Dr. Wolf-Dietrich Deckert†
Normenkette
§ 16 Abs. 2 WEG, § 242 BGB
Kommentar
Führt der gesetzliche Kostenverteilungsschlüssel ( § 16 Abs. 2 WEG) wegen einer nicht sachgerechten Festlegung der Miteigentumsanteile zu grob unbilligen, gegen Treu und Glauben verstoßenden Ergebnissen ( § 242 BGB), so kann jeder Wohnungseigentümer eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels durch gerichtliche Entscheidung verlangen. Auch bei einer nicht sachgerechten Festlegung der Miteigentumsanteile kann die gesetzliche Regelung des § 16 Abs. 2 WEG zu grob unbilligen Ergebnissen führen. Ebenso wie jeder Eigentümer gegen die restlichen Eigentümer einen Anspruch auf Änderung von Vereinbarungen oder Beschlüssen, insbesondere solchen über die Verteilung der gemeinschaftlichen Kosten und Lasten hat, wenn außergewöhnliche Umstände ein Festhalten an ihnen als grob unbillig und als gegen Treu und Glauben verstoßend erscheinen lassen (BayObLG Z 1987, 66/69 und KG Berlin, WuM 1991, 366), kann jeder Eigentümer unter den gleichen Voraussetzungen auch eine Abänderung der gesetzlichen Regelung über die Kostenverteilung verlangen. Hierbei ist allerdings hinsichtlich der Voraussetzungen für einen solchen Anspruch ein strenger Maßstab anzulegen, zumal einem benachteiligten Wohnungseigentümer in aller Regel der Kostenverteilungsschlüssel bei Erwerb seines Wohnungseigentums bekannt war. Im vorliegenden Fall gewichtete das Landgericht allerdings zu wenig das Missverhältnis zwischen Miteigentumsanteilen und jeweiliger Wohnungsgröße; auch der Gesichtspunkt anfänglicher Erkennbarkeit wurde vom Landgericht überbewertet. Eine gerichtliche Änderung der Kostenverteilung kann nämlich insbesondere schon dann in Betracht kommen, wenn sich die Regelung als vonAnfang an verfehlt oder unzweckmäßig erweist (vgl. auch BGH Z 95, 137/141).
Die grobe Unbilligkeit beurteilt sich insbesondere danach, ob die auf den einzelnen Wohnungseigentümer entfallenden Kosten in einem vertretbaren Verhältnis zu den durch sein Wohnungseigentum verursachten Kosten stehen. Maßgebend ist daher in erster Linie die Wohn- und Nutzfläche. Darüber hinaus sind aber auch Sondernutzungsrechte zu berücksichtigen und hier auch ein den Antragstellern eingeräumtes Baurecht. Allerdings ist dabei wiederum zu beachten, dass ein Baurecht, solange es nicht ausgeübt ist, keine zusätzlichen Kosten des Gemeinschaftseigentums verursacht; auch Sondernutzungsrechte führen in der Regel nicht zu nennenswerten zusätzlichen Kosten, die der Gemeinschaft zur Last fallen (Zurückverweisung zu weiterer Tatsachenaufklärung).
Eine Änderung der Miteigentumsanteile ist in diesem Zusammenhang nicht gerechtfertigt; dadurch würden nämlich Wohnungs- und Teileigentumsrechte als eigenständige dingliche Rechte in der Form gesetzlich besonders ausgestalteten Miteigentums in ihrem Kernbereich abgeändert, was nicht gerechtfertigt ist, wenn sich eine unmittelbare Änderung des Kostenverteilungsschlüssels anbietet.
Link zur Entscheidung
( BayObLG, Beschluss vom 18.11.1991, BReg 2 Z 124/91= BayObLG Z 1991 Nr. 76 = WE 8/92, 233)
zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigentümer