Leitsatz (amtlich)

Eine Fahrradvermietungsgesellschaft ist, wenn eines ihrer Fahrräder an einem schädigenden Ereignis beteiligt war, verpflichtet, dem Geschädigten Name und Anschrift des Mieters zum Schadenszeitpunkt bekannt zu geben.

 

Tenor

  • 1.

    Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin Auskunft über den Vor- und Zunamen und die Anschrift des Kunden bzw. der Kundin zu erteilen, der bzw. die zuletzt das Mietfahrrad der Beklagten XX mit der Fahrradnummer yyy vor bzw. am 19.07.2009, 2.30 Uhr, angemietet hat.

  • 2.

    Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte.

  • 3.

    Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann eine Vollstreckung durch die Klägerin durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aus dem Urteil vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

  • 4.

    er Streitwert wird auf 500,00 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von der Beklagten Auskunft über den letzten Mieter eines Mietfahrrades der Beklagten vor einem Unfallereignis.

Der Pkw der Klägerin mit dem amtlichen Kennzeichen xxx. wurde am 19.07.2009 gegen .30 Uhr vorne rechts beschädigt. Über die Beschädigung wurde eine polizeiliche Tatbestandsaufnahme gefertigt, wonach nach der Aussage des Zeugen ZZ das abgestellte Mietfahrrad der Beklagten mit der Fahrradnummer YYY gegen den geparkten Pkw fiel. Die Reparaturkosten schätzt die Klägerin nach Rücksprache mit einer Reparaturwerkstatt auf 2.000,- EUR. Die Beklagte hat der Klägerin trotz Aufforderung Namen und Adresse des letzten Mieters des Fahrrades vor dem Unfallereignis nicht mitgeteilt.

Die Klägerin behauptet,

das Fahrrad der Beklagten sei gegen den Pkw der Klägerin gefallen und habe den Pkw beschädigt. Ein ordnungsgemäßes Abstellen des Fahrrades hätte ein Umkippen des Fahrrades und den hervorgerufenen Schaden verhindert. Sie ist der Ansicht, die Beklagte sei ihr aus Treu und Glauben zur Auskunft über Namen und Anschrift des letzten Mieters des Fahrrades verpflichtet.

Die Klägerin beantragt,

wie erkannt zu entscheiden.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist der Ansicht,

für den geltend gemachten Auskunftsanspruch fehle es bereits an einer Sonderbeziehung zwischen den Parteien. Zudem fehle es an einem dem Grunde nach feststehenden Leistungsanspruch.

Für die weiteren Einzelheiten des Vortrags der Parteien wird auf die zwischen ihnen gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und begründet.

1.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte aus Treu und Glauben einen Anspruch auf Auskunft über Namen und Anschrift des letzten Mieters ihres Mietfahrrades vor dem 19.07.2010, 2.30 Uhr.

Aus § 242 ergibt sich eine Auskunftspflicht, wenn die zwischen den Parteien bestehende Rechtsbeziehung es mit sich bringt, dass der Berechtigte in entschuldbarer Weise über Bestehen oder Umfang seines Recht im Ungewissen ist und der Verpflichtete die zur Beseitigung der Ungewissheit erforderliche Auskunft unschwer geben kann (vgl. Heinrichs in Palandt, BGB, 68. Auflage, § 261 Rn. 8).

Vorliegend ergibt sich aus der Tatbestandsaufnahme der Polizei, dass ein Mietfahrrad der Beklagen gegen den Pkw der Klägerin gefallen ist. Weiter wurden Schäden an dem Pkw festgestellt. Hierdurch ist eine durch das Eigentum der Beklagten am unfallbeteiligten Fahrrad vermittelte Rechtsbeziehung zwischen den Parteien entstanden (vgl. hierzu Heinrichs in Palandt, aaO, Rn. 9 mwN).

Schuldner des Auskunftsanspruchs ist zwar in der Regel der Schuldner des Hauptanspruchs, das heißt, derjenige, gegen den der Leistungsanspruch - hier ein Schadensersatzanspruch - geltend gemacht werden soll. Aus Treu und Glauben kann sich jedoch ausnahmsweise auch eine Auskunftspflicht von Dritten ergeben, die nicht Schuldner des Hauptanspruchs sind. So hat z.B. der Halter eines verbotswidrig geparkten und abgeschleppten Fahrzeugs dem Geschädigten Name und Anschrift des Fahrers zu nennen (vgl. Heinrichs in Palandt, aaO, Rn. 14 mwN).

So liegt es hier. Der Schadensersatzanspruch richtet sich gegebenenfalls gegen den Mieter des Mietfahrrades. Dieser ist der Klägerin jedoch aus Gründen, die sie ersichtlich nicht zu vertreten hat, nicht bekannt, wohl aber der Beklagten als Vermieterin des Fahrrades. Dieser ist es auch unschwer möglich, die gewünschten Daten zu ermitteln und an die Klägerin weiterzuleiten. Die Klägerin hat es im Übrigen auch nicht zu vertreten, dass sie über die Entstehung des Schadens und der Verursachungsbeitrag des letzten Mieters im Ungewissen ist, da es für das Abstellen des Fahrrades bislang keine Zeugen gibt und ihr Name und Anschrift des Mieters des Fahrrades unbekannt sind, so dass dieser bislang nicht mit dem Sachverhalt konfrontiert werden konnte. Gerade zu diesem Zweck ist die begehrte Auskunft erforderlich.

II.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO; die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO. Die Streitwertfestsetzung beruht a...

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