Entscheidungsstichwort (Thema)

Beseitigung

 

Nachgehend

LG Bayreuth (Urteil vom 23.10.1991; Aktenzeichen S 70/91)

 

Tenor

I. Die Beklagten werden verurteilt, die Kletterpflanze am Mittelpfosten des Vordaches des Anwesens … und … in Bayreuth zu beseitigen.

II. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

III. Von den Kosten tragen der Kläger 9/10 und die Beklagten 1/10.

IV. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Kläger darf die Vollstreckung durch 100,– DM Sicherheit abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

Die Beklagten dürfen die Vollstreckung durch 300,– DM Sicherheit abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

 

Tatbestand

Der Kläger als Grundstücksnachbar macht Ansprüche aus den Vorschriften über die Einhaltung von Bepflanzungsabständen geltend.

Die Parteien sind Nachbarn. Dem Kläger gehört das Anwesen … in Bayreuth. Den Beklagten gehört das Anwesen … in Bayreuth.

Auf den Grundstücken steht jeweils die Hälfte eines Doppelhauses. Das nördliche Grundstück gehört dem Kläger, das südliche den Beklagten. Beim Mittelpfosten des Vordaches halten die Beklagten innerhalb eines Abstandes von weniger als 0,5 Metern zur Grenze mit dem Kläger eine Kletterpflanze (Clematis). Weiter halten die Beklagten innerhalb eines Abstandes von zwischen 0,5 m und 2 m die in Nr. I. des Klageantrags aufgezählten Bäume. Bis auf die Latschenkiefer sind diese Bäume alle weniger als 2 Meter hoch. Die bei Klageerhebung unstreitig noch über 2 m hoch gewesene Tanne in der Süd-Ost-Ecke des Grundstücks der Beklagten kürzten die Beklagten selbst kurze Zeit nach dem 7.2.1991.

Der Kläger behauptet:

Die Latschenkiefer sei über 2 m hoch. Die Beklagten müßten unabhängig von der Höhe alle im Klageantrag Nr. I aufgezählten Bäume beseitigen lassen, weil diese ihrer Art nach geeignet seien, über eine Höhe von 2 Metern hinauszuwachsen.

Der Kläger beantragt:

I. Die Beklagten werden verurteilt, die innerhalb eines Grenzstreifens von 2 Metern entlang den Grundstücken … und … auf dem Grundstück der Beklagten … wachsenden Bäume und Sträucher wie folgt

  • 2 „Gemeine Wacholder”,
  • 1 Latschenkiefer,
  • 3 Tannen,
  • 1 Eibe,
  • 1 Fichte,
  • 1 Lebensbaum

zu beseitigen.

Hilfsweise: Die im Hauptantrag beschriebenen Bäume/Sträucher auf eine Mindesthöhe von 2 Metern zurückzuführen.

II. Die Beklagten werden verurteilt, die Kletterpflanze am Mittelpfosten des Vordaches des Anwesens … und … zu beseitigen.

Die genannten Grundstücke liegen in Bayreuth.

Die Beklagten beantragen

Klageabweisung.

Das Gericht hat durch Einholung eines Gutachtens insbesondere über die Höhe der Latschenkiefer Beweis erhoben. Auf das Gutachten des Dipl. Ing. … vom 10.5.91 wird verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist nur teilweise begründet.

Die Beklagten sind zur Beseitigung der Clematis am Mittelpfosten des Vordaches verpflichtet, weil sie mit dieser Pflanze nicht den Abstand von 0,5 Metern zur Grenze einhielten (Artikel 47 Abs. 1 AGBGB). Die Pflanze wächst nicht hinter einer dichten Einfriedung (Artikel 50 Abs. 1 AGBGB). Die früher dort vorhandene Trennwand ist nämlich nicht mehr vorhanden. Daß die Pflanze zur Zeit bis zum Wurzelstock zurückgeschnitten ist, ändert am Ergebnis nichts. Da der Mindestabstand unterschritten wird, ist nur eine Beseitigung (z. B. eine Zurückversetzung bis zu einem angemessenen Abstand) möglich (Stadler Das Nachbarrecht in Bayern Artikel 47 AGBGB Anm. 5; Meisner/Ring/Götz Nachbarrecht in Bayerin 7. Aufl. § 18 Rz 8).

Die Unterschreitung des Abstandes stellt nämlich eine Beeinträchtigung dar, deren Beseitigung der Kläger verlangen kann (§ 1004 Abs. 1 BGB).

Hinsichtlich der in Nr. I. des Klageantrags genannten Bäume besteht jedoch weder eine Verpflichtung zur Beseitigung, noch zum Zurückführen auf eine Mindesthöhe von 2 Metern. Alle diese Bäume sind nämlich nicht über 2 Meter hoch. Auch für die Latschenkiefer ergab das überzeugende und nachvollziehbare Sachverständigengutachten nur eine Höhe von 1,92 Meter. Alle diese Bäume dürfen daher gemäß Artikel 47 Abs. 1 AGBGB in einem Abstand zwischen 0,5 Meter und 2 Meter zur Grenze gehalten werden.

Das Gericht folgt nicht der von Bayer/Lindner Bayerisches Nachbarrecht in Kapitel 8 dazu vertretenen Ansicht, ein Baum, der nach seiner Natur über 2 Meter hoch werden könne, müsse in diesem Grundstücksbereich beseitigt werden, unabhängig davon, ob er bereits über 2 Meter hoch sei. Das Urteil des BGH vom 23.2.1973 (BGHZ 60, 235) stützt diese Meinung nicht. Dort hatte es sich um einen Birke in Nordrhein-Westfalen gehandelt, in welchem Bundesland für Birken ein Mindestgrenzabstand von 2 Metern vorgeschrieben war. Eine vergleichbare Bestimmung fehlt aber in Bayern für die hier in Betracht kommenden Bäume. In Bayern kommt es nur auf die tatsächliche Höhe der Bäume an (wie hier: Meisner § 18 Rz 8).

Kosten und vorläufige Vollstreckbarkeit:

§§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

 

Unterschriften

Guggemos Richter am Amtsgericht, Faßmann, JAng.

 

Fundstellen

Dokument-Index HI845496

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