die abzugsfähige fiktive Ausgleichsforderung künftig zu kürzen. Hierfür ist das Verhältnis zwischen dem um die Steuerbefreiungen geminderten Wert des Endvermögens zum Wert des Endvermögens zugrunde zu legen.
4. § 10 Abs. 1 ErbStG – Behandlung von Steuererstattungsansprüchen
Nach § 10 Abs. 1 S. 3 ErbStG sind künftig auch die vom Erblasser herrührenden Steuererstattungsansprüche des Erblassers in die Ermittlung der Bereicherung einzubeziehen, auch wenn sie erst nach dem Tod des Erblassers entstanden sind.
Die bisherige Ungleichbehandlung von Steuerschulden (vgl. BFH-Urteil vom 04.07.2012, II R 15/11, BStBl II S. 790) und Steuererstattungsansprüchen für das Todesjahr (vgl. BFH-Urteil vom 16.01.2008, II R 30/06, BStBl II S. 626) wird damit beseitigt.
5. § 10 Abs. 6 ErbStG – Schuldenabzug bei ganz oder teilweise steuerbefreitem Vermögen
Der BFH hat in seinem Urteil vom 22.07.2015, II R 12/14, BStBl 2016 II S. 230 entschieden, dass ein wirtschaftlicher Zusammenhang mit den einzelnen Vermögensgegenständen bei Verpflichtungen zur Zahlung des geltend gemachten Pflichtteils und des Zugewinnausgleichs an den überlebenden Ehegatten des Erblassers nicht besteht.
Nach dem weiteren BFH-Urteil vom 22. Juli 2015, II R 1/13, BStBl 2016 II S. 228, gilt dies auch für den Fall eines auf Geld gerichteten Untervermächtnisses.
Der BFH sieht den von § 10 Abs. 6 ErbStG vorausgesetzten wirtschaftlichen Zusammenhang nur als gegeben an, wenn Schulden und Lasten bestimmten zum Nachlass gehörenden Vermögensgegenständen zugeordnet werden können. Diese Rechtsprechung hat dazu geführt, dass Zahlungen aufgrund eines Pflichtteils, eines Zugewinnausgleichs oder eines Vermächtnisses bisher in voller Höhe als Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden konnten, auch wenn zum Nachlass ganz oder teilweise steuerbefreite Vermögensgegenstände gehören.
Nach dem neuen S. 5 in § 10 Abs. 6 ErbStG sind Schulden und Lasten, die nicht in wirtschaftlichem Zusammenhang mit einzelnen Vermögensgegenständen stehen, künftig anteilig allen Vermögensgegenständen des Erwerbs zuzurechnen. Damit wird ein ungerechtfertigter steuerlicher Vorteil durch den unbegrenzten Abzug von Schulden und Lasten vermieden.
Der jeweilige Anteil bemisst sich dabei nach dem Verhältnis des Werts des einzelnen Vermögensgegenstands abzüglich der ihm direkt zuzuordnenden Schulden und Lasten zum Gesamtwert aller Vermögensgegenstände nach Abzug aller direkt zuzuordnenden Schulden und Lasten (§ 10 Abs. 6 S. 7 ErbStG). Bei einer Steuerbefreiung nach §§ 13a und 13c ErbStG ist bei der Aufteilung nicht auf den einzelnen Vermögensgegenstand, sondern auf die Summe des begünstigten Vermögens abzustellen, da die Steuerbefreiung auf den Gesamtbetrag des begünstigten Vermögens gewährt wird (§ 10 Abs. 6 S. 8 ErbStG).
Nach den Sätzen 9 und 10 ist der Abzug der anteiligen Schulden und Lasten begrenzt, soweit der Vermögensgegenstand steuerfrei ist bzw. bei einer Steuerbefreiung nach den §§ 13a und 13c ErbStG, soweit für das begünstigte Vermögen eine Steuerbefreiung zu gewähren ist.
Wie bisher bleibt ein Abzug von Schulden und Lasten ausgeschlossen, soweit diese mit steuerbefreiten Vermögensgegenständen in wirtschaftlichem Zusammenhang stehen (§ 10 Abs. 6 S. 3 ErbStG). Schulden und Lasten, die in wirtschaftlichem Zusammenhang mit nicht steuerbefreiten Vermögensgegenständen stehen...