Leitsatz
Die strengen Voraussetzungen für eine änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch das Gericht sind nicht bereits dann erfüllt, wenn die Teilungserklärung die Instandsetzungskosten auf bestimmte Untereinheiten wie freistehende Einfamilienhäuser, Doppelhäuser und Hausgruppen verteilt, der Antragsteller jedoch wegen abweichender Baugestaltung seine Zuordnung zu einer Untergruppe beanstandet.
Sachverhalt
Die Wohnanlage besteht aus 44 Wohnungserbbaurechten, die in der Beschreibung teils als Wohnungen, teils als Einfamilienhäuser sowie zum Teil als Reihenhäuser bezeichnet werden. In dem "Gemeinschafts- und Verwaltungsvertrag", der als Inhalt des Sondereigentums in den Wohnungserbbaugrundbüchern eingetragen wurde, sollte eine Unterscheidung zwischen den einzelnen Formen der Wohnungserbbaurechte nur bei Sonderregelungen gemacht werden. Im Hinblick auf die Instandhaltung wurden bezüglich der Wohnungen, Reihenhäuser und Doppelhäuser sechs Untereinheiten gebildet, in denen jeweils unter Freistellung sämtlicher übrigen Gemeinschafter bezogen auf aufgewendete oder aufzuwendende Kosten für Unterhaltung, Instandhaltung oder Instandsetzung, lediglich ein Anspruch auf internen Ausgleich bzw. Beteiligung besteht.
Zwischen den Wohneinheiten zweier Gemeinschafter befindet sich ein Spalt von 3-5 cm. Eine der beiden Einheiten hat einen Wasserschaden im Bereich des Daches, der nunmehr behoben werden soll. Der benachbarte Gemeinschafter begehrt nun die Herauslösung aus der Untereinheit und die Konstituierung einer eigenen Untereinheit, da seine Wohneinheit durch die Baulücke einen abgeschlossenen Komplex.
Entscheidung
Das Begehren auf Herauslösung aus der Untereinheit mußte hier scheitern, da sowohl die gesetzliche Kostenverteilung gemäß § 16 Abs. 2 WEG als auch eine - wie hier - davon abweichende Regelung in der Gemeinschaftsordnung, falls nicht alle Wohnungseigentümer zustimmen, nur unter sehr eingeschränkten Voraussetzungen geändert werden kann.
Auch wenn die Teilungserklärung selbst eine Abänderungsmöglichkeit durch qualifizierte Mehrheitsbeschlüsse vorsieht, ist eine änderung des Verteilungsschlüssels nur dann zulässig, wenn ein sachlicher Grund vorliegt und einzelne Wohnungseigentümer gegenüber dem früheren Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden. Im vorliegenden Fall ist eine derartige änderungsmöglichkeit nicht vorgesehen.
Nun besteht aber nur ganz ausnahmsweise ein Anspruch eines Miteigentümers gegen die übrigen Miteigentümer auf Zustimmung zu einer änderung der Gemeinschaftsordnung nach Treu und Glauben, nämlich dann, wenn eine solche änderung dringend geboten ist und die Versagung der Zustimmung gegen Treu und Glauben verstoßen würde. Es müssen also außergewöhnliche Umstände vorliegen, die ein Festhalten an der getroffenen Regelung als grob unbillig erscheinen lassen.
Bei der Prüfung, ob diese Voraussetzungen erfüllt sind, ist ein strenger Maßstab anzulegen. Vor allem muß dabei immer berücksichtigt werden, daß eine völlig gerechte Umlegung der gemeinschaftlichen Kosten auf die einzelnen Wohnungseigentümer ohnehin nur in den seltensten Fällen möglich ist. Eine änderung des Verteilungsschlüssels kommt aber dann in Betracht, wenn sich die Regelung in der Teilungserklärung im Zusammenleben der Wohnungseigentümer als von Anfang an verfehlt erweist, etwa weil nach der bisherigen Regelung die Nutznießer der Sanierung der Flachdächer einer Tiefgarage nur ca. 5 % der Kosten zu zahlen gehabt hätten, während sich bei einer Neuberechnung unter Einbeziehung aller vorhandenen Wohn- und Nutzflächen ca. 30 % ergeben. Der benachbarte Gemeinschafter hat aber nun in keinster Weise belegt, wie sich die Kostenbelastung aus den Dachreparaturen auf Dauer verschieben - vor allem zugunsten seines Nachbarn verbessern - würde, wenn die Instandsetzungen getrennt zwischen den Einheiten abgerechnet würden. Jedenfalls bildet das bloße Verlangen zur kostenmäßigen Abspaltung der beiden Wohneinheiten angesichts des drohenden Reparaturbedarfs noch keinen hinreichenden Grund für einen Eingriff in die Gemeinschaftsordnung.
Link zur Entscheidung
KG Berlin, Beschluss vom 19.10.1998, 24 W 3418/98
Fazit:
Gerade hinsichtlich Kostenregelungen ist die Gemeinschaftsordnung von besonderer Bedeutung im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit des einzelnen Wohnungseigentums. Ferner muß gewährleistet sein, daß sich jeder Wohnungseigentümer, der in eine bestehende Gemeinschaft eintritt, darauf verlassen kann, daß die in der Teilungserklärung vorgesehene Kostenregelung ebenso wie seine Miteigentumsanteile und Stimmrechte erhalten bleibt und nicht gegen seinen Willen später zu seinen Ungunsten verändert werden kann. Aus diesem Grund macht das Gesetz die Gemeinschaftsordnung mit ihren speziellen Regelungen zum "Inhalt des Sondereigentums" und damit zum eingetragenen Grundbuchinhalt, der auch gegen Sondernachfolger eines Wohnungseigentümers gilt.