Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Leitsatz
Normenkette
§ 10 Abs. 1 WEG, § 16 Abs. 2 WEG, § 28 WEG
Kommentar
Enthält die Teilungserklärung mit GO einen Verteilungsschlüssel für die Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums und sieht sie eine Abänderungsmöglichkeit durch qualifizierten MehrheitsBeschluss vor, ist eine Änderung des Verteilungsschlüssels gleichwohl nur dann zulässig, wenn ein sachlicher Grund vorliegt und einzelne Wohnungseigentümer gegenüber dem früheren Rechtszustand nicht unbillig benachteiligt werden. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn sich die Verhältnisse gegenüber früher in wesentlichen Punkten geändert hätten oder sich die ursprünglich vorgesehene Vereinbarung nicht bewährt haben sollte (BayObLGZ 1990, 107 und BGHZ 95, 137, 142).
Im vorliegenden Fall war durch entsprechend qualifizierten MehrheitsBeschluss (4/5 aller Stimmen oder auch nur der in der Versammlung anwesenden Stimmen) wirksam die Ermäßigung der Kostenbelastung eines Teilerbbauberechtigten beschlossen worden, dessen Raumeinheit nicht fertiggestellt worden war und der den auf sie entfallenden Erbbauzins schon abgelöst hatte. Eine Einheit im Rohbauzustand verursacht hinsichtlich Strom und Müll nur geringe Kosten (anteilige Grundgebühren, Pflege der Außenanlagen). Die Entlastung von 1/3 der an sich geschuldeten Wohngeldkosten stellt keine unbillige Belastung der übrigen Erbbauberechtigten dar; eine Ermäßigung der Kostenbelastung um 1/3 ist jedenfalls nicht unangemessen, auch unter dem Gesichtspunkt, dass die Gemeinschaft eine solche Kostenverteilung seit vielen Jahren unangefochten vorgenommen habe.
Fehlen in einer beschlossenen Jahresabrechnung die Gesamteinnahmen (BayObLG, NJW-RR 1990, 1107/1108) und insbesondere die Wohngeldvorauszahlungen, käme insoweit eine Ungültigerklärung des Beschlusses über die Jahresabrechnung nicht in Betracht; es fehle zwar ein erforderlicher Bestandteil einer Jahresabrechnung; in diesem Fall habe allerdings jeder Miteigentümer einen gerichtlich durchsetzbaren Anspruch auf Ergänzung der Jahresabrechnung und Genehmigung der Ergänzungen durch Beschluss. Im vorliegenden Fall wurde der angefochtene Beschluss über die betreffende Jahresabrechnung nur hinsichtlich der Einzelabrechnungen für ungültig erklärt.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 19.06.1991, BReg 2 Z 47/91).
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer
Anmerkung:
Bedeutsam erscheint mir in der Begründung dieser Entscheidung des BayObLG, dass bei einem doch erheblichen Formmangel einer Jahresgesamtabrechnung, wie z. B. fehlender Darstellung der Gesamteinnahmen, ein abrechnungsgenehmigender Beschluss auf Anfechtung hin nicht für ungültig zu erklären ist und in solchen Fällen allenfalls Ansprüche auf Abrechnungsergänzung und neuerliche GenehmigungsBeschlussfassung verfolgt werden können. Dies wurde vom Senat auch schon in früherer Rechtsprechung so festgestellt, eine Schlußfolgerung, die mir allerdings diskussionswürdig erscheint im Hinblick auf den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung einer solchen unvollständigen/fehlerhaften Gesamtabrechnung, auch unter Berücksichtigung der Entscheidung des Senats vom 12. 6. 1991 zu einem unvollständigen Wirtschaftsplan (vgl. BayObLG, Entscheidung v. 12. 6. 1991, Az.: Breg 2 Z 49/91.).