Leitsatz (amtlich)

1. Trägt der Versicherer unter Bezugnahme auf die Selbstdarstellung einer Klinik substantiiert vor, dass es sich um eine "gemischte Krankenanstalt" im Sinne des § 4 Abs. 5 MB/KK handelt und ist dem Gericht bekannt, dass in der Klinik auch Rehabilitationsmaßnahmen durchgeführt werden, ist der Sachvortrag des Versicherers der Entscheidung zugrunde zu legen, ohne dass es einer Beweisaufnahme bedarf, wenn der Versicherungsnehmer dem substantiierten Vortrag auf einen entsprechenden gerichtlichen Hinweis hin nicht mehr entgegentritt.

2. Holt der Versicherungsnehmer vor Durchführung einer Behandlungsmaßnahme in einer "gemischten Krankenanstalt" keine vorherige schriftliche Leistungszusage des Versicherers ein, steht etwaigen Ansprüchen des Versicherungsnehmers auf Zahlung von Krankenhaustragegeld die Regelung des § 4 Abs. 5 MB/KK entgegen, ohne dass es darauf ankommt, ob es sich um eine medizinisch notwendige Heilbehandlung gehandelt hat und der Versicherer bei Einholung einer vorherigen Leistungszusage eine solche erteilt hätte.

3. Beschränkt sich eine schriftliche Leistungszusage auf eine bestimmte Behandlung (hier: kardiologische Akutdiagnostik), hat der Versicherungsnehmer vor einer Anschlussbehandlung in einer "gemischten Krankenanstalt" erneut eine schriftliche Leistungszusage des Versicherers einzuholen.

4. Die Regelung in § 4 Abs. 5 MB/KK ist nicht unwirksam, insbesondere verstößt sie weder gegen § 307 BGB, noch handelt es sich um eine überraschende Klausel i.S. des § 305c Abs. 2 BGB. Da es sich bei § 4 Abs. 5 MB/KK nicht um eine (verhüllte) Obliegenheit handelt, ist die Klausel auch nicht deshalb gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam, weil sie entgegen § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG unabhängig von einem Verschulden des Versicherungsnehmers einen Leistungsanspruch ausschließt, wenn vor der Behandlung keine schriftliche Leistungszusage eingeholt worden ist (Abgrenzung zu BGH, Urt. v. 12.10.2011 - IV ZR 199/10, BGHZ 191, 159 = NJW 2012, 217 ff.).

 

Normenkette

VVG § 215 Abs. 1; MB/KK § 4 Abs. 5; BGB § 305c Abs. 2, § 307

 

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kostenentscheidung vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung durch den Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Der Streitwert wird auf 736,20 € festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt von dem Beklagten Zahlung aus einer Krankenhaustagegeldversicherung.

Zwischen den Parteien besteht ein privater Krankenhaustagegeldversicherungsvertrag zu der Nr. .... Versicherte Person ist der Sohn der Klägerin, Herr .... Nach dem Vertrag ist ein Krankenhaustagegeld in Höhe von täglich 40,90 € bei dem Beklagten versichert. Dem Versicherungsvertrag liegen die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung des Beklagten zugrunde. Diese lauten auszugsweise wie folgt:

"...

§ 1

Gegenstand, Umfang und Geltungsbereich des Versicherungsschutzes

Teil I (MB/KK)

(1)

...

...

(2)

Versicherungsfall ist die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen. ...

...

§ 4

Umfang der Leistungspflicht

Teil I (MB/KK)

(1)

...

...

(4)

Bei medizinisch notwendiger stationärer Heilbehandlung hat die versicherte Person freie Wahl unter den öffentlichen und privaten Krankenhäusern, die unter ständiger ärztlicher Leitung stehen, über ausreichende diagnostische und therapeutische Möglichkeiten verfügen und Krankengeschichten führen.

(5)

Für medizinisch notwendige stationäre Heilbehandlung in Krankenanstalten, die auch Kuren bzw. Sanatoriumsbehandlung durchführen oder Rekonvaleszenten aufnehmen, im Übrigen aber die Voraussetzungen von Abs. 4 erfüllen, werden die tariflichen Leistungen nur dann gewährt, wenn der Versicherer diese vor Beginn der Behandlung schriftlich zugesagt hat. ...

...

§ 5

Einschränkung der Leistungspflicht

Teil I (MB/KK)

(1)

Keine Leistungspflicht besteht

a)

...

...

d)

für Kur- und Sanatoriumsbehandlung sowie für Rehabilitationsmaßnahmen der gesetzlichen Rehabilitationsträger, wenn der Tarif nichts anderes vorsieht;

...".

Wegen der weitern Einzelheiten über den Inhalt der Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung des Beklagten wird Bezug genommen auf die zur Akte gereichte Kopie (Anlage K 2, Bl. 6-13 d.A.).

Bei dem Sohn der Klägerin musste eine Herzoperation durchgeführt werden. Zu diesem Zweck wollte sich der Sohn der Klägerin in die ... Kliniken begeben. Am 14.03.2011 wandte sich die Klägerin telefonisch an den Beklagten und bat um eine schriftliche Leistungszusage. Der genaue Inhalt des zwischen der Klägerin und einer Mitarbeiterin des Beklagten, der Zeugin ..., geführten Telefonats ist zwischen den Parteien streitig. Zu diesem Zeitpunkt war...

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