Leitsatz (amtlich)
1. Kommt es auf dem Parkdeck eines Einkaufsmarktes, auf dem sich mehrere nebeneinenader liegende Parktaschen mit einer in der Mitte gelegenen und mit Richtungspfeilen versehenen Fahrspur befinden, zu einem Verkehrsunfall, kommen für einen auf der Fahrspur rückwärts fahrenden Kraftfahrer die besonderen Sorgfaltsanforderungen des § 9 Abs. 5 StVO sowie für den vorwärts aus einer Parkbucht ausfahrenden Kraftfahrer die besonderen Sorgfaltsanforderungen des § 10 StVO zur Anwendung.
2. Kollidieren ein auf der Fahrspur rückwärts fahrender Kraftfahrer und ein vorwärts aus einer Parkbucht ausfahrender Kraftfahrer innerhalb der Fahrspur mit ihren Fahrzeugen und lässt sich der Unfallhergang im Einzelnen nicht mehr aufklären, ist regelmäßig eine Schadensteilung angemessen.
3. Behauptet ein Verkehrsteilnehmer, er habe sein Fahrzeug vor der Kollision noch zum Stehen gebracht, ist dies für die Abwägung der Haftungsanteile regelmäßig unerheblich. Eine abweichende Haftungsquote wäre allenfalls dann zu bilden, wenn der Kraftfahrer, der sein Fahrzeug zum Stehen gebracht hat, beweisen könnte, dass er mit seinem Fahrzeug längere Zeit gestanden hat; in diesem Fall hat der Haltende allerdings unfallverhütend tätig zu werden, sobald er bemerkt, dass ein anderer Verkehrsteilnehmer ihn offensichtlich übersieht; unterlässt er ein ihm mögliches und zumutbares unfallverhütendes Verhalten, führt dies zu einer Mithaftung des Haltenden.
4. Alleine aus dem Umstand, dass ein Verkehrsteilnehmer sein Fahrzeug vor der Kollision zum Stehen gebracht hat, folgt nicht, dass dieser damit den Nachweis geführt hat, sämtlichen sich aus § 1 Abs. 2 StVO ergebenden Sorgfaltspflichten Genüge getan zu haben (entgegen LG Saarbrücken, Urt. v. 29.05.2009 - 13 S 181/08, NJW-RR 2008, 1250; LG Saarbrücken, Urt. v. 27.05.2011 - 13 S 25/11, [...] Rn. 14; LG Saarbrücken, Urt. v. 07.05.2010 - 13 S 14/10, [...] Rn. 19).
Normenkette
BGB § 249 Abs. 1; StVG § 7 Abs. 1, § 17 Abs. 1; StVO § 9 Abs. 5, §§ 10, 1 Abs. 2; GKG § 43 Abs. 1; ZPO § 448
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Der Streitwert wird auf 1.845,97 EUR festgesetzt.
Tatbestand
Der Kläger begehrt von den Beklagten die Zahlung seines restlichen Sachschadens aufgrund eines Verkehrsunfallereignisses.
Der Kläger war und ist Eigentümer eines Pkw der Marke R... mit dem amtlichen Kennzeichen .... Am 20.12.2010 stellte der Kläger seinen Pkw auf dem Parkdeck des Kaufhauses der Firma K... in der B...straße ... in ... so ab, dass er mit der Fahrzeugfront in Richtung der dort verlaufenden Fahrspur stand. Auf der Fahrspur befinden sich Pfeile, die eine Fahrtrichtung vorgeben. Gegen 15.30 Uhr fuhr der Kläger mit seinem Pkw aus der Parktasche vorwärtsfahrend heraus. Zum selben Zeitpunkt fuhr der Beklagte zu 2) mit dem bei der Beklagten zu 1) haftpflichtversicherten Pkw der Marke ... mit dem amtlichen Kennzeichen ... entgegen der auf der Fahrspur befindlichen Pfeile rückwärts auf der Fahrspur, um in einen gegenüber der von dem Kläger genutzten Parktasche gelegenen Parkplatz einzuparken. Es kam zur Kollision der beiden Fahrzeuge. Die Einzelheiten über den Unfallhergang stehen zwischen den Parteien im Streit.
In der Zeit vom 22.12. bis 28.12.2010 ließ der Kläger sein Fahrzeug instand setzen. Hierfür fielen Reparaturkosten in Höhe von 2.572,96 EUR an. Ferner mietete der Kläger einen Mietwagen, für den er einen Betrag in Höhe von 364,14 EUR aufwendete.
Der Kläger errechnete seinen Schaden unter Zugrundelegung eines Gutachtens der Firma V... vom 22.12.2010 wie folgt:
aufgewendete Reparaturkosten: 2.572,96 EUR
Mietwagenkosten: 364,14 EUR
Beschädigung Brille: 117,00 EUR
merkantile Wertminderung: 150,00 EUR
Kostenpauschale: 25,00 EUR
Gutachterkosten: 493,37 EUR
Gesamt: 3.722,77 EUR
Wegen der Einzelheiten über den Inhalt des Gutachtens vom 22.12.2010 wird auf die zur Akte gereichte Kopie Bezug genommen (Anlage K 1, Bl. 6-16 d.A.).
Die Beklagte zu 1) regulierte den Schaden zur Hälfte. Sie regulierte dabei die Hälfte der Reparaturkosten, der Mietwagenkosten, der merkantilen Wertminderung und der Kostenpauschale. Die Gutachterkosten wurden von der Beklagten zu 1) vollständig gezahlt. Ferner zahlte die Beklagte zu 1) auf die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten einen Betrag in Höhe von 272,87 EUR.
Mit Schreiben vom 21.02.2011 wurde die Beklagte zu 1) unter Fristsetzung bis zum 02.03.2011 zur Zahlung des gesamten Sachschadens aufgefordert.
Mit seiner Klage begehrt der Kläger die Zahlung seines restlichen Sachschadens in Höhe von 1.672,70 EUR. Ferner begehrt er die Zahlung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten unter Zugrundelegu...