Tenor
1. Die Klage gegen den Beklagten zu 2. wird abgewiesen.
2. Die Gerichtskosten tragen der Kläger und die Beklagte zu 1. je zur Hälfte.
Die außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2. trägt der Kläger alleine. Die außergerichtlichen Kosten des Klägers trägt die Beklagte zu 1. zu 3/8. Im übrigen tragen der Kläger und die Beklagte zu 1. ihre außergerichtlichen Kosten selbst.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Dem Kläger wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht der Beklagte zu 2. zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Der Beklagten zu 1. wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zuzüglich 10 % abzuwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger ist Eigentümer der Mietwohnung in der … 10553 Berlin. Die Beklagten schlossen am 21. April 1999 mit dem Kläger einen Mietvertrag über die betreffende Wohnung. Die Beklagten kündigten am 11. Juni 2002 das Mietverhältnis zum 30. September 2002. Noch im September zog der Beklagte zu 2. aus der streitgegenständlichen Wohnung aus und setzte den Kläger hiervon umgehend in Kenntnis. Der Kläger und die Beklagten vereinbarten, dass die Beklagte zu 1. ab Oktober 2002 alleinige Mieterin der Wohnung werden sollte, sofern die Mietkosten durch die Wohngeldkasse oder das Sozialamt abgesichert werden würden. Dies geschah jedoch nicht. Mit Schreiben vom 12. Oktober 2002 widersprach der Kläger der Fortsetzung des Mietverhältnisses durch die Beklagte zu 1. Die Beklagte zu 1. räumte die Wohnung im folgenden nicht. Durch Versäumnisurteil vom 8. April 2003 wurde die Beklagte zu 1. verurteilt, die Mietwohnung geräumt an den Kläger herauszugeben.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe auch gegen den bereits ausgezogenen Beklagten zu 2. ein Anspruch auf Herausgabe der geräumten Wohnung zu.
Der Kläger beantragt nunmehr,
den Beklagten zu 2. zu verurteilen, das in der … 10553 Berlin gelegene Mietobjekt im Vorderhaus, 3. OG links, bestehend aus einer Wohnung nebst Nebenräumen und Flächen, 1 Keller, geräumt an den Kläger herauszugeben.
Der Beklagte zu 2. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte zu 2. ist der Ansicht, es fehle der Klage am Rechtsschutzbedürfnis, weil er die Wohnung bereits geräumt habe.
Entscheidungsgründe
Die Klage gegen den Beklagten zu 2. ist unzulässig. Es fehlt dem Kläger am Rechtsschutzbedürfnis, denn der Kläger kann und konnte sein angestrebtes Ziel, die Rückgabe seiner Wohnung zu seiner freien Verfügung zu erhalten, auf einfacherem Weg erreichen. Diesen Weg ist der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit auch gegangen: Die Beklagte zu 1. wurde durch das Versäumnisurteil vom 8. April 2003 zur Räumung und Herausgabe der Wohnung verurteilt. Durch die Klage gegen den Beklagten zu 2. erlangt der Kläger keinen darüber hinaus gehenden rechtlichen Vorteil. Durch die Vollstreckung aus einem Räumungstitel gegen den Beklagten zu 2. kann nicht die Herausgabe der Wohnung durch die Beklagte zu 1. erzwungen werden. Eine Vollstreckung gemäß § 885 ZPO gegen den Beklagten zu 2. scheidet aus, weil dieser nicht Gewahrsamsinhaber der Wohnung ist (vgl. Thomas/Putzo, ZPO, 24. Aufl. 2003, § 885, Rdnr. 4). Eine Vollstreckung gemäß § 886 ZPO wäre in einer solchen Situation denkbar umständlich (so auch OLG Schleswig, NJW 1982, 2672), denn dann müsste der Kläger auf der Grundlage eines an ihn überwiesenen Herausgabeanspruchs noch einen Titel gegen die in der Wohnung verbliebene Beklagte zu 1. erwirken, um dann gemäß §§ 883 ff. ZPO gegen diese vorzugehen. Hier hat der Kläger aber bereits einen vollstreckbaren Titel gegen die Beklagte zu 1. direkt erwirkt.
Soweit die bislang herrschende Meinung ein rechtlich schützenswertes Interesse an einem Räumungstitel auch gegen den bereits ausgezogenen Mitmieter mit der vereinfachten Möglichkeit der Durchsetzung eines Schadensersatzanspruchs gemäß § 283 BGB begründet hat (vgl. zum Beispiel BGHZ 56, 308 ff.; BGH, NJW 1996, 515 ff.), ist die Grundlage für diese Begründung durch die ersatzlose Streichung der Vorschrift des § 283 BGB durch das Schuldrechtsmodernisierungsgesetz entfallen.
Ein Rechtsschutzbedürfnis für eine Klage gegen den Beklagten zu 2. läßt sich im Übrigen auch nicht damit begründen, der Beklagte zu 2. könne es sich vielleicht noch einmal anders überlegen und die Wohnung doch wieder in Besitz nehmen, ohne hierdurch eine verbotene Eigenmacht im Sinne des § 858 Absatz 1 BGB zu begehen. Eine solche Gefahr mag bestehen und ein Rechtsschutzbedürfnis begründen, wenn der Vermieter das Mietverhältnis gekündigt und der ausgezogene Mieter bislang nicht unmissverständlich deutlich gemacht hat, dass er die Kündigung und damit das Räumungs- und Herausgabeverlangen des Vermieters akzeptiert. Wenn der Mieter das Mietverhältnis – wie hier – selbst gekündigt hat und dem Vermieter mitgeteilt hat, die Wohnung bereits verlassen und sich in einer mehrere hundert km entfer...