Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung von Wohnraum
Tenor
1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin die von ihnen innegehaltene 2 1/2-Zimmer-Wohnung im Hause … geräumt herauszugeben.
2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Beklagten Können die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung von 3.000,00 DM abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
4. Den Beklagte wird eine Räumungsfrist bis zum 30. September 1985 gewährt.
Tatbestand
Die Klägerin ist Eigentümerin des Wohngrundstücks … in … Der Beklagten zu 1) und ihrem damaligen Ehemann …, von dem die Beklagte inzwischen geschieden ist, sowie deren Sohn … dem Beklagten zu 2), teilte das Bezirksamt … von … durch Genehmigung vom 2. Juni 1964 eine in dem bezeichneten Wohnhaus gelegene 2 1/2-Zimmer-Wohnung zu. Daraufhin vermietete die Klägerin diese Wohnung mit Vertrag vom 11. Juni 1964 an die Beklagte zu 1) und deren damaligen Ehemann. § 12 I des Mietvertrages bestimmt, daß die Mieter nur nach vorheriger schriftlicher Einwilligung der Vermieterin den Gebrauch der Mieträume oder einzelner Räume entgeltlich oder unentgeltlich Dritten überlassen dürfen. Am 2. November 1978 änderten die Parteien den Vertrag dahin, daß seit dem die Beklagten zu 1) alleinige Vertragspartnerin ist.
Um den Jahreswechsel 1984/85 verlegte die Beklagte zu 1) ihren Hauptwohnsitz nach dem Haus … in … Sie hat die in der … gelegene Wohnung seither polizeilich als Nebenwohnung gemeldet. Diese Wohnung bezog zu derselben Zeit der Beklagte zu 2), der von einer Ausbildung in Westdeutschland nach … zurückgekehrt war. Die Beklagte zu 1) hält sich nach ihrem Vorbringen häufig in der Wohnung in der … auf.
Mit Schreiben vom 22. Februar 1985 teilte die Klägerin der Beklagte zu 1) mit, daß es ihr nach dem Mietvertrag verwehrt sei, die Mietsache dem Beklagten zu 2) zu überlassen, und daß von ihr erwartet werde, diese Gebrauchsüberlassung unverzüglich zu beenden. Die Beklagte zu 1) wies durch Schreiben ihres Prozeßbevollmächtigten vom 27. Februar 1985 diese Aufforderung zurück. Mit Schreiben ihrer Prozeßbevollmächtigten vom 15. April 1985 kündigte die Klägerin darauf das Mietverhältnis über die in der … gelegene Wohnung fristlos.
Zwischen den Parteien ist streitig, ob die Beklagte zu 1) die Wohnung in der … bei ihrem Umzug leergeräumt oder sie dem Beklagten zu 2) möbliert überlassen hat und ob sich der Wohnung nunmehr auch Einrichtungsgegenstände des Beklagten zu 2) befinden oder nicht.
Die Klägerin beantragt,
die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin die von ihr erhaltene 2 1/2-Zimmerwohnung im Hause … geräumt herauszugeben.
Die Beklagten beantragen,
die Klage abzuweisen.
Sie sind der Ansicht, es handele sich hier um die Aufnahme eines Familienmitgliedes in die in der … gelegene Wohnung. Der Beklagte zu 2) sei nicht Dritter im Sinne von § 549 BGB und infolgedessen sei ein Grund zur fristlosen Kündigung gemäß § 553 BGB nicht gegeben.
Wegen weiterer Einzelheiten des Parteivorbringens wird auf den vorgetragenen Inhalt der zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze verwiesen.
Entscheidungsgründe
Die klage ist begründet.
Der Klägerin steht ein Anspruch gegen die Beklagten auf Räumung und Herausgabe ihrer Wohnung zu (§ 556 I BGB). Das Mietverhältnis der Parteien ist durch die seitens der Klägerin mit Schreiben vom 15. April 1985 ausgesprochene fristlose Kündigung wirksam beendet worden.
Rechtsgrundlage der Kündigung ist § 553 BGB. Danach steht dem Vermieter ein Recht zur fristlosen Kündigung zu, „wenn der Mieter oder derjenige, welchem der Mieter den Gebrauch der gemieteten Sache überlassen hat, ungeachtet einer Abmahnung des Vermieters einen vertragswidrigen Gebrauch der Sache fortsetzt, der die Rechte des Vermieters in erheblichem Maße verletzt, insbesondere einem Dritten den ihm unbefugt überlassenen Gebrauch beläßt …”.
Die Beklagte zu 1) hat ihrem Sohn, dem Beklagte zu 2), unbefugterweise den selbständigen Gebrauch der Wohnung in der … überlassen; sie hat damit gegen ihre sich aus § 549 BGB und § 12 I des Mietvertrages ergebenden Vertragspflichten verstoßen. Das Verhalten der Beklagten stellt eine Gebrauchsüberlassung im Sinne der §§ 549 I BGB, 12 I Mietvertrag dar. Nach ganz überwiegend vertretener Auffassung erfaßt zwar § 549 BGB nur die Überlassung der Mietsache an einen Dritten zum sogenannten selbständigen Gebrauch. Dazu muß dem Dritten das Recht eingeräumt werden, die tatsächliche Herrschaft wenigstens über einen Teil der Mietsache unter Ausschluß des Mieters auszuüben (vgl. Staudinger-Emmerich, BGB, 12. Aufl. 2. Bearb. § 549 Rn 3 f; Palandt-Putzo, BGB 44. Aufl., § 549 2 a); Sternel, Mietrecht, 2. Aufl. Rn II 331 ff.). Diese Ansicht ist neuerdings in Zweifel gezogen worden. Nach Meinung des OLG Hamm ist die Unterscheidung von selbständigem und unselbständigem Mitgebrauch weder sinnvoll noch im Begriff der Gebrauchsüberlassung in § 549 BGB voraussetzt (NJW 1982,...