Normenkette

§ 14 Nr. 1 WEG, § 15 Abs. 3 WEG, § 22 Abs. 1 WEG, § 249 Satz 1 BGB, § 823 BGB, § 1004 BGB

 

Kommentar

1. Der Vater einer Eigentümerin hatte eigenmächtig auf gemeinschaftlichem Grund 4 Hemlock-Tannen um mindestens 1/2 bis 2/3 der ursprünglichen Höhe gekürzt; die Wiederanpflanzungskosten würden etwa DM 5.940,- betragen. Miteigentümer klagten auf Entfernung der verbliebenen Baumstümpfe und auf Verpflichtung, antragsgegnerseits an deren Stelle 4 neue, mindestens 3,5 m hohe Tannen zu pflanzen.

2. Das AG hat allein dem Anspruch auf Entfernung der Stümpfe gem. §§ 15 Abs. 3, 22 Abs. 1 WEG i.V.m. § 1004 BGBstattgegeben und die Antragsgegnerin als Zustandsstörerin entsprechend verurteilt. Die erhebliche Kürzung sei als bauliche Veränderung zu werten, welche die übrigen Miteigentümer nicht dulden müssten. Durch die Kürzung sei in das äußere Erscheinungsbild der Außenanlage des gemeinsamen Grundstücks erheblich eingegriffen worden; eine solche Kürzung könne auch nicht mehr als gärtnerische Pflegemaßnahme angesehen werden, welche noch im Rahmen ordnungsgemäßen Gebrauchs läge. Rechtsfolge des Beseitigungsanspruchs sei die Abstellung der negativen Einwirkung für die Zukunft (Palandt, BGB, 59. Auflage 2000, § 1004 Rn 22). Die Entfernung der Stümpfe sei erforderlich, da diese ein optisch nachteiliges Erscheinungsbild der Gartenanlage begründeten. Einen solchen Anspruch auf Beseitigung einer Beeinträchtigung gegen einen Miteigentümer könne auch jeder Eigentümer ohne Ermächtigung durch die anderen Eigentümer geltend machen (BGHZ 116, 392, 394; bestätigt in BGHZ 121, 22, 27).

3. Der Anspruch auf Anpflanzung entsprechender neuer Tannen sei jedoch unbegründet; dieser Anspruch könne nicht ohne einen ermächtigenden Eigentümerbeschluss von einzelnen Eigentümern geltend gemacht werden (BGHZ 121, 22). Insoweit handle es sich um einen Schadenersatzanspruch gem. § 823 BGB. Für die Geltendmachung eines solchen Schadenersatzanspruches benötige der einzelne Eigentümer einen ermächtigenden Eigentümerbeschluss; es gehe dabei nicht um den Gebrauch des gemeinschaftlichen Eigentums, sondern um dessen Bestand. Die antragstellerseits erhobene Forderung nach Wiederanpflanzung, also nach Naturalrestitution im Sinne des § 249 Satz 1 BGB gehöre zur Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums, welche gem. § 20 WEG den Eigentümern nach Maßgabe der §§ 21 - 25 WEG obliege, also gem. den §§ 21 Abs. 3, 23 WEG auf einer Wohnungseigentümerversammlung durch mehrheitliche Beschlussfassung geregelt werden müsse. Im vorliegenden Fall habe es jedoch die Gemeinschaft sogar abgelehnt, den Schadenersatzanspruch gerichtlich geltend zu machen.

4. Gerichtskostenteilung ohne Erstattung außergerichtlicher Kosten bei Geschäftswert von DM 5.940,--.

 

Link zur Entscheidung

( AG Baden-Baden, Beschluss vom 12.05.2000, 7 UR II 56/99, mitgeteilt von Verwaltung Hönig in Bühl)

Zu Gruppe 5: Rechte und Pflichten der Miteigetümer

Anmerkung:

Dass das AG den Anspruch (Antrag) auf Wiederanpflanzung der Tannen als Naturalrestitution-Maßnahme abgewiesen hat, erscheint mir nicht vertretbar. Nach meinem Verständnis der bisherigen Rechtsprechung (auch des BGH) konnte dieser Schadenersatzanspruch durchaus auch individuell von einzelnen Miteigentümern gegen den Störer geltend gemacht werden, also nicht nur der Anspruch auf Entfernung der optisch unschönen Stümpfe. Der Klagebefugnis dürften hier nicht übergeordnete gemeinschaftliche Verwaltungsbefugnisse bzw. gemeinschaftliche Bindungen entgegen stehen. Eine Gemeinschaft kann sicher als Gesamtheit eine Prozessführung auf Wiederherstellung des ursprünglichen Zustands (aus vielerlei Gründen) verweigern; dies bedeutet allerdings keine Rechtlosstellung einzelner Eigentümer, eigenständig gegen Baumfrevler wie hier prozessual vorgehen zu können, um die Wiederherstellung des früheren Gartenzustands zu erreichen. Unvertretbar erscheint mir gerade in solchen Fällen, evtl. erst über ein sog. Vorschaltverfahren, die Gemeinschaft zwingen zu müssen, gegen einen Miteigentümer als Störer - auch auf schadenersatzrechtlichem Wege - vorzugehen.

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