Entscheidungsstichwort (Thema)
Räumung einer Wohnung
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 400,– DM abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung der Klägerin vom 17. September 1992.
Der Beklagte schloß mit dem Rechtsvorgänger der Klägerin am 01. Mai 1979 einen schriftlichen Mietvertrag über die Wohnung im Hause Burg, Bahnhofstraße 29, 1. Etage rechts. Der monatliche Mietzins betrug 50,00 Mark.
Unstreitig lebt auch die Ehefrau des Beklagten in der gemieteten Wohnung. In der Folgezeit trat die Klägerin in den Mietvertrag als Vermieterin ein, nachdem sie das Hausgrundstück Bahnhofstraße 29 in Burg zu Eigentum erworben hatte. In einem schriftlichen „Anhang zum Mietvertrag” vom 18. August 1991, der die Unterschrift der Klägerin und des Beklagten enthält, wurde der Mietzins einschließlich Betriebskosten ab dem 01. Oktober 1991 auf insgesamt 317,10 DM erhöht. In diesem Brutto-Mietzins war u.a. ein Betrag in Höhe von 155,00 DM „Modernisierungskosten” enthalten.
Die Parteien stritten in der Folgezeit über die Berechtigung der Klägerin, die Position „Modernisierungskosten” fordern zu dürfen. Mit Schreiben der Prozeßbevollmächtigten der Klägerin vom 17. September 1992, das nur an den Beklagten gerichtet war, wurde das Mietverhältnis über die Wohnung in der Bahnhofstraße 29 wegen angeblichen Rückstandes mit Mietzinszahlungen in Höhe von damals 1.420,02 DM fristlos gekündigt und dem Beklagten eine Räumungsfrist bis zum 30. September 1992 eingeräumt. Im Kündigungsschreiben heißt es wie folgt: „Sollte eine Räumung bis zu diesem Zeitpunkt nicht erfolgt sein, werde ich meiner Mandantin raten, ohne weitere Abmahnung Räumungsklage gegen Sie zu erheben.”
Nach Rechtshängigkeit der vorliegenden Räumungsklage zog der Beklagte am 22. Dezember 1992 mit seiner Familie aus der Wohnung aus. Im Hinblick auf diesen Auszug erklärte die Klägerin den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt.
Sie beantragt,
festzustellen, daß die Hauptsache erledigt ist.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Beklagte behauptet, daß die Klägerin einer Zusage, über die Modernisierungskosten abzurechnen, nicht nachgekommen sei und er deswegen zur Kürzung des Mietzinses um den Modernisierungszuschlag berechtigt gewesen sei. Der Beklagte vertritt die Auffassung, daß wegen Fehlens eines Fortsetzungswiderspruchs der Klägerin das Mietverhältnis auf unbestimmte Zeit verlängert worden sei. Schließlich ist der Beklagte der Meinung, die fristlose Kündigung der Klägerin vom 17. September 1992 sei unwirksam, da sie nur an ihn und nicht auch an seine Ehefrau gerichtet gewesen sei.
Hinsichtlich der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien wird auf die bis zur mündlichen Verhandlung vom 13. Januar 1993 zu den Akten gebrachten Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage war im Zeitpunkt des Auszuges des Beklagten aus der Wohnung am 22. Dezember 1992 nicht begründet, da die fristlose Kündigung der Klägerin vom 17. September 1992 unwirksam gewesen ist.
Es kann für den vorliegenden Rechtsstreit dahingestellt bleiben, ob der Beklagte mit der Zahlung der Position „Modernisierungskosten” in Verzug geraten ist und die Klägerin verpflichtet war, zur Herbeiführung der Fälligkeit diese Position aufgrund, einer angeblichen mündlichen Zusage vorher ordnungsgemäß abzurechnen. Ebenfalls kann unentschieden bleiben, ob in der Formulierung im Kündigungsschreiben vom 17. September 1992, daß im Falle einer nicht bis zum 30. September 1992 erfolgten Räumung ohne weitere Abmahnung Räumungsklage erhoben wird, ein wirksamer Forsetzungswiderspruch der Klägerin gemäß § 568 BGB zu sehen ist oder nicht.
Die fristlose Kündigung ist jedenfalls deswegen unwirksam, weil sie nur an den Beklagten, nicht aber auch an dessen Ehefrau gerichtet war. Da der schriftliche Mietvertrag zwischen dem Rechtsvorgänger der Klägerin und dem Beklagten vor dem Wirksamwerden des Beitritts geschlossen wurde, sind gemäß § 100 Abs. 3 ZGB/DDR der Beklagte und dessen Ehefrau Mieter der Wohnung geworden, auch wenn beim Abschluß des Vertrages nur der Beklagte beteiligt war (vgl. Kommentar zum ZGB/DDR, § 100 Anm. 3.1.).
Da der Beklagte und dessen Ehefrau Vertragspartner geworden waren und gemäß Art. 232 § 2 des Einigungsvertrages Mietverhältnisse aufgrund von Verträgen, die vor dem Wirksamwerden des Beitritts geschlossen worden sind, sich von diesem Zeitpunkt an nach den Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches richten, war bei einer Mehrheit von Personen auf der Mieterseite die Kündigung gegenüber sämtlichen Mietern zu erklären (vgl. Sternel, Mietrecht, 3. Auflage, Seite 1066, Rnr. 9 n.w.N.).
Da die fristlose Kündigung der Klägerin aber nur an den Beklagten gerichtet war, war sie unwirksam mit der Folge, daß ihr kein Räumungsanspr...