Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungserbbaurechtssache. Ungültigerklärung von Beschlüssen der Wohnungserbbauberechtigten
Verfahrensgang
AG Traunstein (Aktenzeichen 10 UR II 8/90) |
LG Traunstein (Aktenzeichen 4 T 2002/90) |
Tenor
I. Auf die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner wird der Beschluß des Landgerichts Traunstein vom 22. März 1991 abgeändert.
II. Die Beschlüsse der Wohnungserbbauberechtigten vom 29. Dezember 1989 werden zu Tagesordnungspunkt 5 (Genehmigung der Jahres- und Einzelabrechnung 1988) hinsichtlich der Einzelabrechnungen 1988 und zu Tagesordnungspunkt 6 (Entlastung des Verwalters für 1988) für ungültig erklärt. Im übrigen wird die sofortige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluß des Amtsgerichts Traunstein vom 11. Mai 1990 zurückgewiesen.
III. Von den Gerichtskosten aller Instanzen haben der Antragsteller 2/3 und die Antragsgegner als Gesamtschuldner 1/3 zu tragen. Außergerichtliche Kosten sind in keiner Instanz zu erstatten.
IV. Der Geschäftswert für das Rechtsbeschwerdeverfahren wird auf 10.000 DM festgesetzt.
Gründe
I.
Der Antragsteller und die Antragsgegner sind die Wohnungserbbauberechtigten einer aus 81 Wohnungen und einem Teilerbbaurecht bestehenden Wohnanlage, in der ein Altenwohnheim betrieben wird.
Die Wohnanlage wurde im Jahre 1978 bis auf das Teilerbbaurecht fertiggestellt; dieses verblieb bis heute im Rohbauzustand. Es besteht dort weder ein Wasser- noch Strom- oder Heizungsanschluß. Ursprünglich sollte dort ein Restaurant betrieben werden. Dementsprechend heißt es in der Teilungserklärung, daß in den Räumlichkeiten die Ausübung eines Café- und Restaurationsbetriebes gestattet sei. Noch vor Fertigstellung der Wohnanlage wandten sich die übrigen Wohnungserbbauberechtigten gegen die Ausübung eines Restaurantbetriebes. Die Bank, die das ihrer Darlehensschuldnerin gehörende Teilerbbaurecht im Jahr 1981 ersteigerte, versucht seit Jahren, es zu veräußern. Dies ist ihr bisher nicht gelungen, da sich die übrigen Erbbauberechtigten gegen den Betrieb eines Restaurants ausgesprochen haben und eine anderweitige Verwendung der Räume nach der Behauptung der Bank nur schwer möglich ist.
Nach § 8 der Gemeinschaftsordnung (GO) i.V.m. dem bestandskräftigen Beschluß vom 29.12.1989 zu Tagesordnungspunkt (TOP) 4 sind die gemeinschaftlichen Kosten und Lasten nach dem Verhältnis der Quadratmeter zu verteilen. Diese Bestimmung kann, wie die übrigen Regelungen der Gemeinschaftsordnungen, gemäß § 22 GO mit einer Mehrheit von 4/5 aller „Eigentümer” geändert werden.
Die Bank wurde aufgrund der beschlossenen Jahresabrechnungen seit Jahren nur mit 2/3 des an sich von ihr geschuldeten Wohngeldes belastet. Nachdem der Beschluß vom 20.5.1989 über die Jahresabrechnung 1988 auf Anfechtung für ungültig erklärt worden war, weil der Nachlaß von 1/3 als ein Verstoß gegen § 8 GO angesehen wurde, faßten die Erbbauberechtigten am 29.12.1989 unter TOP 3 folgenden Beschluß:
Die Gemeinschaftsordnung … wird dahingehend geändert, daß die … Bank … 2/3 des Hausgeldes bis 31.12.1990 zu zahlen hat.
Nach dem Sachvortrag des Verwalters und des Antragstellers waren bei dieser Beschlußfassung 61 oder 62 Erbbauberechtigte vorhanden und davon 55 anwesend. Im Hinblick auf die Regelung des § 18 GO, nach der auf jede Wohnung 1 Stimme, auf das Teilerbbaurecht 2 Stimmen und auf die beiden Teilerbbaurechtseinheiten im Keller je 1/2 Stimme entfallen, ist im Protokoll über die Versammlung vom 29.12.1989 ausgeführt, daß 71 Stimmen für den Beschluß und 4 Stimmen gegen den Beschluß bei null Enthaltungen abgegeben worden sind.
In der Versammlung vom 29.12.1989 wurde ferner die Jahresabrechnung 1988 (TOP 5) genehmigt und dem Verwalter für 1988 Entlastung erteilt (TOP 6).
Die Jahresabrechnung für 1988 weist Ausgaben von insgesamt 163.379 DM aus. Darunter fallen 18.599 DM für Erbbauzins, 11.196 DM für Strom und 13.821 DM für Wasser und Müll. An Einnahmen ohne Wohngeldvorauszahlungen sind insgesamt 27.956 DM ausgewiesen. Die Bank hat bei der Ersteigerung des Teilerbbaurechts den auf dieses für die gesamte Dauer des Erbbaurechts anteilig entfallenden Erbbauzins durch eine einmalige Zahlung abgelöst. In der Einzelabrechnung wird sie mit dem Erbbauzins und mit den Kosten für Wartung und Reparatur des Aufzugs nicht anteilig belastet. Die übrigen Rechnungsposten in der Einzelabrechnung sind gegenüber dem an sich nach dem Verhältnis der Quadratmeter geschuldeten Betrag um jeweils 1/3 gekürzt.
Der Antragsteller hat am 29.1.1990 beantragt, die Beschlüsse vom 29.12.1989 zu TOP 3, 5 und 6 für ungültig zu erklären. Das Amtsgericht hat mit Beschluß vom 11.5.1990 die Anträge abgewiesen. Das Landgericht hat mit Beschluß vom 22.3.1991 den Anträgen stattgegeben. Dagegen richtet sich die sofortige weitere Beschwerde der Antragsgegner.
II.
Das Rechtsmittel ist zum Teil begründet.
1. Das Landgericht hat ausgeführt:
Der Beschluß zu TOP 3 sei zwar wirksam zustande gekommen, weil 71 Stimmen für diesen Antrag abgegeben worden seien. Unter Heranziehung des § 18 GO ergebe...