Tenor

1. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 380.000,00 DM nebst 4 % Zinsen seit dem 17.04.1996 zu zahlen.

Im übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Der Kläger hat vorab die durch die Verweisung des Rechtsstreits entstandenen Kosten des Rechtsstreits zu tragen. Im übrigen haben von den Kosten des Rechtsstreits der Kläger 27 % und der Beklagte 73 % zu tragen.

3. Das Urteil ist für den Kläger gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 420.000,00 DM und für den Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 5.000,00 DM vorläufig vollstreckbar. Dem Kläger wird nachgelassen, die Sicherheitsleistung durch eine schriftliche, unbefristete, unbedingte, unwiderrufliche und selbstschuldnerische Bürgschaft der Deutschen Bank AG zu erbringen.

 

Tatbestand

Der Kläger begehrt vom Beklagten Schadenersatz wegen Vereitelung seines Vorkaufsrechts an der von ihm innegehaltenen Mietwohnung.

Der Kläger ist gemäß des schriftlichen Mietvertrages vom 25.09.1972 Mieter der im Mehrfamilienhaus Leistikowstraße 2, Vorderhaus, III. Obergeschoß links gelegenen 5 ½ Zimmerwohnung mit einer Größe von 191,88 m².

Der Beklagte hatte zusammen mit drei Mitgesellschaftern (GbR) das Grundstück Leistikowstraße 2 Ende der 70er Jahre erworben und danach Wohnungseigentum gebildet; die Wohnungsgrundbuchblätter sind am 16.05.1979 angelegt worden. Am 29.11.1979 haben die Gesellschafter zur UR-Nr. 395/1979 des Notars Dr. Murawo in Berlin eine Teilauseinandersetzung der Gesellschaft vorgenommen und einen beschränkten Teil der Wohnungs- und Teileigentumseinheiten einzelnen Gesellschaftern zugeordnet; dem Beklagten wurde hierbei u.a. die Wohnungseinheit 15, die von dem Kläger bewohnte Wohnung, zugeordnet. Der Beklagte ist als Alleineigentümer in das Grundbuch eingetragen. Mit notariellem Vertrag vom 09.11.1995 zur UR-Nr. L 736/95 des Notars Dr. Langer in Berlin verkaufte der Beklagte die Wohnung zu einem Kaufpreis von 400.000,00 DM an die Eheleute Wagner und bewilligte zu deren Gunsten die Eintragung einer Eigentumsverschaffungsvormerkung, die im Januar 1996 ins Grundbuch eingetragen wurde.

Der Kläger ist vom Beklagten über den Wohnungsverkauf nicht unterrichtet worden; der Kläger hat im Dezember 1995 zufällig von dem Verwalter der Wohneigentumsanlage Kenntnis über den Wohnungsverkauf erhalten. Mit Schreiben vom 12.01.1996 und vom 13.02.1996 hat der Kläger die Ausübung seines Vorkaufsrechts erklärt.

Der Kläger meint, ihm würde gegen den Beklagten wegen der Vereitelung des Vorkaufsrechts ein Schadenersatzanspruch in Höhe von 520.000,00 DM zustehen, da der Beklagte aufgrund der zwischenzeitlich zu Gunsten der Eheleute Wagner eingetretenen Auflassungsvormerkung im Grundbuch subjektiv nicht mehr in der Lage sei, dem Kläger die streitbefangene Wohnung zu übereignen; der Kläger müsse in die Lage versetzt werden, eine gleichwertige Wohnung erwerben zu können.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 520.000,00 DM nebst 4 % Zinsen hieraus seit dem 17. April 1996 zu zahlen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte meint, daß dem Kläger allenfalls dann ein Schadenersatz in Höhe der Differenz zwischen dem Kaufpreis der von ihm bewohnten Wohnung und einer anderen gleichwertigen Eigentumswohnung zustehen würde, wenn er diese (andere) Eigentumswohnung erworben hat und bewohnt. Er meint ferner, daß § 570 b BGB nur auf solche Fälle anwendbar sei, in denen die Umwandlung in Wohnungseigentum nach dem Stichtag 01.09.1993 stattgefunden hat; zudem sei die Erklärung über die Ausübung des Vorkaufsrechts gemäß § 313 BGB formbedürftig.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Parteien nebst Anlagen verwiesen.

Das Gericht hat Beweis erhoben gemäß Beschluß vom 02.06.1997, auf den Bezug genommen wird, durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Architekt Dipl.-Ing. Wulf-Christian Odebrett. Für das Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf das Gutachten des Sachverständigen Odebrett vom 10.12.1997 in der Fassung des Ergänzungsgutachtens vom 15.04.1998 verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist teilweise – und zwar im tenorierten Umfang – begründet; im übrigen ist die Klage nicht begründet.

Dem Kläger stand im Zeitpunkt der Veräußerung der Wohnung das Vorkaufsrecht gem. § 570 b BGB zu. Denn an der Wohnung wurde erst nach Begründung des Mietverhältnisses im September 1972 durch Anlegung der Wohnungsgrundbuchblätter im Mai 1979 Wohnungseigentum begründet; der Erstverkauf der Wohnung erfolgte am 09.11.1995 und damit nach dem Inkrafttreten des § 570 b BGB (01.09.1993). Dieser Kaufvertrag vom 09.11.1995 hat das Vorkaufsrecht des Klägers auf die von ihm als Mieter genutzte Wohnung begründet, wobei es nach der herrschenden Meinung nicht darauf ankommt, ob das Wohnungseigentum vor oder nach dem 01.09.1993 geschaffen worden ist; entscheidend ist nach § 570 b BGB vielmehr, daß das Wohnungseigentum nach dem 01.09.1993 erstmalig veräußert worden ist (vgl. u.a. Staudinger-Sonnenschein, BGB, 1997, § 570 b, Rz 20; Voelskow in: MüKo, B...

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