Leitsatz

Keine Nutzung eines Teileigentums als Begegnungsstätte eines ausländischen Vereins bei Zweckbestimmungsvereinbarung dieser Einheit als "Verkaufs- und Ausstellungsräume"

 

Normenkette

(§§ 5 Abs. 4, 10 Abs. 1 und 15 Abs. 1 WEG; § 1004 BGB)

 

Kommentar

  1. Der Eigentümer hatte seine Teileigentumsräume mit einer Fläche von 320 qm an einen Verein zum – wie es im Mietvertrag heißt – Betrieb von "Versammlungsräumen und Verwaltungsbüros" vermietet. Der etwas mehr als 100 ausländische Mitglieder zählende Verein nutzt die Räume als Begegnungsstätte. Auf dem Zwischendach der Wohnanlage errichtete der Eigentümer eine Satellitenschüssel mit Elektromotor zum Empfang von Fernsehsendungen in der Heimatsprache der Vereinsmitglieder.

    In der ursprünglichen Teilungserklärung (1980) wurde im sachenrechtlichen Teil die Teileigentumseinheit als "Räume" bezeichnet, in der (schuldrechtlichen) Gemeinschaftsordnung vereinbart, dass die Ausübung eines freien Berufs oder Gewerbes auch dieser Einheit ebenfalls der Zustimmung des Verwalters bedarf. Diese ist jedoch nur zu verweigern, wenn besondere Störungen der Hausgemeinschaft von der Ausübung des Berufs oder Gewerbes zu befürchten sind, wobei die Zustimmung insbesondere für Spielhöllen, Diskotheken und Betriebe der gewerblichen Unzucht zu verweigern ist.

    In einem Nachtrag zur 1. Teilungserklärung (von 1981) wurde dann bestimmt, dass die betreffende Teileigentumseinheit nunmehr als "Verkaufs- und Ausstellungsräume" festgelegt ist.

    In allen drei Instanzen wurde dem Antrag anderer Eigentümer auf Nutzungsunterlassung und Beseitigung der Satellitenschüssel stattgegeben.

  2. Ist Sondereigentum in einer ursprünglichen Teilungserklärung als "Räume" bezeichnet, in denen nach der Gemeinschaftsordnung die Ausübung eines freien Berufs oder Gewerbes von der Zustimmung des Verwalters abhängig gemacht wird, die nur unter eingeschränkten Voraussetzungen verweigert werden darf, und werden die Räume dann in einem Nachtrag zur Teilungserklärung als "Ausstellungs- und Verkaufsräume" bezeichnet, so wird durch diese Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter auch die in der Gemeinschaftsordnung enthaltene Gebrauchsregelung insoweit abgeändert. Neuerlich ist also nur noch eine Nutzung dieses Teileigentums zulässig, die nicht mehr stört oder beeinträchtigt als der Betrieb von "Verkaufs- und Ausstellungsräumen". Die Nutzung als Versammlungsräume eines Vereins ist jedoch mit stärkeren Beeinträchtigungen verbunden, d.h. nach gebotener typisierender Betrachtungsweise insbesondere mit größeren Lärmbeeinträchtigungen. Auch darf die im Gemeinschaftseigentum stehende Hoffläche nicht von Vereinsmitgliedern oder deren Gästen als Aufenthalts- oder Verweilort benutzt werden.

    Das LG kam auch zu der nur auf Rechtsfehler hin überprüfbaren Feststellung, dass die Satellitenschüssel den optischen Gesamteindruck der Anlage nachteilig verändere und deshalb auch die Satellitenschüssel zu beseitigen sei.

    Grundsätzlich ist bei Zweckbestimmungsvereinbarungen zwischen der rein sachenrechtlichen Teilungserklärung und der schuldrechtlichen Gemeinschaftsordnung zu unterscheiden; allerdings spricht eine allgemeine Vermutung dafür, dass Gebrauchsregelungen in der (schuldrechtlichen) Gemeinschaftsordnung enthalten sind und Funktionsbezeichnungen für Räume des Teileigentums in der (sachenrechtlichen) Teilungserklärung eher der Abgrenzung zum Wohnungseigentum als einer Festlegung des Verwendungszwecks dienen (vgl. bereits BayObLG v. 7.7.1988, BReg 2 Z 7/88, BayObLGZ 1988, 238/241).

    Im vorliegenden Fall wurde durch den Nachtrag zur Teilungserklärung die ursprünglich eröffnete Gebrauchsmöglichkeit durch die neuerliche Bezeichnung "Verkaufs- und Ausstellungsräume" eingeschränkt.

  3. Wenn ein Eigentümer (hier der Antragsgegner) zur Nutzungsunterlassung verpflichtet wird, schließt dies seine Pflicht ein, dahin tätig zu werden, dass die unzulässige Nutzung des Teileigentums durch seinen Mieter unterbunden wird; er hat alle ihm zumutbaren rechtlichen und tatsächlichen Maßnahmen zu ergreifen, um seine Verpflichtung zu erfüllen (BayObLG, NJW-RR 1991, 658; NZM 1999, 866; NJW-RR 2002, 1092).
  4. Auch außergerichtliche Kostenerstattung im Rechtsbeschwerdeverfahren bei Geschäftswert dieser Instanz von 12.000 EUR.
 

Link zur Entscheidung

(BayObLG, Beschluss vom 03.04.2003, 2Z BR 11/03)

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