Entscheidungsstichwort (Thema)
Wohnungseigentumssache. Wiederherstellung
Tenor
1. Die Antragsgegnerin wird verpflichtet, die auf dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft … in … angrenzend zu dem Nachbargrundstück … befindlichen Stümpfe von vier Hemlock-Tannen zu entfernen.
Im Übrigen werden die Anträge der Antragsteller zurückgewiesen.
2. Die Gerichtskosten haben zur einen Hälfte die Antragsteller als Gesamtschuldner, zur anderen Hälfte die Antragsgegnerin zu tragen; außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
3. Der Geschäftswert wird auf 5.940,00 DM festgesetzt.
Gründe
Die Beteiligten sind Eigentümer der im Entscheidungstenor genannten WEG-Anlage. Der Nutzer der Wohnung der Antragsgegnerin, deren Vater, kürzte vier Hemlock-Tannen um mindestens die Hälfte bis 2/3 der ursprünglichen Höhe, ohne dass die Eigentümergemeinschaft dem zugestimmt hätte. Die Wiederanpflanzung entsprechender Hemlock-Tannen würde Kosten in Höhe von voraussichtlich 5.940,00 DM verursachen.
Die Antragsteller sind der Rechtsauffassung, dass sie – auch ohne die (fehlende) Ermächtigung seitens der Eigentümergemeinschaft – befugt seien, die Wiederanpflanzung entsprechender Hemlock-Tannen verlangen zu dürfen.
Die Antragsteller beantragen:
Die Antragsgegnerin wird verurteilt, die auf dem Grundstück der Wohnungseigentümergemeinschaft … in … angrenzend zu dem Nachbargrundstück … befindlichen Stümpfe von vier Hemlock-Tannen zu entfernen und an deren Stelle vier neue, mindestens 3,5 m hohe Hemlock-Tannen zu pflanzen.
Die Antragsgegner beantragen
Zurückweisung.
Die weitere Verfahrensbeteiligte … tritt den Anträgen der Antragsteller entgegen.
Die Antragsgegnerin ist der Auffassung, dass die Antragsteller gegen den Willen aller übrigen Miteigentümer den Anspruch nicht gerichtlich geltend machen dürfe. Sie bringt vor, dass entgegen gefassten Eigentümerbeschlüssen die Pflanzen nicht gekürzt worden seien; die jetzt vorgenommene Kürzung entspreche der Rechtslage.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Einzelnen, insbesondere zu der von den Eigentümern getroffenen Beschlusslage wird auf die gewechselten Schriftsätze und Anlagen Bezug genommen.
Der Antrag der Antragsteller ist teilweise begründet, teilweise unbegründet.
1. Gemäß den §§ 15 Abs. 3, 22 Abs. 1 WEG i. V. m. § 1004 BGB können die Antragsteller die Entfernung der Stümpfe verlangen. Die Antragsgegnerin haftet als Zustandsstörerin für die vom Nutzer ihres Sondereigentums begangene Beeinträchtigung des Gemeinschaftseigentums. Die ganz erhebliche Kürzung von mindestens 3,5 m hohen Hemlock-Tannen auf die Hälfte oder 2/3 bedeutet eine bauliche Veränderung im Sinne des § 22 WEG, welche die übrigen Miteigentümer auch nicht nach § 14 Nr. 1 WEG dulden müssen. Denn in das äußere Erscheinungsbild der Außenanlage des gemeinsamen Grundstücks wird durch eine solche Kürzung erheblich eingegriffen (vgl. das Lichtbild Ast 4, AS 25). Eine solche Kürzung kann nicht mehr als gärtnerische Pflegemaßnahme angesehen werden, welche noch im Rahmen ordnungsmäßigen Gebrauchs (§ 15 Abs. 2 WEG) läge. Rechtsfolge des Beseitigungsanspruchs nach § 1004 BGB ist die Abstellung der Einwirkung für die Zukunft (Palandt, BGB, 59. Auflage 2000, § 1004, Rn. 22). Dies bedeutet hier im Ergebnis, dass die Antragsgegnerin die Stümpfe der Hemlock-Tannen zu entfernen hat. Denn diese begründen par excellence ein optisch nachteiliges Erscheinungsbild der Gartenanlage. Einen solchen Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung des gemeinschaftlichen Eigentums (§ 1004 BGB) gegen einen Miteigentümer kann jeder Eigentümer ohne Ermächtigung durch die anderen Wohnungseigentümer geltend machen (BGHZ 116, 392, 394 ff.; bestätigt in BGHZ 121, 22, 27 ff.).
2. Der Anspruch auf Anpflanzung entsprechender neuer Hemlock-Tannen ist unbegründet. Denn er kann nicht ohne einen ermächtigenden Eigentümerbeschluss von einem einzelnen Wohnungseigentümer geltend gemacht werden (BGHZ, 121, 22). Es handelt sich insoweit um einen Schadensersatzanspruch gemäß § 823 BGB. Für die Geltendmachung eines solchen Schadensersatzanspruches benötigt der einzelne Wohnungseigentümer einen ermächtigenden Eigentümerbeschluss. Es geht dabei nicht um den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern um dessen Bestand. Die von den Antragstellern erhobene Forderung nach Wiederanpflanzung, also nach Naturalrestitution im Sinne des § 249 S. 1 BGB gehört zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, welche gemäß § 20 WEG den Eigentümern nach Maßgabe der §§ 21 bis 25 WEG obliegt, also gemäß den §§ 21 Abs. 3, 23 WEG auf einer Wohnungseigentümerversammlung durch mehrheitliche Beschlussfassung geregelt werden muss. Im vorliegenden Fall aber hat die Eigentümergemeinschaft es verweigert, den Schadensersatzanspruch gerichtlich geltend zu machen. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 47 und 48 Abs. 3 WEG.
Unterschriften
Jung Richter am Amtsgericht
Fundstellen