Nachgehend

LG Berlin (Beschluss vom 09.11.2023; Aktenzeichen 66 S 38/23)

 

Tenor

1. Die Beklagten werden verurteilt, als Gesamtschuldner an die Klägerin 7.528,97 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 4.668,53 EUR seit dem 27. November 2021 und aus 2.860,44 EUR ab dem 17. Mai 2022 sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 713,76 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 17. Mai 2022 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin den Schaden zu ersetzen, der ihr aufgrund der vorgeschobenen Eigenbedarfskündigung der Wohnung im (…) Berlin, mit einer Fläche von ca. 138,60 m², gem. Schreiben vom 26. Februar 2021 entstanden ist, insbesondere die höhere Miete für die Wohnung in der (…) Berlin, mit einer Wohnfläche von 96,95 m² ab April 2022.

3.Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits haben die Klägerin 15 % und die Beklagten 85 % zu tragen.

5. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

 

Tatbestand

Die Klägerin verlangt von den Beklagten Schadensersatz nach einer Eigenbedarfskündigung.

Die Klägerin schloss im Jahr 1993 einen Mietvertrag über die Wohnung im Haus (…) Berlin mit einer Wohnfläche von ursprünglich 95,38 m². Der weitere Mitmieter wurde zwischenzeitlich aus dem Mietverhältnis entlassen. Mit zwei Nachträgen aus den Jahren 2013 und 2017 zum ursprünglichen Mietvertrag wurde die Mietfläche auf 138 m² erhöht, die Wohnung bestand seitdem aus fünf Zimmern sowie den Nebenräumen. Wegen des genauen Inhalts des Mietvertrags sowie der Nachträge wird auf die Anlage K1 (Blatt 6 ff. der Akte) Bezug genommen.

Die Beklagten haben das Grundstück in der Folgezeit erworben und ist auf Vermieterseite in das Mietverhältnis eingetreten.

Die Bruttokaltmiete betrug zuletzt 703,89 EUR, die Abschlagszahlungen für die Gasheizung beliefen sich auf 130,00 EUR.

Mit Schreiben vom 26. Februar 2021 kündigten die Beklagten das Mietverhältnis mit der Klägerin zum 31. März 2022 wegen Eigenbedarfs. Dieser wurde damit begründet, dass der Sohn des Beklagten zu 1) zusammen mit seiner Freundin die Wohnung beziehen solle. Wegen des genauen Inhalts des Kündigungsschreibens wird auf die Anlage K2 (Blatt 12 ff. der Akte) Bezug genommen.

Der Vorschlag zum Bezug der Wohnung erfolgte durch den Beklagten zu 1), der seinem Sohn das Objekt anhand von Fotos zeigte, eine Besichtigung durch den Sohn erfolgte bis zum Auszug der Klägerin nicht. Die Auswahl der konkreten Wohnung wurde unter anderem damit begründet, dass sie sehr hell sei und eine Terrasse habe.

Der Sohn des Beklagten zu 1) wuchs 16 Jahre in einer Pflegefamilie auf, die er anschließend verließ und kurzzeitig bei dem Beklagten zu 1) lebte, was allerdings aufgrund eines schwierigen persönlichen Verhältnisses zunächst nicht funktionierte. Seitdem verfolgen der Beklagte zu 1) und sein Sohn eine vom Jugendamt vorgeschlagene „Annäherung durch Distanz”. Der Sohn des Beklagten zu 1) stand mehrere Jahre unter einer Jugendbetreuung, wobei er den vom Jugendamt zugewiesenen Jugendbetreuer anfangs fünf Mal die Woche, später zwei bis drei Mal die Woche aufsuchte. Zum Zeitpunkt der Kündigung bestand die Beziehung besonders mit seiner Freundin ungefähr zwei Jahre.

Ab Mai 2021 korrespondierten die Prozessbevollmächtigten wegen einer möglichen Einigung und einvernehmlichen Aufhebung des Mietverhältnisses vor Ablauf der Kündigungsfrist. Zum 1. Juni 2021 schlossen die Klägerin und ihr Lebensgefährte dann einen Mietvertrag über eine im Jahr 2014 erstmalig genutzt und vermietete Wohnung im Haus (…) Berlin, mit einer Wohnfläche von 96,95 m² zu einer monatlichen Brutto-Kaltmiete von 1.549,00 EUR. Wegen des genauen Inhalts des Mietvertrags wird auf die Anlage K5 (Blatt 18 ff. der Akte) Bezug genommen. Am 1. Juli 2021 schlossen die Parteien schließlich eine Mietaufhebungsvereinbarung (Anlage K4, Blatt 17 der Akte) zum 31. Juli 2021, wobei Beklagten auf die Ausführung von Schönheitsreparaturen verzichteten und der Klägerin gestattet wurde, die Einbauküche mit Ausnahme der Elektrogeräte vor Ort zu belassen.

Der Klägerin wurden für den Umzug 1.808,09 EUR in Rechnung gestellt (Anlage K7, Blatt 28 der Akte).

Der Sohn des Beklagten zu 1) bezog die Wohnung nie, stattdessen zogen zwei andere Personen ein.

Mit Schreiben vom 11. November 2021 (Anlage K6, Blatt 26 ff. der Akte) forderte der Prozessbevollmächtigte der Klägerin die Beklagten auf, der Klägerin aufgrund des vorgetäuschten Eigenbedarfs die Umzugskosten in Höhe von 1.808,09 EUR sowie die Mietdifferenz von 845,11 EUR für den Zeitraum von Juni 2021 bis November 2021 (5.070,66 EUR), insgesamt 6.879,75 EUR sowie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 713,76 EUR zu erstatten.

Die Klägerin behauptet, der Eigenbedarf der Beklagten sei lediglich vorgeschoben gewesen sei. Es habe kein tatsächlicher Nutzungswille des Sohnes des Beklagten zu 1)...

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